bestehen aus einem außerordentlich dicken, angeschwollenen Vasalgliede, in welchem die Giftdrüse liegt, und aus einem scharfen, hakenförmigen Endgliede, einer Klaue, die gewöhnlich nach innen, selten nur nach unten eingeschlagen wird, und an ihrer Spitze von dem Kanal der Giftdrüse durchbohrt ist. An der Basis der Taster und unter den eben beschriebenen Kieferfühlern finden sich zwei seitliche, haarige Lap- pen, unter denen eine einfache Platte als Unterlippe die Mundöffnung schließt.
Die Anatomie der Spinnen wurde schon bei der Beschreibung der Klasse überhaupt zu Grunde gelegt; alle haben Lungen, und zwar die meisten nur zwei seitliche Luftsäcke, während eine Familie deren viere hat. Einige Spinnen besitzen statt der beiden hinteren Lungen zwei weite Luftröhrenschläuche, die sich büschelweise verzweigen und fast bei allen findet sich an der Spitze des Hinterleibes eine Querspalte, von welcher vier platte, bandartige Luftröhren ausgehen, die sich durch den Hinterleib hinziehen. Einen höchst merkwürdigen Apparat besitzen ferner die Spinnen in den Spinndrüsen und Warzen, mittelst deren sie ihre Gewebe anfertigen. Die Spinnwarzen, deren sich meistens drei, selten nur zwei Paare an der unteren Spitze des Hin- terleibes befinden, haben die Gestalt stumpfer, meist zwei- oder drei- gliedriger, oben abgerundeter Kegel, deren jeder auf seiner Spitze, ein von einem Borstenkranze umgebenes nacktes Feld trägt, auf welchem erst die eigentlichen Spinnröhrchen stehen, deren Zahl bei den größe- ren Spinnen oft über tausend beträgt. Jedes dieser Spinnröhrchen läßt bei dem Spinnen den zähen, glashellen Stoff vortreten, welcher augenblicklich an der Luft zu einem außerordentlich feinem Faden ver- härtet; -- mittelst der Fußklauen, zu denen oft noch eigenthümliche, kammartige Vorrichtungen treten, werden diese vielfachen Fäden zu einem einzigen vereinigt. Durch diese Fäden, welche sie überall hin ankleben, können sich die Spinnen sogar in die Luft erheben, und sie dienen ihnen hauptsächlich, um jene Gewebe zu verfertigen, die theils ihre Wohnungen bilden, theils auch zum Fange der Beute dienen. Die Drüsen, welche diesen Klebstoff absondern, haben sehr verschiedene Gestalten, meist aber eine schlauchförmige, verästelte Form.
Die Spinnen scheiden sich nach ihrer Lebensart in zwei große Gruppen; die einen bedienen sich ihrer Seide nur zum Tapezieren ihrer Wohnungen, zum Einhüllen der Eier in besondere Cocons, welche bei jeder Gattung eine eigenthümliche Gestalt haben, und deren Fäden man sogar, wenn auch ohne Erfolg, in der Industrie zu ver- wenden versucht hat, sowie zum Festhalten bei ihren Bewegungen; --
beſtehen aus einem außerordentlich dicken, angeſchwollenen Vaſalgliede, in welchem die Giftdrüſe liegt, und aus einem ſcharfen, hakenförmigen Endgliede, einer Klaue, die gewöhnlich nach innen, ſelten nur nach unten eingeſchlagen wird, und an ihrer Spitze von dem Kanal der Giftdrüſe durchbohrt iſt. An der Baſis der Taſter und unter den eben beſchriebenen Kieferfühlern finden ſich zwei ſeitliche, haarige Lap- pen, unter denen eine einfache Platte als Unterlippe die Mundöffnung ſchließt.
Die Anatomie der Spinnen wurde ſchon bei der Beſchreibung der Klaſſe überhaupt zu Grunde gelegt; alle haben Lungen, und zwar die meiſten nur zwei ſeitliche Luftſäcke, während eine Familie deren viere hat. Einige Spinnen beſitzen ſtatt der beiden hinteren Lungen zwei weite Luftröhrenſchläuche, die ſich büſchelweiſe verzweigen und faſt bei allen findet ſich an der Spitze des Hinterleibes eine Querſpalte, von welcher vier platte, bandartige Luftröhren ausgehen, die ſich durch den Hinterleib hinziehen. Einen höchſt merkwürdigen Apparat beſitzen ferner die Spinnen in den Spinndrüſen und Warzen, mittelſt deren ſie ihre Gewebe anfertigen. Die Spinnwarzen, deren ſich meiſtens drei, ſelten nur zwei Paare an der unteren Spitze des Hin- terleibes befinden, haben die Geſtalt ſtumpfer, meiſt zwei- oder drei- gliedriger, oben abgerundeter Kegel, deren jeder auf ſeiner Spitze, ein von einem Borſtenkranze umgebenes nacktes Feld trägt, auf welchem erſt die eigentlichen Spinnröhrchen ſtehen, deren Zahl bei den größe- ren Spinnen oft über tauſend beträgt. Jedes dieſer Spinnröhrchen läßt bei dem Spinnen den zähen, glashellen Stoff vortreten, welcher augenblicklich an der Luft zu einem außerordentlich feinem Faden ver- härtet; — mittelſt der Fußklauen, zu denen oft noch eigenthümliche, kammartige Vorrichtungen treten, werden dieſe vielfachen Fäden zu einem einzigen vereinigt. Durch dieſe Fäden, welche ſie überall hin ankleben, können ſich die Spinnen ſogar in die Luft erheben, und ſie dienen ihnen hauptſächlich, um jene Gewebe zu verfertigen, die theils ihre Wohnungen bilden, theils auch zum Fange der Beute dienen. Die Drüſen, welche dieſen Klebſtoff abſondern, haben ſehr verſchiedene Geſtalten, meiſt aber eine ſchlauchförmige, veräſtelte Form.
