Die Flügelschnecken(Strombida) zeichnen sich auf den ersten Blick durch ihr starkes längliches Gehäuse aus, dessen Gewinde ziemlich spitz ist und nach unten an dem Spindelrande in einen kurzen gebogenen Kanal für die Athemröhre ausläuft. Der Lippenrand der Mündung zeigt vorn eine bedeutende Bucht, in welcher der Kopf liegt und ist dann flügelartig ausgebreitet, so daß die Mund- öffnung der Schale ungeheuer groß erscheint, wäh- rend sie, abgesehen von dieser flügelartigen Aus- breitung, doch nur eine schmale Spalte bildet. Das Thier, welches diese Schalen bewohnt, hat eine sehr bizarre Gestalt. Der Rüssel ist sehr groß und dick, geringelt und weit vorstreckbar; er füllt be- sonders die erwähnte Bucht des Lippenrandes aus. Die Fühler sind nur klein, die Stiele dagegen, welche die Augen tragen, ungemein groß und stark, und neben denselben ein eigenthümlicher zungen- förmiger Fortsatz des Fußes angebracht, welcher den schmalen spitzen hornigen Deckel trägt, der zur Schließung der Schale bestimmt ist. Sie kommen hauptsächlich in südlichen Oceanen vor, und finden sich in den älteren Schichten ziemlich zahlreich. Die Gattungen unterscheidet man haupt- sächlich nach der Gestalt des Lippenrandes, der bei einigen ganzrandig ist, bei anderen die sonderbarsten fingerförmigen Fortsätze trägt. Ro- stellaria; Pterocera; Strombus.
[Abbildung]
Fig. 375.
Oliva.
Die Eischnecken (Ovulida) haben ein meist eiför- miges Gehäuse, dessen letzte Windung die früheren ganz verhüllt, so daß man nur höchstens an der einen Seite die Spitze des spiraligen Gewindes sieht. Die Mündung bildet einen langen schmalen Spalt, von dem bald beide Ränder, bald nur einer wulstig und gezähnelt ist. Meist findet sich ein Ausschnitt an der Spindel zur Einlage- rung der kurzen Athemröhre. Das Thier hat einen kurzen Rüssel, lange rundliche Fühler, welche in der Mitte ihres Außenrandes, meist auf einem Vorsprunge die Augen tragen. Der Fuß ist breit, blattförmig und seine beiden Hälften werden beim Zurückziehen in die enge Schalenöffnung in der Mitte zusammengeschlagen. Der Mantel besteht aus einem oder zwei sehr dünnen
[Abbildung]
Fig. 373.
Strombus scorpio von oben.
[Abbildung]
Fig. 374.
Rostellaria.
Die Flügelſchnecken(Strombida) zeichnen ſich auf den erſten Blick durch ihr ſtarkes längliches Gehäuſe aus, deſſen Gewinde ziemlich ſpitz iſt und nach unten an dem Spindelrande in einen kurzen gebogenen Kanal für die Athemröhre ausläuft. Der Lippenrand der Mündung zeigt vorn eine bedeutende Bucht, in welcher der Kopf liegt und iſt dann flügelartig ausgebreitet, ſo daß die Mund- öffnung der Schale ungeheuer groß erſcheint, wäh- rend ſie, abgeſehen von dieſer flügelartigen Aus- breitung, doch nur eine ſchmale Spalte bildet. Das Thier, welches dieſe Schalen bewohnt, hat eine ſehr bizarre Geſtalt. Der Rüſſel iſt ſehr groß und dick, geringelt und weit vorſtreckbar; er füllt be- ſonders die erwähnte Bucht des Lippenrandes aus. Die Fühler ſind nur klein, die Stiele dagegen, welche die Augen tragen, ungemein groß und ſtark, und neben denſelben ein eigenthümlicher zungen- förmiger Fortſatz des Fußes angebracht, welcher den ſchmalen ſpitzen hornigen Deckel trägt, der zur Schließung der Schale beſtimmt iſt. Sie kommen hauptſächlich in ſüdlichen Oceanen vor, und finden ſich in den älteren Schichten ziemlich zahlreich. Die Gattungen unterſcheidet man haupt- ſächlich nach der Geſtalt des Lippenrandes, der bei einigen ganzrandig iſt, bei anderen die ſonderbarſten fingerförmigen Fortſätze trägt. Ro- stellaria; Pterocera; Strombus.
