Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

gung erreicht ihre größte Höhe etwa zur Zeit, wann der Embryo das
Ei verläßt. Der junge Fisch hat nun eine wesentlich heterocerke
Schwanzflosse, vollkommen ähnlich derjenigen der Haien und Störe
oder der in den älteren Schichten vorkommenden Ganoiden. Nun
entwickeln sich auf der unteren Fläche dieses emporgehobenen Endes
der Wirbelsaite die knöchernen Dornfortsätze, welche zu jener Platte
zusammenschießen, von der die Flossenstrahlen des Schwanzes getragen
werden und damit verkümmert denn auch allmälig jenes aufgebogene
Ende, das indeß auch in den späteren Perioden immer noch in seinen
letzten Spuren sichtbar ist.

Die Entwickelung der Eingeweide findet der Zeit nach erst
später als die Ausbildung der ersten Rudimente des Skelettes und
Nervensystemes statt. Sie geht von einer Schicht von Bildungszellen
aus, welche zwischen der Wirbelsaite einerseits und dem Dotter an-
derseits sich allmälig anhäufen. Diese platte Zellenschicht theilt sich
der Länge nach in zwei übereinanderliegende Blätter, von denen das
eine, der Wirbelsaite anhängende, nach und nach die Nieren ent-
wickelt, während das andere, dem Dotter aufliegende, sich zu dem
Darme umgestaltet. Diese letztere Zellenschicht, die anfangs nur als
platte, gegen den Dotter hin ausgekehlte Hohlrinne erscheint, wächst
allmählig mit ihren seitlichen Rändern zusammen und schließt sich mehr
gegen den Dotter ab, indem sie das anfangs vollkommen gerade, un-
gewundene Darmrohr bildet. Sobald diese Abschließung begonnen
hat, bildet sich auch nach und nach die Afteröffnung aus und indem
die Bauchwandungen sich ebenfalls über dem Darmrohre zusammen-
schließen, hebt sich der Leib des Embryos mehr und mehr von dem
Dotter ab. Gegen die Mitte jenes Verlaufes hin bietet dieses Darm-
rohr stets einen weiten Spalt, der mit der Dotterflüssigkeit kommuni-
cirt und der sich mehr und mehr verengt, bis er endlich zu einem
dünnen Gange zusammenschwindet, welcher unmittelbar hinter dem
Brustgürtel in das nun geschlossene Darmrohr sich einsenkt. An die-
ser Stelle bildet sich die Leber in der Weise, daß eine dichtere Zel-
lenanhäufung an dem Darmrohre sich zeigt, welche unmittelbar auf
dem Dotter aufliegt und in der allmälig unregelmäßig verzweigte
Höhlen sich bilden, welche durch Auseinanderweichen der Zellen ent-
stehen und mit der Darmhöhle direkt zusammenhängen. Diese Höhlen
breiten sich immer mehr und mehr aus, verzweigen sich und stellen
sich endlich als die Drüsengänge der Leber dar, während das letzte
Rudiment des Dotterkanales sich als Gallenblase consolidirt. In

gung erreicht ihre größte Höhe etwa zur Zeit, wann der Embryo das
Ei verläßt. Der junge Fiſch hat nun eine weſentlich heterocerke
Schwanzfloſſe, vollkommen ähnlich derjenigen der Haien und Störe
oder der in den älteren Schichten vorkommenden Ganoiden. Nun
entwickeln ſich auf der unteren Fläche dieſes emporgehobenen Endes
der Wirbelſaite die knöchernen Dornfortſätze, welche zu jener Platte
zuſammenſchießen, von der die Floſſenſtrahlen des Schwanzes getragen
werden und damit verkümmert denn auch allmälig jenes aufgebogene
Ende, das indeß auch in den ſpäteren Perioden immer noch in ſeinen
letzten Spuren ſichtbar iſt.

