Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite


[Abbildung] Fig. 510.

Phacops arachnoides.
a Kopfschild. b Schwanzschild. c
Kopfbuckel (glabella). d Augen.

Kohlengebirge vor, und sind schon
in dem letzteren selten, in späteren
Schichten aber durchaus nicht mehr
anzutreffen. Es ist daher begreif-
lich, daß über ihre Organisation
noch jetzt vielfache Zweifel herrschen,
die um so mehr erhalten werden,
als man die Thiere meist nur von
der Rückenseite sieht und die wich-
tigen Theile, welche auf der Unter-
seite liegen, noch jetzt fast durchaus
unbekannt sind.

Die Trilobiten bieten im Gan-
zen die Form eines mehr oder
minder länglichen Schildes dar, an
welchem man drei einzelne Abthei-
lungen unterscheiden kann, die
man gewöhnlich mit dem Namen
Kopfschild, Brust oder Thorax, und Schwanzschild (pygidium)
belegt hat, wovon indeß offenbar das Kopfschild eine Kopfbrust dar-
stellt, gebildet aus der Verwachsung des Kopfes und des vorderen
Theiles der Brust, während das Schwanzschild der eigentliche Hinter-
leib ist. Das Kopfschild hat gewöhnlich eine halbmondförmige oder
halbeiförmige Gestalt, mehr oder minder nach vorn abgestutzt oder
zugespitzt, und oft nach hinten in lange Spitzen und Dornen ausge-
zogen. In den meisten Fällen unterscheidet man auf dem Kopfschilde
einen mittleren erhöhten Wulst, den Kopfbuckel (glabella) und zwei
seitliche Ausbreitungen, die eigentlichen Kopfschilde. Gewöhnlich stehen
auf der Gränze zwischen dem Kopfbuckel und den Schilden auf einer
Nath, welche sich dort hinzieht, zwei große, hervorgequollene, zusam-
mengesetzte Augen von halbmondförmiger Gestalt, deren Convexität
nach Außen schaut. Genauere Untersuchungen haben gelehrt, daß diese
Augen ursprünglich den Bau der Augen des Kiemenfußes besaßen
und somit eine glatte äußere Hornhaut hatten, hinter welcher eine
zweite fazettirte Hornhaut lag. Bei manchen Gattungen sind diese
Augen bis auf einen äußerst kleinen Streif zusammengeschwunden, der
oft sehr schwierig zu entdecken ist.

Die vertieften Linien, welche den Kopfbuckel von den seitlichen


[Abbildung] Fig. 510.

Phacops arachnoides.
a Kopfſchild. b Schwanzſchild. c
Kopfbuckel (glabella). d Augen.

Kohlengebirge vor, und ſind ſchon
in dem letzteren ſelten, in ſpäteren
Schichten aber durchaus nicht mehr
anzutreffen. Es iſt daher begreif-
lich, daß über ihre Organiſation
noch jetzt vielfache Zweifel herrſchen,
die um ſo mehr erhalten werden,
als man die Thiere meiſt nur von
der Rückenſeite ſieht und die wich-
tigen Theile, welche auf der Unter-
ſeite liegen, noch jetzt faſt durchaus
unbekannt ſind.