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Fig. 375.
Oliva.
Die Eiſchnecken (Ovulida) haben ein meiſt eiför- miges Gehäuſe, deſſen letzte Windung die früheren ganz verhüllt, ſo daß man nur höchſtens an der einen Seite die Spitze des ſpiraligen Gewindes ſieht. Die Mündung bildet einen langen ſchmalen Spalt, von dem bald beide Ränder, bald nur einer wulſtig und gezähnelt iſt. Meiſt findet ſich ein Ausſchnitt an der Spindel zur Einlage- rung der kurzen Athemröhre. Das Thier hat einen kurzen Rüſſel, lange rundliche Fühler, welche in der Mitte ihres Außenrandes, meiſt auf einem Vorſprunge die Augen tragen. Der Fuß iſt breit, blattförmig und ſeine beiden Hälften werden beim Zurückziehen in die enge Schalenöffnung in der Mitte zuſammengeſchlagen. Der Mantel beſteht aus einem oder zwei ſehr dünnen
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[Abbildung Fig. 373. Strombus scorpio
von oben. ]
[Abbildung Fig. 374. Rostellaria. ]
Die Flügelſchnecken (Strombida) zeichnen ſich
auf den erſten Blick durch ihr ſtarkes längliches
Gehäuſe aus, deſſen Gewinde ziemlich ſpitz iſt und
nach unten an dem Spindelrande in einen kurzen
gebogenen Kanal für die Athemröhre ausläuft.
Der Lippenrand der Mündung zeigt vorn eine
bedeutende Bucht, in welcher der Kopf liegt und
iſt dann flügelartig ausgebreitet, ſo daß die Mund-
öffnung der Schale ungeheuer groß erſcheint, wäh-
rend ſie, abgeſehen von dieſer flügelartigen Aus-
breitung, doch nur eine ſchmale Spalte bildet. Das
Thier, welches dieſe Schalen bewohnt, hat eine
ſehr bizarre Geſtalt. Der Rüſſel iſt ſehr groß und
dick, geringelt und weit vorſtreckbar; er füllt be-
ſonders die erwähnte Bucht des Lippenrandes aus.
Die Fühler ſind nur klein, die Stiele dagegen,
welche die Augen tragen, ungemein groß und ſtark,
und neben denſelben ein eigenthümlicher zungen-
förmiger Fortſatz des Fußes angebracht, welcher
den ſchmalen ſpitzen hornigen Deckel trägt, der zur
Schließung der Schale beſtimmt iſt. Sie kommen
hauptſächlich in ſüdlichen Oceanen vor, und finden ſich in den älteren
Schichten ziemlich zahlreich. Die Gattungen unterſcheidet man haupt-
ſächlich nach der Geſtalt des Lippenrandes, der bei einigen ganzrandig
iſt, bei anderen die ſonderbarſten fingerförmigen Fortſätze trägt. Ro-
stellaria; Pterocera; Strombus.
[Abbildung Fig. 375. Oliva. ]
Die Eiſchnecken (Ovulida) haben ein meiſt eiför-
miges Gehäuſe, deſſen letzte Windung die früheren ganz
verhüllt, ſo daß man nur höchſtens an der einen Seite
die Spitze des ſpiraligen Gewindes ſieht. Die Mündung
bildet einen langen ſchmalen Spalt, von dem bald beide
Ränder, bald nur einer wulſtig und gezähnelt iſt. Meiſt
findet ſich ein Ausſchnitt an der Spindel zur Einlage-
rung der kurzen Athemröhre. Das Thier hat einen
kurzen Rüſſel, lange rundliche Fühler, welche in der
Mitte ihres Außenrandes, meiſt auf einem Vorſprunge
die Augen tragen. Der Fuß iſt breit, blattförmig und
ſeine beiden Hälften werden beim Zurückziehen in die
enge Schalenöffnung in der Mitte zuſammengeſchlagen.
Der Mantel beſteht aus einem oder zwei ſehr dünnen
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/353>, abgerufen am 23.12.2024.
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