Die Entwickelung der Eingeweide findet der Zeit nach erſt
ſpäter als die Ausbildung der erſten Rudimente des Skelettes und
Nervenſyſtemes ſtatt. Sie geht von einer Schicht von Bildungszellen
aus, welche zwiſchen der Wirbelſaite einerſeits und dem Dotter an-
derſeits ſich allmälig anhäufen. Dieſe platte Zellenſchicht theilt ſich
der Länge nach in zwei übereinanderliegende Blätter, von denen das
eine, der Wirbelſaite anhängende, nach und nach die Nieren ent-
wickelt, während das andere, dem Dotter aufliegende, ſich zu dem
Darme umgeſtaltet. Dieſe letztere Zellenſchicht, die anfangs nur als
platte, gegen den Dotter hin ausgekehlte Hohlrinne erſcheint, wächſt
allmählig mit ihren ſeitlichen Rändern zuſammen und ſchließt ſich mehr
gegen den Dotter ab, indem ſie das anfangs vollkommen gerade, un-
gewundene Darmrohr bildet. Sobald dieſe Abſchließung begonnen
hat, bildet ſich auch nach und nach die Afteröffnung aus und indem
die Bauchwandungen ſich ebenfalls über dem Darmrohre zuſammen-
ſchließen, hebt ſich der Leib des Embryos mehr und mehr von dem
Dotter ab. Gegen die Mitte jenes Verlaufes hin bietet dieſes Darm-
rohr ſtets einen weiten Spalt, der mit der Dotterflüſſigkeit kommuni-
cirt und der ſich mehr und mehr verengt, bis er endlich zu einem
dünnen Gange zuſammenſchwindet, welcher unmittelbar hinter dem
Bruſtgürtel in das nun geſchloſſene Darmrohr ſich einſenkt. An die-
ſer Stelle bildet ſich die Leber in der Weiſe, daß eine dichtere Zel-
lenanhäufung an dem Darmrohre ſich zeigt, welche unmittelbar auf
dem Dotter aufliegt und in der allmälig unregelmäßig verzweigte
Höhlen ſich bilden, welche durch Auseinanderweichen der Zellen ent-
ſtehen und mit der Darmhöhle direkt zuſammenhängen. Dieſe Höhlen
breiten ſich immer mehr und mehr aus, verzweigen ſich und ſtellen
ſich endlich als die Drüſengänge der Leber dar, während das letzte
Rudiment des Dotterkanales ſich als Gallenblaſe conſolidirt. In