Die Spinnen ſcheiden ſich nach ihrer Lebensart in zwei große Gruppen; die einen bedienen ſich ihrer Seide nur zum Tapezieren ihrer Wohnungen, zum Einhüllen der Eier in beſondere Cocons, welche bei jeder Gattung eine eigenthümliche Geſtalt haben, und deren Fäden man ſogar, wenn auch ohne Erfolg, in der Induſtrie zu ver- wenden verſucht hat, ſowie zum Feſthalten bei ihren Bewegungen; —
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[507/0513]
beſtehen aus einem außerordentlich dicken, angeſchwollenen Vaſalgliede,
in welchem die Giftdrüſe liegt, und aus einem ſcharfen, hakenförmigen
Endgliede, einer Klaue, die gewöhnlich nach innen, ſelten nur nach
unten eingeſchlagen wird, und an ihrer Spitze von dem Kanal der
Giftdrüſe durchbohrt iſt. An der Baſis der Taſter und unter den
eben beſchriebenen Kieferfühlern finden ſich zwei ſeitliche, haarige Lap-
pen, unter denen eine einfache Platte als Unterlippe die Mundöffnung
ſchließt.
Die Anatomie der Spinnen wurde ſchon bei der Beſchreibung
der Klaſſe überhaupt zu Grunde gelegt; alle haben Lungen, und zwar
die meiſten nur zwei ſeitliche Luftſäcke, während eine Familie deren
viere hat. Einige Spinnen beſitzen ſtatt der beiden hinteren Lungen
zwei weite Luftröhrenſchläuche, die ſich büſchelweiſe verzweigen und faſt
bei allen findet ſich an der Spitze des Hinterleibes eine Querſpalte,
von welcher vier platte, bandartige Luftröhren ausgehen, die ſich durch
den Hinterleib hinziehen. Einen höchſt merkwürdigen Apparat beſitzen
ferner die Spinnen in den Spinndrüſen und Warzen, mittelſt
deren ſie ihre Gewebe anfertigen. Die Spinnwarzen, deren ſich
meiſtens drei, ſelten nur zwei Paare an der unteren Spitze des Hin-
terleibes befinden, haben die Geſtalt ſtumpfer, meiſt zwei- oder drei-
gliedriger, oben abgerundeter Kegel, deren jeder auf ſeiner Spitze, ein
von einem Borſtenkranze umgebenes nacktes Feld trägt, auf welchem
erſt die eigentlichen Spinnröhrchen ſtehen, deren Zahl bei den größe-
ren Spinnen oft über tauſend beträgt. Jedes dieſer Spinnröhrchen
läßt bei dem Spinnen den zähen, glashellen Stoff vortreten, welcher
augenblicklich an der Luft zu einem außerordentlich feinem Faden ver-
härtet; — mittelſt der Fußklauen, zu denen oft noch eigenthümliche,
kammartige Vorrichtungen treten, werden dieſe vielfachen Fäden zu
einem einzigen vereinigt. Durch dieſe Fäden, welche ſie überall hin
ankleben, können ſich die Spinnen ſogar in die Luft erheben, und ſie
dienen ihnen hauptſächlich, um jene Gewebe zu verfertigen, die theils
ihre Wohnungen bilden, theils auch zum Fange der Beute dienen.
Die Drüſen, welche dieſen Klebſtoff abſondern, haben ſehr verſchiedene
Geſtalten, meiſt aber eine ſchlauchförmige, veräſtelte Form.
Die Spinnen ſcheiden ſich nach ihrer Lebensart in zwei große
Gruppen; die einen bedienen ſich ihrer Seide nur zum Tapezieren
ihrer Wohnungen, zum Einhüllen der Eier in beſondere Cocons,
welche bei jeder Gattung eine eigenthümliche Geſtalt haben, und deren
Fäden man ſogar, wenn auch ohne Erfolg, in der Induſtrie zu ver-
wenden verſucht hat, ſowie zum Feſthalten bei ihren Bewegungen; —
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/513>, abgerufen am 24.11.2024.
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