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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Ordnung der Schmetterlinge (Lepidoptera).

Die schimmernden Farben, die Zierlichkeit der Form haben von
jeher die Schmetterlinge zu Lieblingen des sammelnden Publikums
gemacht, während auf der anderen Seite nirgends der Dilettantis-
mus der Sammler schlechtere Früchte getragen hat, als gerade bei
dieser Ordnung.

Der Kopf der Schmetterlinge ist meist sehr klein, und in den
häufigsten Fällen so in das Brustschild eingesenkt, daß nur die großen,
gewölbten Augen mit den Tastern und Fühlern hervorragen.

Die Fühler sind gewöhnlich verhältnißmäßig kurz, sehr selten
länger als der Körper und von wechselnder Gestalt, am häufigsten
borstenförmig oder gegen das Ende hin knopfförmig verdickt, zuweilen
bei Nachtschmetterlingen und namentlich bei Männchen kammförmig
oder gefiedert; sie haben meist sehr viele Glieder, die eng an einander
liegende Ringe bilden.

Die Augen sind meist sehr groß, vorstehend, rund oder halb-

[Abbildung] Fig. 766.

Der Kopf eines
Schmetterlings von der Seite
gesehen.
t Der Kopf. a Die Ba-
sis des abgeschnittenen Füh-
lers. b Der spiralig einge-
rollte Rüssel. d Die Lippen-
taster der linken Seite. o Das
Auge.

rund, mit außerordentlich vielen Facetten ver-
sehen; die Nebenaugen fehlen meistens oder sind
so unter den Haaren und Schuppen des Schei-
tels verdeckt, daß man sie erst nach Entblößung
desselben auffinden kann. Die Mundwerk-
zeuge
sind einzig zum Saugen eingerichtet
und bestehen hauptsächlich aus den beiden außer-
ordentlich verlängerten Kinnladen, welche die
Form einer Halbkehle haben, so daß sie beim
Zusammenlegen einen hohlen Kanal, einen
Rüssel bilden, der gewöhnlich spiralig einge-
rollt, an der Unterfläche des Kopfes getragen
wird. Zuweilen erreicht dieser Rüssel eine un-
gemeine Länge, wie namentlich bei den Abend-
schwärmern, welche im Fluge tiefe Kelchblumen
auszusaugen im Stande sind; nur in wenigen Fällen fehlt er ganz,
und die vollkommnen Insekten leben dann nur wenige Tage, einzig
mit der Fortpflanzung beschäftigt. Die Oberlippe der Schmetterlinge
wird durch eine äußerst kleine dreieckige oder rundliche Hautfalte re-
präsentirt, welche oben auf dem Ursprunge des Rüssels aufliegt; --

Ordnung der Schmetterlinge (Lepidoptera).

Die ſchimmernden Farben, die Zierlichkeit der Form haben von
jeher die Schmetterlinge zu Lieblingen des ſammelnden Publikums
gemacht, während auf der anderen Seite nirgends der Dilettantis-
mus der Sammler ſchlechtere Früchte getragen hat, als gerade bei
dieſer Ordnung.

Der Kopf der Schmetterlinge iſt meiſt ſehr klein, und in den
häufigſten Fällen ſo in das Bruſtſchild eingeſenkt, daß nur die großen,
gewölbten Augen mit den Taſtern und Fühlern hervorragen.

Die Fühler ſind gewöhnlich verhältnißmäßig kurz, ſehr ſelten
länger als der Körper und von wechſelnder Geſtalt, am häufigſten
borſtenförmig oder gegen das Ende hin knopfförmig verdickt, zuweilen
bei Nachtſchmetterlingen und namentlich bei Männchen kammförmig
oder gefiedert; ſie haben meiſt ſehr viele Glieder, die eng an einander
liegende Ringe bilden.

Die Augen ſind meiſt ſehr groß, vorſtehend, rund oder halb-

[Abbildung] Fig. 766.

