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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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ausgezogen und zuweilen sondert er auf seiner ganzen Oberfläche eine
dünne Kalklage ab, die eine Röhre bildet, in welcher das Thier steckt.
Die Schalen dieser sämmtlichen Thiere sind sehr dünn, gerippt und
haben meistens kein deutliches Schloß; sie klaffen nach allen Seiten
hin und bei vielen Gattungen erscheinen sie nur als unbedeutende An-
hängsel des Thieres oder der Kalkröhre, von welcher dasselbe einge-
schlossen ist.

[Abbildung] Fig. 326.

Der Pfahlwurm
(Teredo navalis).

Die Familie der Bohrmuscheln (Teredida) besitzt
stets zwei sehr deutliche, unregelmäßige, gleiche Schalen,
die an dem Schlosse durch einen löffelförmigen Fortsatz
miteinander vereinigt sind. Der wurmförmige Mantel
ist frei, ebenso die Schalen, und wenn die Thiere eine
Kalkröhre bilden, so kleidet dieselbe die Gallerie, welche
sie bohren, aus, ohne dem Mantel selbst anzuhängen.
Bei den eigentlichen Bohrmuscheln (Pholas) ist die
Schale noch ziemlich groß und in einer ziemlichen Strecke
am Schlosse durch einen löffelförmigen Fortsatz verbun-
den. Der Fuß ist kurz, dick und rund, die hintere
Röhre einfach, aber durch eine innere Scheidewand ge-
theilt. Die Bohrmuscheln bohren sich in einer gewissen Tiefe
unter dem Wasserspiegel, am liebsten in kalkige senkrechte
Felsmassen wagerecht ein, verschmähen aber auch Ko-
rallen und selbst Schlamm nicht. Ihre Galerieen sind
äußerst glatt, gleichsam polirt und bieten besonders an steini-
gen und felsigen Ufern durch die constante Höhe unter
dem Wasserspiegel, in welcher sie sich einbohren, ein
ganz vortreffliches Kennzeichen für alte Strandlinien
und frühere Höhe des Meeresspiegels. Bei den Bohr-
muscheln stehen die eigenthümlichen Kieselkrystalle, welche
ihnen zum Bohren und Abschleifen der Felsen dienen,
besonders auf dem runden zapfenförmigen Fuße, wäh-
rend sie bei den Pfahlwürmern über den ganzen Man-
tel, besonders aber über dessen vorderen Wulst, der von
dem Pfahlwurme bedeutend aufgebläht werden kann,
zerstreut sind.

Die Pfahlwürmer (Teredo), welche ebenfalls
zu dieser Familie gehören, sind bekannt durch die unge-
heueren Verheerungen, die sie in Häfen und Werften an dem unter
Wasser befindlichen Holze anrichten. Das Thier hat etwa die Dicke
und Länge eines Regenwurmes und endet nach hinten in zwei lange,

ausgezogen und zuweilen ſondert er auf ſeiner ganzen Oberfläche eine
dünne Kalklage ab, die eine Röhre bildet, in welcher das Thier ſteckt.
Die Schalen dieſer ſämmtlichen Thiere ſind ſehr dünn, gerippt und
haben meiſtens kein deutliches Schloß; ſie klaffen nach allen Seiten
hin und bei vielen Gattungen erſcheinen ſie nur als unbedeutende An-
hängſel des Thieres oder der Kalkröhre, von welcher daſſelbe einge-
ſchloſſen iſt.

[Abbildung] Fig. 326.

Der Pfahlwurm
(Teredo navalis).

