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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung]

thümliche Kiefergrube. v Giftdrüse, von der muskulösen
Sehnenhaut umgeben, die sich in den Ausführungsgang
fortsetzt und in den Giftzahn c öffnet. m Beißmuskel,
zum Theil die Giftdrüse bedeckend und sie zusammen-
drückend. s Speicheldrüsen am Mundrande.

hinaus erstreckt und von
sehnigen Muskelhäuten
eingehüllt wird, die eben-
so, wie der Kaumuskel,
die Drüse zusammendrücken können. Der Ausführungsgang der Drüse,
der sich zuweilen sackförmig erweitert und stets circuläre Muskelfasern
hat, mündet in das Wurzelloch des Giftzahnes, so daß der Kanal
des Zahnes nur die weitere Fortsetzung dieses Ausführungsganges ist.
Bei dem Bisse richtet die Schlange die beiden Giftzähne auf und
spritzt in dem Augenblicke, wo der scharfe Zahn die Haut aufreißt,
das Gift in die Wunde; dieses letztere wirkt durchaus nur, wenn es
unmittelbar in das Blut gebracht wird, zersetzt aber dann auch das-
selbe mit solcher Schnelligkeit, daß in heißen Ländern der Biß großer
Giftschlangen, deren Drüsen voll sind, fast unrettbar den Tod herbei-
führt, während in kälterer Jahreszeit bei kleineren Schlangen, oder
nach Erschöpfung derselben der Biß oft ganz ungefährlich bleibt. Die
Mittel zur Heilung des Schlangenbisses laufen alle darauf hinaus,
entweder die Aufnahme des Giftes in den Strom der Circulation zu
verhüten oder wenn dieses nicht mehr möglich sein sollte, durch ener-
gische, schweißtreibende Mittel dem fauligen Zersetzungsfieber, welches
die Auflösung des Organismus herbeiführt, Einhalt zu thun. Zu
den Mitteln erster Art gehört das augenblickliche Aussaugen der Wunde
mittelst Schröpfköpfen oder mit dem Munde, wozu es durchaus keines
Heroismus bedarf, da es ebenso unschädlich ist, als das Saugen an einem
Finger; das Ausschneiden in weitem Umfange und starke Ausbluten-
lassen mit steter Ausspülung der Wunde; das Ausbrennen oder Aetzen
derselben mit Salmiakgeist u. s. w. Zu den letzteren die Abgüsse der
verschiedenen Pflanzen, welche man am meisten in heißen Ländern
empfohlen hat. Wir unterscheiden unter den Familien, welche wahre
Giftzähne haben, zwei Gruppen: die Ottern mit rudimentärem
Oberkiefer, der nur Giftzähne trägt, welche einen vollkommen geschlos-
senen Kanal haben, und die Giftnattern, bei welchen der Ober-
kiefer mehr entwickelt ist und einige solide Hakenzähne hinter den
großen Giftzähnen trägt, deren Kanal auf der convexen Seite des
Zahnes fein geschlitzt ist.


Vogt. Zoologische Briefe. II. 17


[Abbildung]

thümliche Kiefergrube. v Giftdrüſe, von der muskulöſen
Sehnenhaut umgeben, die ſich in den Ausführungsgang
fortſetzt und in den Giftzahn c öffnet. m Beißmuskel,
zum Theil die Giftdrüſe bedeckend und ſie zuſammen-
drückend. s Speicheldrüſen am Mundrande.