Der Kopf eines
Schmetterlings von der Seite
geſehen.
t Der Kopf. a Die Ba-
ſis des abgeſchnittenen Füh-
lers. b Der ſpiralig einge-
rollte Rüſſel. d Die Lippen-
taſter der linken Seite. o Das
Auge.

rund, mit außerordentlich vielen Facetten ver-
ſehen; die Nebenaugen fehlen meiſtens oder ſind
ſo unter den Haaren und Schuppen des Schei-
tels verdeckt, daß man ſie erſt nach Entblößung
deſſelben auffinden kann. Die Mundwerk-
zeuge
ſind einzig zum Saugen eingerichtet
und beſtehen hauptſächlich aus den beiden außer-
ordentlich verlängerten Kinnladen, welche die
Form einer Halbkehle haben, ſo daß ſie beim
Zuſammenlegen einen hohlen Kanal, einen
Rüſſel bilden, der gewöhnlich ſpiralig einge-
rollt, an der Unterfläche des Kopfes getragen
wird. Zuweilen erreicht dieſer Rüſſel eine un-
gemeine Länge, wie namentlich bei den Abend-
ſchwärmern, welche im Fluge tiefe Kelchblumen
auszuſaugen im Stande ſind; nur in wenigen Fällen fehlt er ganz,
und die vollkommnen Inſekten leben dann nur wenige Tage, einzig
mit der Fortpflanzung beſchäftigt. Die Oberlippe der Schmetterlinge
wird durch eine äußerſt kleine dreieckige oder rundliche Hautfalte re-
präſentirt, welche oben auf dem Urſprunge des Rüſſels aufliegt; —

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[616/0622] Ordnung der Schmetterlinge (Lepidoptera). Die ſchimmernden Farben, die Zierlichkeit der Form haben von jeher die Schmetterlinge zu Lieblingen des ſammelnden Publikums gemacht, während auf der anderen Seite nirgends der Dilettantis- mus der Sammler ſchlechtere Früchte getragen hat, als gerade bei dieſer Ordnung. Der Kopf der Schmetterlinge iſt meiſt ſehr klein, und in den häufigſten Fällen ſo in das Bruſtſchild eingeſenkt, daß nur die großen, gewölbten Augen mit den Taſtern und Fühlern hervorragen. Die Fühler ſind gewöhnlich verhältnißmäßig kurz, ſehr ſelten länger als der Körper und von wechſelnder Geſtalt, am häufigſten borſtenförmig oder gegen das Ende hin knopfförmig verdickt, zuweilen bei Nachtſchmetterlingen und namentlich bei Männchen kammförmig oder gefiedert; ſie haben meiſt ſehr viele Glieder, die eng an einander liegende Ringe bilden. Die Augen ſind meiſt ſehr groß, vorſtehend, rund oder halb- [Abbildung Fig. 766. Der Kopf eines Schmetterlings von der Seite geſehen. t Der Kopf. a Die Ba- ſis des abgeſchnittenen Füh- lers. b Der ſpiralig einge- rollte Rüſſel. d Die Lippen- taſter der linken Seite. o Das Auge.] rund, mit außerordentlich vielen Facetten ver- ſehen; die Nebenaugen fehlen meiſtens oder ſind ſo unter den Haaren und Schuppen des Schei- tels verdeckt, daß man ſie erſt nach Entblößung deſſelben auffinden kann. Die Mundwerk- zeuge ſind einzig zum Saugen eingerichtet und beſtehen hauptſächlich aus den beiden außer- ordentlich verlängerten Kinnladen, welche die Form einer Halbkehle haben, ſo daß ſie beim Zuſammenlegen einen hohlen Kanal, einen Rüſſel bilden, der gewöhnlich ſpiralig einge- rollt, an der Unterfläche des Kopfes getragen wird. Zuweilen erreicht dieſer Rüſſel eine un- gemeine Länge, wie namentlich bei den Abend- ſchwärmern, welche im Fluge tiefe Kelchblumen auszuſaugen im Stande ſind; nur in wenigen Fällen fehlt er ganz, und die vollkommnen Inſekten leben dann nur wenige Tage, einzig mit der Fortpflanzung beſchäftigt. Die Oberlippe der Schmetterlinge wird durch eine äußerſt kleine dreieckige oder rundliche Hautfalte re- präſentirt, welche oben auf dem Urſprunge des Rüſſels aufliegt; —

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/622>, abgerufen am 26.11.2024.