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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 1115.

Froschlarve mit zwei Paar Beinen und
vollständigem Schwanze.

[Abbildung] Fig. 1116.

Junger Frosch, mit verkümmertem Schwanze.

[Abbildung] Fig. 1117.

Junger Frosch, vollständig ausgebildet.

Bei den Froschlarven sind die Hin-
terbeine geraume Zeit allein vor-
handen und der Schwanz bleibt
auch noch eine Zeit lang nach
dem Erscheinen der Vorderfüße das
hauptsächlichste Bewegungsorgan;
dann aber beginnt die Umwande-
lung der schwimmenden, pflanzen-
fressenden Larve zu einem hüpfenden,
insektenfressenden Thiere. Die Kiefer
waren bisher mit Hornscheiden oder
eigenthümlichen Hornzähnen bewaff-
net, die jetzt abfallen. Der Schwanz
verkümmert nach und nach, ver-
trocknet und verschwindet endlich
gänzlich. Bei einem surinamischen
Frosche hingegen, dem Jaki (Pseu-
des)
, fällt der stark fleischige, dicke
Schwanz erst sehr spät nach dem
Erscheinen der Gliedmaßen ab,
so daß die ausgebildete Larve weit
voluminöser erscheint, als der daraus hervorgehende Frosch. Die
jungen Frösche, denen ein Stummel des Schwanzes noch längere Zeit
anhängt, verlassen in Schaaren das Wasser, um sich auf dem festen
Lande zu verbreiten. Es geschieht zuweilen, daß Schwärme solcher
junger Frösche bei heftigen Gewittern von dem Wirbelwinde meilen-
weit durch die Luft entführt werden, wo dann ihr Niederfall zu den
abenteuerlichen Sagen vom Froschregen Veranlassung war.

Was nun die Entwickelung der inneren Organe bei der Frosch-
larve betrifft, so geht auch hier die Bildung des Embryo's von einem
bestimmten Punkte aus, von dem Keimhügel, an welchem sich zuerst
die Rückenfurche mit ihren begränzenden Wülsten und nach diesen die
Chorda, als erste Anlage des Skelettes zeigt. Die Zellenmassen des
Embryos sind sehr bald in dem ganzen Umfange des Dotters als
Bauchwandungen und Hautsystem sichtlich. Das Ei wird nun läng-
lich, während die Rückenplatten nach oben sich schließen und so den
Raum herstellen, welcher für Gehirn und Rückenmark bestimmt ist.
Man unterscheidet auch hier deutlich die drei Hirnabtheilungen mit
den ihnen zugehörigen Sinnesorganen, Nase, Auge und Ohr, bemerkt
aber jetzt schon das Uebergewicht des Vorderhirntheiles über die anderen.


[Abbildung] Fig. 1115.

Froſchlarve mit zwei Paar Beinen und
vollſtändigem Schwanze.

[Abbildung] Fig. 1116.

Junger Froſch, mit verkümmertem Schwanze.

[Abbildung] Fig. 1117.

Junger Froſch, vollſtändig ausgebildet.

Bei den Froſchlarven ſind die Hin-
terbeine geraume Zeit allein vor-
handen und der Schwanz bleibt
auch noch eine Zeit lang nach
dem Erſcheinen der Vorderfüße das
hauptſächlichſte Bewegungsorgan;
dann aber beginnt die Umwande-
lung der ſchwimmenden, pflanzen-
freſſenden Larve zu einem hüpfenden,
inſektenfreſſenden Thiere. Die Kiefer
waren bisher mit Hornſcheiden oder
eigenthümlichen Hornzähnen bewaff-
net, die jetzt abfallen. Der Schwanz
verkümmert nach und nach, ver-
trocknet und verſchwindet endlich
gänzlich. Bei einem ſurinamiſchen
Froſche hingegen, dem Jaki (Pseu-
des)
, fällt der ſtark fleiſchige, dicke
Schwanz erſt ſehr ſpät nach dem
Erſcheinen der Gliedmaßen ab,
ſo daß die ausgebildete Larve weit
voluminöſer erſcheint, als der daraus hervorgehende Froſch. Die
jungen Fröſche, denen ein Stummel des Schwanzes noch längere Zeit
anhängt, verlaſſen in Schaaren das Waſſer, um ſich auf dem feſten
Lande zu verbreiten. Es geſchieht zuweilen, daß Schwärme ſolcher
junger Fröſche bei heftigen Gewittern von dem Wirbelwinde meilen-
weit durch die Luft entführt werden, wo dann ihr Niederfall zu den
abenteuerlichen Sagen vom Froſchregen Veranlaſſung war.

