Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite


[Abbildung] Fig. 825.

Mundtheile eines
Laufkäfers (Carabus)
auseinandergelegt, aber in
ihren natürlichen Stellun-
gen zu einander belassen. a
Oberlippe. b Kiefer. c Kinn-
laden. d Unterlippe.

malen sechs Haupttheilen, der Oberlippe, den
Kiefern oder Mandibeln, den Kinnladen oder
Maxillen, und der Unterlippe zusammengesetzt
sind. Die Oberlippe ist meist ein kleines,
querlängliches Hornstück, das oft nur sehr ru-
dimentär ist, aber sonst wenige charakteristische
Kennzeichen hat. Die Kiefer sind fast immer
gekrümmte, feste Hornhaken, die oft weit vor
dem Kopfe vorstehen und bei den Raubkäfern
mehr säbelförmig scharf und spitz gezähnt, bei
den Pflanzenfressern kurz, dreieckig und innen
mit stumpfen Fortsätzen, die oft in einander
passen, versehen sind. Bei einigen, die sich von
Honig und Blumenstaub nähren, werden die
Kiefer selbst ganz oder nur am Innenrande
häutig. Sie bestehen aus einem Stücke, während die Kinnladen
oder Unterkiefer stets zusammengesetzt sind und zwar aus einem que-
ren Gelenkstücke, der Angel (cardo), auf welcher ein stielförmiges
Stück, der Stiel (stipes) und auf diesem das eigentliche Beißstück der
Kinnlade (mala) eingelenkt ist. Dieses letztere ist meist hakig oder
häutig, oft mit Haaren besetzt und der Länge nach in ein äußeres
und inneres Blatt getheilt. Auf jeder Kinnlade ist wenigstens ein,
bei den Fleischfressern aber zwei Ladentaster (palpi maxillares) einge-
lenkt, die meist borstenförmig sind und aus vier oder drei Gliedern
bestehen. Die querlängliche Unterlippe zeigt außen das Kinn (mentum),
innen darauf liegend die Zunge und stets zwei seitliche, neben der
Zunge eingelenkte, 2 -- 4 gliederige Lippentaster (palpi labiales),
so daß also jeder Käfer wenigstens vier, die Fleischfresser aber sechs
Taster im Ganzen besitzen.

Hinter dem Kopfe zeigt sich bei allen Käfern der Vorderbrustring
in Gestalt eines festen Schildes, das der Halsschild (thorax --
corselet
) genannt wird und dessen Formen, Verzierungen und Umfang
äußerst mannigfaltig und für Gattungen und Arten sehr bezeichnend
sind. An seiner Unterfläche, der Vorderbrust (Prosternum) ist das
erste Fußpaar eingelenkt. Der zweite Brustring, der die Flügeldecken
trägt, ist meist, so wie die weiteren hinteren Ringe, von diesen bedeckt
oder zeigt nur zwischen den Ansatzstellen der Flügeldecken einen kleinen,
mittleren, meist dreieckigen Raum, den man das Schildchen (Scu-

41*


[Abbildung] Fig. 825.

Mundtheile eines
Laufkäfers (Carabus)
auseinandergelegt, aber in
ihren natürlichen Stellun-
gen zu einander belaſſen. a
Oberlippe. b Kiefer. c Kinn-
laden. d Unterlippe.

malen ſechs Haupttheilen, der Oberlippe, den
Kiefern oder Mandibeln, den Kinnladen oder
Maxillen, und der Unterlippe zuſammengeſetzt
ſind. Die Oberlippe iſt meiſt ein kleines,
querlängliches Hornſtück, das oft nur ſehr ru-
dimentär iſt, aber ſonſt wenige charakteriſtiſche
Kennzeichen hat. Die Kiefer ſind faſt immer
gekrümmte, feſte Hornhaken, die oft weit vor
dem Kopfe vorſtehen und bei den Raubkäfern
mehr ſäbelförmig ſcharf und ſpitz gezähnt, bei
den Pflanzenfreſſern kurz, dreieckig und innen
mit ſtumpfen Fortſätzen, die oft in einander
paſſen, verſehen ſind. Bei einigen, die ſich von
Honig und Blumenſtaub nähren, werden die
Kiefer ſelbſt ganz oder nur am Innenrande
häutig. Sie beſtehen aus einem Stücke, während die Kinnladen
oder Unterkiefer ſtets zuſammengeſetzt ſind und zwar aus einem que-
ren Gelenkſtücke, der Angel (cardo), auf welcher ein ſtielförmiges
Stück, der Stiel (stipes) und auf dieſem das eigentliche Beißſtück der
Kinnlade (mala) eingelenkt iſt. Dieſes letztere iſt meiſt hakig oder
häutig, oft mit Haaren beſetzt und der Länge nach in ein äußeres
und inneres Blatt getheilt. Auf jeder Kinnlade iſt wenigſtens ein,
bei den Fleiſchfreſſern aber zwei Ladentaſter (palpi maxillares) einge-
lenkt, die meiſt borſtenförmig ſind und aus vier oder drei Gliedern
beſtehen. Die querlängliche Unterlippe zeigt außen das Kinn (mentum),
innen darauf liegend die Zunge und ſtets zwei ſeitliche, neben der
Zunge eingelenkte, 2 — 4 gliederige Lippentaſter (palpi labiales),
ſo daß alſo jeder Käfer wenigſtens vier, die Fleiſchfreſſer aber ſechs
Taſter im Ganzen beſitzen.