Die Trilobiten bieten im Gan-
zen die Form eines mehr oder
minder länglichen Schildes dar, an
welchem man drei einzelne Abthei-
lungen unterſcheiden kann, die
man gewöhnlich mit dem Namen
Kopfſchild, Bruſt oder Thorax, und Schwanzſchild (pygidium)
belegt hat, wovon indeß offenbar das Kopfſchild eine Kopfbruſt dar-
ſtellt, gebildet aus der Verwachſung des Kopfes und des vorderen
Theiles der Bruſt, während das Schwanzſchild der eigentliche Hinter-
leib iſt. Das Kopfſchild hat gewöhnlich eine halbmondförmige oder
halbeiförmige Geſtalt, mehr oder minder nach vorn abgeſtutzt oder
zugeſpitzt, und oft nach hinten in lange Spitzen und Dornen ausge-
zogen. In den meiſten Fällen unterſcheidet man auf dem Kopfſchilde
einen mittleren erhöhten Wulſt, den Kopfbuckel (glabella) und zwei
ſeitliche Ausbreitungen, die eigentlichen Kopfſchilde. Gewöhnlich ſtehen
auf der Gränze zwiſchen dem Kopfbuckel und den Schilden auf einer
Nath, welche ſich dort hinzieht, zwei große, hervorgequollene, zuſam-
mengeſetzte Augen von halbmondförmiger Geſtalt, deren Convexität
nach Außen ſchaut. Genauere Unterſuchungen haben gelehrt, daß dieſe
Augen urſprünglich den Bau der Augen des Kiemenfußes beſaßen
und ſomit eine glatte äußere Hornhaut hatten, hinter welcher eine
zweite fazettirte Hornhaut lag. Bei manchen Gattungen ſind dieſe
Augen bis auf einen äußerſt kleinen Streif zuſammengeſchwunden, der
oft ſehr ſchwierig zu entdecken iſt.