Was nun die Entwickelung der inneren Organe bei der Froſch-
larve betrifft, ſo geht auch hier die Bildung des Embryo’s von einem
beſtimmten Punkte aus, von dem Keimhügel, an welchem ſich zuerſt
die Rückenfurche mit ihren begränzenden Wülſten und nach dieſen die
Chorda, als erſte Anlage des Skelettes zeigt. Die Zellenmaſſen des
Embryos ſind ſehr bald in dem ganzen Umfange des Dotters als
Bauchwandungen und Hautſyſtem ſichtlich. Das Ei wird nun läng-
lich, während die Rückenplatten nach oben ſich ſchließen und ſo den
Raum herſtellen, welcher für Gehirn und Rückenmark beſtimmt iſt.
Man unterſcheidet auch hier deutlich die drei Hirnabtheilungen mit
den ihnen zugehörigen Sinnesorganen, Naſe, Auge und Ohr, bemerkt
aber jetzt ſchon das Uebergewicht des Vorderhirntheiles über die anderen.

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[205/0211] [Abbildung Fig. 1115. Froſchlarve mit zwei Paar Beinen und vollſtändigem Schwanze.] [Abbildung Fig. 1116. Junger Froſch, mit verkümmertem Schwanze.] [Abbildung Fig. 1117. Junger Froſch, vollſtändig ausgebildet.] Bei den Froſchlarven ſind die Hin- terbeine geraume Zeit allein vor- handen und der Schwanz bleibt auch noch eine Zeit lang nach dem Erſcheinen der Vorderfüße das hauptſächlichſte Bewegungsorgan; dann aber beginnt die Umwande- lung der ſchwimmenden, pflanzen- freſſenden Larve zu einem hüpfenden, inſektenfreſſenden Thiere. Die Kiefer waren bisher mit Hornſcheiden oder eigenthümlichen Hornzähnen bewaff- net, die jetzt abfallen. Der Schwanz verkümmert nach und nach, ver- trocknet und verſchwindet endlich gänzlich. Bei einem ſurinamiſchen Froſche hingegen, dem Jaki (Pseu- des), fällt der ſtark fleiſchige, dicke Schwanz erſt ſehr ſpät nach dem Erſcheinen der Gliedmaßen ab, ſo daß die ausgebildete Larve weit voluminöſer erſcheint, als der daraus hervorgehende Froſch. Die jungen Fröſche, denen ein Stummel des Schwanzes noch längere Zeit anhängt, verlaſſen in Schaaren das Waſſer, um ſich auf dem feſten Lande zu verbreiten. Es geſchieht zuweilen, daß Schwärme ſolcher junger Fröſche bei heftigen Gewittern von dem Wirbelwinde meilen- weit durch die Luft entführt werden, wo dann ihr Niederfall zu den abenteuerlichen Sagen vom Froſchregen Veranlaſſung war. Was nun die Entwickelung der inneren Organe bei der Froſch- larve betrifft, ſo geht auch hier die Bildung des Embryo’s von einem beſtimmten Punkte aus, von dem Keimhügel, an welchem ſich zuerſt die Rückenfurche mit ihren begränzenden Wülſten und nach dieſen die Chorda, als erſte Anlage des Skelettes zeigt. Die Zellenmaſſen des Embryos ſind ſehr bald in dem ganzen Umfange des Dotters als Bauchwandungen und Hautſyſtem ſichtlich. Das Ei wird nun läng- lich, während die Rückenplatten nach oben ſich ſchließen und ſo den Raum herſtellen, welcher für Gehirn und Rückenmark beſtimmt iſt. Man unterſcheidet auch hier deutlich die drei Hirnabtheilungen mit den ihnen zugehörigen Sinnesorganen, Naſe, Auge und Ohr, bemerkt aber jetzt ſchon das Uebergewicht des Vorderhirntheiles über die anderen.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/211>, abgerufen am 23.11.2024.