Hinter dem Kopfe zeigt ſich bei allen Käfern der Vorderbruſtring
in Geſtalt eines feſten Schildes, das der Halsſchild (thorax —
corselet
) genannt wird und deſſen Formen, Verzierungen und Umfang
äußerſt mannigfaltig und für Gattungen und Arten ſehr bezeichnend
ſind. An ſeiner Unterfläche, der Vorderbruſt (Prosternum) iſt das
erſte Fußpaar eingelenkt. Der zweite Bruſtring, der die Flügeldecken
trägt, iſt meiſt, ſo wie die weiteren hinteren Ringe, von dieſen bedeckt
oder zeigt nur zwiſchen den Anſatzſtellen der Flügeldecken einen kleinen,
mittleren, meiſt dreieckigen Raum, den man das Schildchen (Scu-

41*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0649" n="643"/><figure><head>Fig. 825. </head><p>Mundtheile eines<lb/>
Laufkäfers (<hi rendition="#aq">Carabus</hi>)<lb/>
auseinandergelegt, aber in<lb/>
ihren natürlichen Stellun-<lb/>
gen zu einander bela&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">a</hi><lb/>
Oberlippe. <hi rendition="#aq">b</hi> Kiefer. <hi rendition="#aq">c</hi> Kinn-<lb/>
laden. <hi rendition="#aq">d</hi> Unterlippe.</p></figure><lb/>
malen &#x017F;echs Haupttheilen, der Oberlippe, den<lb/>
Kiefern oder Mandibeln, den Kinnladen oder<lb/>
Maxillen, und der Unterlippe zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt<lb/>
&#x017F;ind. Die <hi rendition="#g">Oberlippe</hi> i&#x017F;t mei&#x017F;t ein kleines,<lb/>
querlängliches Horn&#x017F;tück, das oft nur &#x017F;ehr ru-<lb/>
dimentär i&#x017F;t, aber &#x017F;on&#x017F;t wenige charakteri&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Kennzeichen hat. Die <hi rendition="#g">Kiefer</hi> &#x017F;ind fa&#x017F;t immer<lb/>
gekrümmte, fe&#x017F;te Hornhaken, die oft weit vor<lb/>
dem Kopfe vor&#x017F;tehen und bei den Raubkäfern<lb/>
mehr &#x017F;äbelförmig &#x017F;charf und &#x017F;pitz gezähnt, bei<lb/>
den Pflanzenfre&#x017F;&#x017F;ern kurz, dreieckig und innen<lb/>
mit &#x017F;tumpfen Fort&#x017F;ätzen, die oft in einander<lb/>
pa&#x017F;&#x017F;en, ver&#x017F;ehen &#x017F;ind. Bei einigen, die &#x017F;ich von<lb/>
Honig und Blumen&#x017F;taub nähren, werden die<lb/>
Kiefer &#x017F;elb&#x017F;t ganz oder nur am Innenrande<lb/>
häutig. Sie be&#x017F;tehen aus einem Stücke, während die <hi rendition="#g">Kinnladen</hi><lb/>
oder Unterkiefer &#x017F;tets zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt &#x017F;ind und zwar aus einem que-<lb/>
ren Gelenk&#x017F;tücke, der Angel (<hi rendition="#aq">cardo</hi>), auf welcher ein &#x017F;tielförmiges<lb/>
Stück, der Stiel (<hi rendition="#aq">stipes</hi>) und auf die&#x017F;em das eigentliche Beiß&#x017F;tück der<lb/>
Kinnlade (<hi rendition="#aq">mala</hi>) eingelenkt i&#x017F;t. Die&#x017F;es letztere i&#x017F;t mei&#x017F;t hakig oder<lb/>
häutig, oft mit Haaren be&#x017F;etzt und der Länge nach in ein äußeres<lb/>
und inneres Blatt getheilt. Auf jeder Kinnlade i&#x017F;t wenig&#x017F;tens ein,<lb/>
bei den Flei&#x017F;chfre&#x017F;&#x017F;ern aber zwei Ladenta&#x017F;ter (<hi rendition="#aq">palpi maxillares</hi>) einge-<lb/>
lenkt, die mei&#x017F;t bor&#x017F;tenförmig &#x017F;ind und aus vier oder drei Gliedern<lb/>
be&#x017F;tehen. Die querlängliche Unterlippe zeigt außen das Kinn (<hi rendition="#aq">mentum</hi>),<lb/>
innen darauf liegend die Zunge und &#x017F;tets zwei &#x017F;eitliche, neben der<lb/>
Zunge eingelenkte, 2 &#x2014; 4 gliederige Lippenta&#x017F;ter (<hi rendition="#aq">palpi labiales</hi>),<lb/>
&#x017F;o daß al&#x017F;o jeder Käfer wenig&#x017F;tens vier, die Flei&#x017F;chfre&#x017F;&#x017F;er aber &#x017F;echs<lb/>
Ta&#x017F;ter im Ganzen be&#x017F;itzen.</p><lb/>
