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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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halten der Weibchen dienen, umgeben; -- seine Lage zeigt eine merk-
würdige Ausnahme bei den Libellen, wo er vorn an der Brust, ohne
Zusammenhang mit den übrigen Geschlechtstheilen, angebracht ist.

Die ausgebildeten Insekten leben alle auf der Erde, in freier
Luft; keines in oder auf dem Wasser; auch giebt es keine Schmarotzer
unter dieser Ordnung. Die meisten leben von Pflanzenblättern, Blu-
mensäften oder trockenen Pflanzen und Thierstoffen und manche wer-
den durch ihre Zahl und Gefräßigkeit außerordentlich schädlich. Nur
wenige sind Räuber, die sich von andern Insekten nähren, welche sie
im Fluge oder Sprunge haschen. Eine einzige Familie lebt gesellig
in bestimmten sozialen Beziehungen, alle andern, wenn auch oft in
ungeheuren Schwärmen, vereinzelt für sich.

Die Larven finden sich meist auf dem Lande, wenige Familien
nur im Wasser; diese haben dann oft seitliche Tracheenkiemen, mittelst
deren sie athmen. Kauwerkzeuge, Füße und Leib dieser Larven sind
denen des Bildes sehr ähnlich, nur fehlen die Flügel durchaus. Bei
der zweiten Häutung, nach welcher die Thiere als fressende Puppe
erscheinen, in welcher Form sie oft von den ausgebildeten Weibchen
nur schwer zu unterscheiden sind, kommen die Flügel in Gestalt kurzer
Stummeln zum Vorschein, die dann später sich vollständig entwickeln.
Die Larven überwintern gewöhnlich als solche, während im Frühjahre
die Nymphen und meist erst im Hochsommer die Bilder erscheinen.

Wir theilen die Geradflügler in folgende Familien, welche sich
durch besondere Charaktere in einzelne größere Gruppen scheiden
lassen.

Eine größere Gruppe zeigt verschiedene Flügel, indem das vor-
dere Paar lederartig, zu Flügeldecken, das zweite hautartig ist und
sich fächerartig faltet.

Familie der Ohrwürmer (Forficulida). Der Körper ist langge-

[Abbildung] Fig. 698.

Gemeiner Ohrwurm
(Forficula auricularia),
laufend.

streckt, schmal, der Hinterleib nur im Anfange
von den kurzen Flügeldecken bedeckt. Der Kopf
rundlich oder dreieckig; die Fühler ziemlich lang
fadenförmig, aus 12 bis 40 Gliedern zusam-
mengesetzt; die Augen klein, kreisrund, die
Nebenaugen fehlen. Der schief nach vorn ge-
richtete Mund zeigt eine halbrunde Oberlippe,
dreieckige, innen scharfe, vorn mit zwei Haken-
zähnchen besetzte Kiefer; schwache, zweizähnige
Kinnladen mit schmalem Helm und fünfgliede-

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halten der Weibchen dienen, umgeben; — ſeine Lage zeigt eine merk-
würdige Ausnahme bei den Libellen, wo er vorn an der Bruſt, ohne
Zuſammenhang mit den übrigen Geſchlechtstheilen, angebracht iſt.

Die ausgebildeten Inſekten leben alle auf der Erde, in freier
Luft; keines in oder auf dem Waſſer; auch giebt es keine Schmarotzer
unter dieſer Ordnung. Die meiſten leben von Pflanzenblättern, Blu-
menſäften oder trockenen Pflanzen und Thierſtoffen und manche wer-
den durch ihre Zahl und Gefräßigkeit außerordentlich ſchädlich. Nur
wenige ſind Räuber, die ſich von andern Inſekten nähren, welche ſie
im Fluge oder Sprunge haſchen. Eine einzige Familie lebt geſellig
in beſtimmten ſozialen Beziehungen, alle andern, wenn auch oft in
ungeheuren Schwärmen, vereinzelt für ſich.

Die Larven finden ſich meiſt auf dem Lande, wenige Familien
nur im Waſſer; dieſe haben dann oft ſeitliche Tracheenkiemen, mittelſt
deren ſie athmen. Kauwerkzeuge, Füße und Leib dieſer Larven ſind
denen des Bildes ſehr ähnlich, nur fehlen die Flügel durchaus. Bei
der zweiten Häutung, nach welcher die Thiere als freſſende Puppe
erſcheinen, in welcher Form ſie oft von den ausgebildeten Weibchen
nur ſchwer zu unterſcheiden ſind, kommen die Flügel in Geſtalt kurzer
Stummeln zum Vorſchein, die dann ſpäter ſich vollſtändig entwickeln.
Die Larven überwintern gewöhnlich als ſolche, während im Frühjahre
die Nymphen und meiſt erſt im Hochſommer die Bilder erſcheinen.