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="95"/>
gung erreicht ihre größte Höhe etwa zur Zeit, wann der Embryo das<lb/>
Ei verläßt. Der junge Fi&#x017F;ch hat nun eine we&#x017F;entlich heterocerke<lb/>
Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e, vollkommen ähnlich derjenigen der Haien und Störe<lb/>
oder der in den älteren Schichten vorkommenden Ganoiden. Nun<lb/>
entwickeln &#x017F;ich auf der unteren Fläche die&#x017F;es emporgehobenen Endes<lb/>
der Wirbel&#x017F;aite die knöchernen Dornfort&#x017F;ätze, welche zu jener Platte<lb/>
zu&#x017F;ammen&#x017F;chießen, von der die Flo&#x017F;&#x017F;en&#x017F;trahlen des Schwanzes getragen<lb/>
werden und damit verkümmert denn auch allmälig jenes aufgebogene<lb/>
Ende, das indeß auch in den &#x017F;päteren Perioden immer noch in &#x017F;einen<lb/>
letzten Spuren &#x017F;ichtbar i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Entwickelung der Eingeweide</hi> findet der Zeit nach er&#x017F;t<lb/>
&#x017F;päter als die Ausbildung der er&#x017F;ten Rudimente des Skelettes und<lb/>
Nerven&#x017F;y&#x017F;temes &#x017F;tatt. Sie geht von einer Schicht von Bildungszellen<lb/>
aus, welche zwi&#x017F;chen der Wirbel&#x017F;aite einer&#x017F;eits und dem Dotter an-<lb/>
der&#x017F;eits &#x017F;ich allmälig anhäufen. Die&#x017F;e platte Zellen&#x017F;chicht theilt &#x017F;ich<lb/>
der Länge nach in zwei übereinanderliegende Blätter, von denen das<lb/>
eine, der Wirbel&#x017F;aite anhängende, nach und nach die <hi rendition="#g">Nieren</hi> ent-<lb/>
wickelt, während das andere, dem Dotter aufliegende, &#x017F;ich zu dem<lb/><hi rendition="#g">Darme</hi> umge&#x017F;taltet. Die&#x017F;e letztere Zellen&#x017F;chicht, die anfangs nur als<lb/>
platte, gegen den Dotter hin ausgekehlte Hohlrinne er&#x017F;cheint, wäch&#x017F;t<lb/>
allmählig mit ihren &#x017F;eitlichen Rändern zu&#x017F;ammen und &#x017F;chließt &#x017F;ich mehr<lb/>
gegen den Dotter ab, indem &#x017F;ie das anfangs vollkommen gerade, un-<lb/>
gewundene Darmrohr bildet. Sobald die&#x017F;e Ab&#x017F;chließung begonnen<lb/>
hat, bildet &#x017F;ich auch nach und nach die Afteröffnung aus und indem<lb/>
die Bauchwandungen &#x017F;ich ebenfalls über dem Darmrohre zu&#x017F;ammen-<lb/>
&#x017F;chließen, hebt &#x017F;ich der Leib des Embryos mehr und mehr von dem<lb/>
Dotter ab. Gegen die Mitte jenes Verlaufes hin bietet die&#x017F;es Darm-<lb/>
rohr &#x017F;tets einen weiten Spalt, der mit der Dotterflü&#x017F;&#x017F;igkeit kommuni-<lb/>
cirt und der &#x017F;ich mehr und mehr verengt, bis er endlich zu einem<lb/>
dünnen Gange zu&#x017F;ammen&#x017F;chwindet, welcher unmittelbar hinter dem<lb/>
Bru&#x017F;tgürtel in das nun ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Darmrohr &#x017F;ich ein&#x017F;enkt. An die-<lb/>
&#x017F;er Stelle bildet &#x017F;ich die <hi rendition="#g">Leber</hi> in der Wei&#x017F;e, daß eine dichtere Zel-<lb/>
lenanhäufung an dem Darmrohre &#x017F;ich zeigt, welche unmittelbar auf<lb/>
dem Dotter aufliegt und in der allmälig unregelmäßig verzweigte<lb/>
Höhlen &#x017F;ich bilden, welche durch Auseinanderweichen der Zellen ent-<lb/>
&#x017F;tehen und mit der Darmhöhle direkt zu&#x017F;ammenhängen. Die&#x017F;e Höhlen<lb/>
breiten &#x017F;ich immer mehr und mehr aus, verzweigen &#x017F;ich und &#x017F;tellen<lb/>
&#x017F;ich endlich als die Drü&#x017F;engänge der Leber dar, während das letzte<lb/>
Rudiment des Dotterkanales &#x017F;ich als Gallenbla&#x017F;e con&#x017F;olidirt. In<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0101] gung erreicht ihre größte Höhe etwa zur Zeit, wann der Embryo das Ei verläßt. Der junge Fiſch hat nun eine weſentlich heterocerke Schwanzfloſſe, vollkommen ähnlich derjenigen der Haien und Störe oder der in den älteren Schichten vorkommenden Ganoiden. Nun entwickeln ſich auf der unteren Fläche dieſes emporgehobenen Endes der Wirbelſaite die knöchernen Dornfortſätze, welche zu jener Platte zuſammenſchießen, von der die Floſſenſtrahlen des Schwanzes getragen werden und damit verkümmert denn auch allmälig jenes aufgebogene Ende, das indeß auch in den ſpäteren Perioden immer noch in ſeinen letzten Spuren ſichtbar iſt. Die Entwickelung der Eingeweide findet der Zeit nach erſt ſpäter als die Ausbildung der erſten Rudimente des Skelettes und Nervenſyſtemes ſtatt. Sie geht von einer Schicht von Bildungszellen aus, welche zwiſchen der Wirbelſaite einerſeits und dem Dotter an- derſeits ſich allmälig anhäufen. Dieſe platte Zellenſchicht theilt ſich der Länge nach in zwei übereinanderliegende Blätter, von denen das eine, der Wirbelſaite anhängende, nach und nach die Nieren ent- wickelt, während das andere, dem Dotter aufliegende, ſich zu dem Darme umgeſtaltet. Dieſe letztere Zellenſchicht, die anfangs nur als platte, gegen den Dotter hin ausgekehlte Hohlrinne erſcheint, wächſt allmählig mit ihren ſeitlichen Rändern zuſammen und ſchließt ſich mehr gegen den Dotter ab, indem ſie das anfangs vollkommen gerade, un- gewundene Darmrohr bildet. Sobald dieſe Abſchließung begonnen hat, bildet ſich auch nach und nach die Afteröffnung aus und indem die Bauchwandungen ſich ebenfalls über dem Darmrohre zuſammen- ſchließen, hebt ſich der Leib des Embryos mehr und mehr von dem Dotter ab. Gegen die Mitte jenes Verlaufes hin bietet dieſes Darm- rohr ſtets einen weiten Spalt, der mit der Dotterflüſſigkeit kommuni- cirt und der ſich mehr und mehr verengt, bis er endlich zu einem dünnen Gange zuſammenſchwindet, welcher unmittelbar hinter dem Bruſtgürtel in das nun geſchloſſene Darmrohr ſich einſenkt. An die- ſer Stelle bildet ſich die Leber in der Weiſe, daß eine dichtere Zel- lenanhäufung an dem Darmrohre ſich zeigt, welche unmittelbar auf dem Dotter aufliegt und in der allmälig unregelmäßig verzweigte Höhlen ſich bilden, welche durch Auseinanderweichen der Zellen ent- ſtehen und mit der Darmhöhle direkt zuſammenhängen. Dieſe Höhlen breiten ſich immer mehr und mehr aus, verzweigen ſich und ſtellen ſich endlich als die Drüſengänge der Leber dar, während das letzte Rudiment des Dotterkanales ſich als Gallenblaſe conſolidirt. In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/101
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/101>, abgerufen am 24.11.2024.