Die vertieften Linien, welche den Kopfbuckel von den ſeitlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0451" n="445"/><figure><head>Fig. 510.</head><lb/><p><hi rendition="#aq">Phacops arachnoides</hi>.<lb/><hi rendition="#aq">a</hi> Kopf&#x017F;child. <hi rendition="#aq">b</hi> Schwanz&#x017F;child. <hi rendition="#aq">c</hi><lb/>
Kopfbuckel <hi rendition="#aq">(glabella). d</hi> Augen.</p></figure><lb/>
Kohlengebirge vor, und &#x017F;ind &#x017F;chon<lb/>
in dem letzteren &#x017F;elten, in &#x017F;päteren<lb/>
Schichten aber durchaus nicht mehr<lb/>
anzutreffen. Es i&#x017F;t daher begreif-<lb/>
lich, daß über ihre Organi&#x017F;ation<lb/>
noch jetzt vielfache Zweifel herr&#x017F;chen,<lb/>
die um &#x017F;o mehr erhalten werden,<lb/>
als man die Thiere mei&#x017F;t nur von<lb/>
der Rücken&#x017F;eite &#x017F;ieht und die wich-<lb/>
tigen Theile, welche auf der Unter-<lb/>
&#x017F;eite liegen, noch jetzt fa&#x017F;t durchaus<lb/>
unbekannt &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Die Trilobiten bieten im Gan-<lb/>
zen die Form eines mehr oder<lb/>
minder länglichen Schildes dar, an<lb/>
welchem man drei einzelne Abthei-<lb/>
lungen unter&#x017F;cheiden kann, die<lb/>
man gewöhnlich mit dem Namen<lb/><hi rendition="#g">Kopf&#x017F;child, Bru&#x017F;t</hi> oder Thorax, und <hi rendition="#g">Schwanz&#x017F;child</hi> <hi rendition="#aq">(pygidium)</hi><lb/>
belegt hat, wovon indeß offenbar das Kopf&#x017F;child eine Kopfbru&#x017F;t dar-<lb/>
&#x017F;tellt, gebildet aus der Verwach&#x017F;ung des Kopfes und des vorderen<lb/>
Theiles der Bru&#x017F;t, während das Schwanz&#x017F;child der eigentliche Hinter-<lb/>
leib i&#x017F;t. Das Kopf&#x017F;child hat gewöhnlich eine halbmondförmige oder<lb/>
halbeiförmige Ge&#x017F;talt, mehr oder minder nach vorn abge&#x017F;tutzt oder<lb/>
zuge&#x017F;pitzt, und oft nach hinten in lange Spitzen und Dornen ausge-<lb/>
zogen. In den mei&#x017F;ten Fällen unter&#x017F;cheidet man auf dem Kopf&#x017F;childe<lb/>
einen mittleren erhöhten Wul&#x017F;t, den <hi rendition="#g">Kopfbuckel</hi> <hi rendition="#aq">(glabella)</hi> und zwei<lb/>
&#x017F;eitliche Ausbreitungen, die eigentlichen Kopf&#x017F;childe. Gewöhnlich &#x017F;tehen<lb/>
auf der Gränze zwi&#x017F;chen dem Kopfbuckel und den Schilden auf einer<lb/>
Nath, welche &#x017F;ich dort hinzieht, zwei große, hervorgequollene, zu&#x017F;am-<lb/>
menge&#x017F;etzte <hi rendition="#g">Augen</hi> von halbmondförmiger Ge&#x017F;talt, deren Convexität<lb/>
nach Außen &#x017F;chaut. Genauere Unter&#x017F;uchungen haben gelehrt, daß die&#x017F;e<lb/>
Augen ur&#x017F;prünglich den Bau der Augen des Kiemenfußes be&#x017F;aßen<lb/>
und &#x017F;omit eine glatte äußere Hornhaut hatten, hinter welcher eine<lb/>
zweite fazettirte Hornhaut lag. Bei manchen Gattungen &#x017F;ind die&#x017F;e<lb/>
Augen bis auf einen äußer&#x017F;t kleinen Streif zu&#x017F;ammenge&#x017F;chwunden, der<lb/>
oft &#x017F;ehr &#x017F;chwierig zu entdecken i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Die vertieften Linien, welche den Kopfbuckel von den &#x017F;eitlichen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0451] [Abbildung Fig. 510. Phacops arachnoides. a Kopfſchild. b Schwanzſchild. c Kopfbuckel (glabella). d Augen.] Kohlengebirge vor, und ſind ſchon in dem letzteren ſelten, in ſpäteren Schichten aber durchaus nicht mehr anzutreffen. Es iſt daher begreif- lich, daß über ihre Organiſation noch jetzt vielfache Zweifel herrſchen, die um ſo mehr erhalten werden, als man die Thiere meiſt nur von der Rückenſeite ſieht und die wich- tigen Theile, welche auf der Unter- ſeite liegen, noch jetzt faſt durchaus unbekannt ſind. Die Trilobiten bieten im Gan- zen die Form eines mehr oder minder länglichen Schildes dar, an welchem man drei einzelne Abthei- lungen unterſcheiden kann, die man gewöhnlich mit dem Namen Kopfſchild, Bruſt oder Thorax, und Schwanzſchild (pygidium) belegt hat, wovon indeß offenbar das Kopfſchild eine Kopfbruſt dar- ſtellt, gebildet aus der Verwachſung des Kopfes und des vorderen Theiles der Bruſt, während das Schwanzſchild der eigentliche Hinter- leib iſt. Das Kopfſchild hat gewöhnlich eine halbmondförmige oder halbeiförmige Geſtalt, mehr oder minder nach vorn abgeſtutzt oder zugeſpitzt, und oft nach hinten in lange Spitzen und Dornen ausge- zogen. In den meiſten Fällen unterſcheidet man auf dem Kopfſchilde einen mittleren erhöhten Wulſt, den Kopfbuckel (glabella) und zwei ſeitliche Ausbreitungen, die eigentlichen Kopfſchilde. Gewöhnlich ſtehen auf der Gränze zwiſchen dem Kopfbuckel und den Schilden auf einer Nath, welche ſich dort hinzieht, zwei große, hervorgequollene, zuſam- mengeſetzte Augen von halbmondförmiger Geſtalt, deren Convexität nach Außen ſchaut. Genauere Unterſuchungen haben gelehrt, daß dieſe Augen urſprünglich den Bau der Augen des Kiemenfußes beſaßen und ſomit eine glatte äußere Hornhaut hatten, hinter welcher eine zweite fazettirte Hornhaut lag. Bei manchen Gattungen ſind dieſe Augen bis auf einen äußerſt kleinen Streif zuſammengeſchwunden, der oft ſehr ſchwierig zu entdecken iſt. Die vertieften Linien, welche den Kopfbuckel von den ſeitlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/451
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/451>, abgerufen am 23.07.2024.