Wir theilen die Geradflügler in folgende Familien, welche ſich
durch beſondere Charaktere in einzelne größere Gruppen ſcheiden
laſſen.

Eine größere Gruppe zeigt verſchiedene Flügel, indem das vor-
dere Paar lederartig, zu Flügeldecken, das zweite hautartig iſt und
ſich fächerartig faltet.

Familie der Ohrwürmer (Forficulida). Der Körper iſt langge-

[Abbildung] Fig. 698.

Gemeiner Ohrwurm
(Forficula auricularia),
laufend.

ſtreckt, ſchmal, der Hinterleib nur im Anfange
von den kurzen Flügeldecken bedeckt. Der Kopf
rundlich oder dreieckig; die Fühler ziemlich lang
fadenförmig, aus 12 bis 40 Gliedern zuſam-
mengeſetzt; die Augen klein, kreisrund, die
Nebenaugen fehlen. Der ſchief nach vorn ge-
richtete Mund zeigt eine halbrunde Oberlippe,
dreieckige, innen ſcharfe, vorn mit zwei Haken-
zähnchen beſetzte Kiefer; ſchwache, zweizähnige
Kinnladen mit ſchmalem Helm und fünfgliede-

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[579/0585] halten der Weibchen dienen, umgeben; — ſeine Lage zeigt eine merk- würdige Ausnahme bei den Libellen, wo er vorn an der Bruſt, ohne Zuſammenhang mit den übrigen Geſchlechtstheilen, angebracht iſt. Die ausgebildeten Inſekten leben alle auf der Erde, in freier Luft; keines in oder auf dem Waſſer; auch giebt es keine Schmarotzer unter dieſer Ordnung. Die meiſten leben von Pflanzenblättern, Blu- menſäften oder trockenen Pflanzen und Thierſtoffen und manche wer- den durch ihre Zahl und Gefräßigkeit außerordentlich ſchädlich. Nur wenige ſind Räuber, die ſich von andern Inſekten nähren, welche ſie im Fluge oder Sprunge haſchen. Eine einzige Familie lebt geſellig in beſtimmten ſozialen Beziehungen, alle andern, wenn auch oft in ungeheuren Schwärmen, vereinzelt für ſich. Die Larven finden ſich meiſt auf dem Lande, wenige Familien nur im Waſſer; dieſe haben dann oft ſeitliche Tracheenkiemen, mittelſt deren ſie athmen. Kauwerkzeuge, Füße und Leib dieſer Larven ſind denen des Bildes ſehr ähnlich, nur fehlen die Flügel durchaus. Bei der zweiten Häutung, nach welcher die Thiere als freſſende Puppe erſcheinen, in welcher Form ſie oft von den ausgebildeten Weibchen nur ſchwer zu unterſcheiden ſind, kommen die Flügel in Geſtalt kurzer Stummeln zum Vorſchein, die dann ſpäter ſich vollſtändig entwickeln. Die Larven überwintern gewöhnlich als ſolche, während im Frühjahre die Nymphen und meiſt erſt im Hochſommer die Bilder erſcheinen. Wir theilen die Geradflügler in folgende Familien, welche ſich durch beſondere Charaktere in einzelne größere Gruppen ſcheiden laſſen. Eine größere Gruppe zeigt verſchiedene Flügel, indem das vor- dere Paar lederartig, zu Flügeldecken, das zweite hautartig iſt und ſich fächerartig faltet. Familie der Ohrwürmer (Forficulida). Der Körper iſt langge- [Abbildung Fig. 698. Gemeiner Ohrwurm (Forficula auricularia), laufend.] ſtreckt, ſchmal, der Hinterleib nur im Anfange von den kurzen Flügeldecken bedeckt. Der Kopf rundlich oder dreieckig; die Fühler ziemlich lang fadenförmig, aus 12 bis 40 Gliedern zuſam- mengeſetzt; die Augen klein, kreisrund, die Nebenaugen fehlen. Der ſchief nach vorn ge- richtete Mund zeigt eine halbrunde Oberlippe, dreieckige, innen ſcharfe, vorn mit zwei Haken- zähnchen beſetzte Kiefer; ſchwache, zweizähnige Kinnladen mit ſchmalem Helm und fünfgliede- 37*

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/585>, abgerufen am 25.11.2024.