          <p>Hinter dem Kopfe zeigt &#x017F;ich bei allen Käfern der Vorderbru&#x017F;tring<lb/>
in Ge&#x017F;talt eines fe&#x017F;ten Schildes, das der <hi rendition="#g">Hals&#x017F;child</hi> (<hi rendition="#aq">thorax &#x2014;<lb/>
corselet</hi>) genannt wird und de&#x017F;&#x017F;en Formen, Verzierungen und Umfang<lb/>
äußer&#x017F;t mannigfaltig und für Gattungen und Arten &#x017F;ehr bezeichnend<lb/>
&#x017F;ind. An &#x017F;einer Unterfläche, der <hi rendition="#g">Vorderbru&#x017F;t</hi> (<hi rendition="#aq">Prosternum</hi>) i&#x017F;t das<lb/>
er&#x017F;te Fußpaar eingelenkt. Der zweite Bru&#x017F;tring, der die Flügeldecken<lb/>
trägt, i&#x017F;t mei&#x017F;t, &#x017F;o wie die weiteren hinteren Ringe, von die&#x017F;en bedeckt<lb/>
oder zeigt nur zwi&#x017F;chen den An&#x017F;atz&#x017F;tellen der Flügeldecken einen kleinen,<lb/>
mittleren, mei&#x017F;t dreieckigen Raum, den man das <hi rendition="#g">Schildchen</hi> (<hi rendition="#aq">Scu-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">41*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[643/0649] [Abbildung Fig. 825. Mundtheile eines Laufkäfers (Carabus) auseinandergelegt, aber in ihren natürlichen Stellun- gen zu einander belaſſen. a Oberlippe. b Kiefer. c Kinn- laden. d Unterlippe.] malen ſechs Haupttheilen, der Oberlippe, den Kiefern oder Mandibeln, den Kinnladen oder Maxillen, und der Unterlippe zuſammengeſetzt ſind. Die Oberlippe iſt meiſt ein kleines, querlängliches Hornſtück, das oft nur ſehr ru- dimentär iſt, aber ſonſt wenige charakteriſtiſche Kennzeichen hat. Die Kiefer ſind faſt immer gekrümmte, feſte Hornhaken, die oft weit vor dem Kopfe vorſtehen und bei den Raubkäfern mehr ſäbelförmig ſcharf und ſpitz gezähnt, bei den Pflanzenfreſſern kurz, dreieckig und innen mit ſtumpfen Fortſätzen, die oft in einander paſſen, verſehen ſind. Bei einigen, die ſich von Honig und Blumenſtaub nähren, werden die Kiefer ſelbſt ganz oder nur am Innenrande häutig. Sie beſtehen aus einem Stücke, während die Kinnladen oder Unterkiefer ſtets zuſammengeſetzt ſind und zwar aus einem que- ren Gelenkſtücke, der Angel (cardo), auf welcher ein ſtielförmiges Stück, der Stiel (stipes) und auf dieſem das eigentliche Beißſtück der Kinnlade (mala) eingelenkt iſt. Dieſes letztere iſt meiſt hakig oder häutig, oft mit Haaren beſetzt und der Länge nach in ein äußeres und inneres Blatt getheilt. Auf jeder Kinnlade iſt wenigſtens ein, bei den Fleiſchfreſſern aber zwei Ladentaſter (palpi maxillares) einge- lenkt, die meiſt borſtenförmig ſind und aus vier oder drei Gliedern beſtehen. Die querlängliche Unterlippe zeigt außen das Kinn (mentum), innen darauf liegend die Zunge und ſtets zwei ſeitliche, neben der Zunge eingelenkte, 2 — 4 gliederige Lippentaſter (palpi labiales), ſo daß alſo jeder Käfer wenigſtens vier, die Fleiſchfreſſer aber ſechs Taſter im Ganzen beſitzen. Hinter dem Kopfe zeigt ſich bei allen Käfern der Vorderbruſtring in Geſtalt eines feſten Schildes, das der Halsſchild (thorax — corselet) genannt wird und deſſen Formen, Verzierungen und Umfang äußerſt mannigfaltig und für Gattungen und Arten ſehr bezeichnend ſind. An ſeiner Unterfläche, der Vorderbruſt (Prosternum) iſt das erſte Fußpaar eingelenkt. Der zweite Bruſtring, der die Flügeldecken trägt, iſt meiſt, ſo wie die weiteren hinteren Ringe, von dieſen bedeckt oder zeigt nur zwiſchen den Anſatzſtellen der Flügeldecken einen kleinen, mittleren, meiſt dreieckigen Raum, den man das Schildchen (Scu- 41*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/649
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/649>, abgerufen am 03.07.2024.