hinaus erſtreckt und von
ſehnigen Muskelhäuten
eingehüllt wird, die eben-
ſo, wie der Kaumuskel,
die Drüſe zuſammendrücken können. Der Ausführungsgang der Drüſe,
der ſich zuweilen ſackförmig erweitert und ſtets circuläre Muskelfaſern
hat, mündet in das Wurzelloch des Giftzahnes, ſo daß der Kanal
des Zahnes nur die weitere Fortſetzung dieſes Ausführungsganges iſt.
Bei dem Biſſe richtet die Schlange die beiden Giftzähne auf und
ſpritzt in dem Augenblicke, wo der ſcharfe Zahn die Haut aufreißt,
das Gift in die Wunde; dieſes letztere wirkt durchaus nur, wenn es
unmittelbar in das Blut gebracht wird, zerſetzt aber dann auch das-
ſelbe mit ſolcher Schnelligkeit, daß in heißen Ländern der Biß großer
Giftſchlangen, deren Drüſen voll ſind, faſt unrettbar den Tod herbei-
führt, während in kälterer Jahreszeit bei kleineren Schlangen, oder
nach Erſchöpfung derſelben der Biß oft ganz ungefährlich bleibt. Die
Mittel zur Heilung des Schlangenbiſſes laufen alle darauf hinaus,
entweder die Aufnahme des Giftes in den Strom der Circulation zu
verhüten oder wenn dieſes nicht mehr möglich ſein ſollte, durch ener-
giſche, ſchweißtreibende Mittel dem fauligen Zerſetzungsfieber, welches
die Auflöſung des Organismus herbeiführt, Einhalt zu thun. Zu
den Mitteln erſter Art gehört das augenblickliche Ausſaugen der Wunde
mittelſt Schröpfköpfen oder mit dem Munde, wozu es durchaus keines
Heroismus bedarf, da es ebenſo unſchädlich iſt, als das Saugen an einem
Finger; das Ausſchneiden in weitem Umfange und ſtarke Ausbluten-
laſſen mit ſteter Ausſpülung der Wunde; das Ausbrennen oder Aetzen
derſelben mit Salmiakgeiſt u. ſ. w. Zu den letzteren die Abgüſſe der
verſchiedenen Pflanzen, welche man am meiſten in heißen Ländern
empfohlen hat. Wir unterſcheiden unter den Familien, welche wahre
Giftzähne haben, zwei Gruppen: die Ottern mit rudimentärem
Oberkiefer, der nur Giftzähne trägt, welche einen vollkommen geſchloſ-
ſenen Kanal haben, und die Giftnattern, bei welchen der Ober-
kiefer mehr entwickelt iſt und einige ſolide Hakenzähne hinter den
großen Giftzähnen trägt, deren Kanal auf der convexen Seite des
Zahnes fein geſchlitzt iſt.


Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 17
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[257/0263] [Abbildung thümliche Kiefergrube. v Giftdrüſe, von der muskulöſen Sehnenhaut umgeben, die ſich in den Ausführungsgang fortſetzt und in den Giftzahn c öffnet. m Beißmuskel, zum Theil die Giftdrüſe bedeckend und ſie zuſammen- drückend. s Speicheldrüſen am Mundrande.] hinaus erſtreckt und von ſehnigen Muskelhäuten eingehüllt wird, die eben- ſo, wie der Kaumuskel, die Drüſe zuſammendrücken können. Der Ausführungsgang der Drüſe, der ſich zuweilen ſackförmig erweitert und ſtets circuläre Muskelfaſern hat, mündet in das Wurzelloch des Giftzahnes, ſo daß der Kanal des Zahnes nur die weitere Fortſetzung dieſes Ausführungsganges iſt. Bei dem Biſſe richtet die Schlange die beiden Giftzähne auf und ſpritzt in dem Augenblicke, wo der ſcharfe Zahn die Haut aufreißt, das Gift in die Wunde; dieſes letztere wirkt durchaus nur, wenn es unmittelbar in das Blut gebracht wird, zerſetzt aber dann auch das- ſelbe mit ſolcher Schnelligkeit, daß in heißen Ländern der Biß großer Giftſchlangen, deren Drüſen voll ſind, faſt unrettbar den Tod herbei- führt, während in kälterer Jahreszeit bei kleineren Schlangen, oder nach Erſchöpfung derſelben der Biß oft ganz ungefährlich bleibt. Die Mittel zur Heilung des Schlangenbiſſes laufen alle darauf hinaus, entweder die Aufnahme des Giftes in den Strom der Circulation zu verhüten oder wenn dieſes nicht mehr möglich ſein ſollte, durch ener- giſche, ſchweißtreibende Mittel dem fauligen Zerſetzungsfieber, welches die Auflöſung des Organismus herbeiführt, Einhalt zu thun. Zu den Mitteln erſter Art gehört das augenblickliche Ausſaugen der Wunde mittelſt Schröpfköpfen oder mit dem Munde, wozu es durchaus keines Heroismus bedarf, da es ebenſo unſchädlich iſt, als das Saugen an einem Finger; das Ausſchneiden in weitem Umfange und ſtarke Ausbluten- laſſen mit ſteter Ausſpülung der Wunde; das Ausbrennen oder Aetzen derſelben mit Salmiakgeiſt u. ſ. w. Zu den letzteren die Abgüſſe der verſchiedenen Pflanzen, welche man am meiſten in heißen Ländern empfohlen hat. Wir unterſcheiden unter den Familien, welche wahre Giftzähne haben, zwei Gruppen: die Ottern mit rudimentärem Oberkiefer, der nur Giftzähne trägt, welche einen vollkommen geſchloſ- ſenen Kanal haben, und die Giftnattern, bei welchen der Ober- kiefer mehr entwickelt iſt und einige ſolide Hakenzähne hinter den großen Giftzähnen trägt, deren Kanal auf der convexen Seite des Zahnes fein geſchlitzt iſt. Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 17

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/263>, abgerufen am 22.11.2024.