Die Familie der Bohrmuſcheln (Teredida) beſitzt
ſtets zwei ſehr deutliche, unregelmäßige, gleiche Schalen,
die an dem Schloſſe durch einen löffelförmigen Fortſatz
miteinander vereinigt ſind. Der wurmförmige Mantel
iſt frei, ebenſo die Schalen, und wenn die Thiere eine
Kalkröhre bilden, ſo kleidet dieſelbe die Gallerie, welche
ſie bohren, aus, ohne dem Mantel ſelbſt anzuhängen.
Bei den eigentlichen Bohrmuſcheln (Pholas) iſt die
Schale noch ziemlich groß und in einer ziemlichen Strecke
am Schloſſe durch einen löffelförmigen Fortſatz verbun-
den. Der Fuß iſt kurz, dick und rund, die hintere
Röhre einfach, aber durch eine innere Scheidewand ge-
theilt. Die Bohrmuſcheln bohren ſich in einer gewiſſen Tiefe
unter dem Waſſerſpiegel, am liebſten in kalkige ſenkrechte
Felsmaſſen wagerecht ein, verſchmähen aber auch Ko-
rallen und ſelbſt Schlamm nicht. Ihre Galerieen ſind
äußerſt glatt, gleichſam polirt und bieten beſonders an ſteini-
gen und felſigen Ufern durch die conſtante Höhe unter
dem Waſſerſpiegel, in welcher ſie ſich einbohren, ein
ganz vortreffliches Kennzeichen für alte Strandlinien
und frühere Höhe des Meeresſpiegels. Bei den Bohr-
muſcheln ſtehen die eigenthümlichen Kieſelkryſtalle, welche
ihnen zum Bohren und Abſchleifen der Felſen dienen,
beſonders auf dem runden zapfenförmigen Fuße, wäh-
rend ſie bei den Pfahlwürmern über den ganzen Man-
tel, beſonders aber über deſſen vorderen Wulſt, der von
dem Pfahlwurme bedeutend aufgebläht werden kann,
zerſtreut ſind.

Die Pfahlwürmer (Teredo), welche ebenfalls
zu dieſer Familie gehören, ſind bekannt durch die unge-
heueren Verheerungen, die ſie in Häfen und Werften an dem unter
Waſſer befindlichen Holze anrichten. Das Thier hat etwa die Dicke
und Länge eines Regenwurmes und endet nach hinten in zwei lange,

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[313/0319] ausgezogen und zuweilen ſondert er auf ſeiner ganzen Oberfläche eine dünne Kalklage ab, die eine Röhre bildet, in welcher das Thier ſteckt. Die Schalen dieſer ſämmtlichen Thiere ſind ſehr dünn, gerippt und haben meiſtens kein deutliches Schloß; ſie klaffen nach allen Seiten hin und bei vielen Gattungen erſcheinen ſie nur als unbedeutende An- hängſel des Thieres oder der Kalkröhre, von welcher daſſelbe einge- ſchloſſen iſt. [Abbildung Fig. 326. Der Pfahlwurm (Teredo navalis). ] Die Familie der Bohrmuſcheln (Teredida) beſitzt ſtets zwei ſehr deutliche, unregelmäßige, gleiche Schalen, die an dem Schloſſe durch einen löffelförmigen Fortſatz miteinander vereinigt ſind. Der wurmförmige Mantel iſt frei, ebenſo die Schalen, und wenn die Thiere eine Kalkröhre bilden, ſo kleidet dieſelbe die Gallerie, welche ſie bohren, aus, ohne dem Mantel ſelbſt anzuhängen. Bei den eigentlichen Bohrmuſcheln (Pholas) iſt die Schale noch ziemlich groß und in einer ziemlichen Strecke am Schloſſe durch einen löffelförmigen Fortſatz verbun- den. Der Fuß iſt kurz, dick und rund, die hintere Röhre einfach, aber durch eine innere Scheidewand ge- theilt. Die Bohrmuſcheln bohren ſich in einer gewiſſen Tiefe unter dem Waſſerſpiegel, am liebſten in kalkige ſenkrechte Felsmaſſen wagerecht ein, verſchmähen aber auch Ko- rallen und ſelbſt Schlamm nicht. Ihre Galerieen ſind äußerſt glatt, gleichſam polirt und bieten beſonders an ſteini- gen und felſigen Ufern durch die conſtante Höhe unter dem Waſſerſpiegel, in welcher ſie ſich einbohren, ein ganz vortreffliches Kennzeichen für alte Strandlinien und frühere Höhe des Meeresſpiegels. Bei den Bohr- muſcheln ſtehen die eigenthümlichen Kieſelkryſtalle, welche ihnen zum Bohren und Abſchleifen der Felſen dienen, beſonders auf dem runden zapfenförmigen Fuße, wäh- rend ſie bei den Pfahlwürmern über den ganzen Man- tel, beſonders aber über deſſen vorderen Wulſt, der von dem Pfahlwurme bedeutend aufgebläht werden kann, zerſtreut ſind. Die Pfahlwürmer (Teredo), welche ebenfalls zu dieſer Familie gehören, ſind bekannt durch die unge- heueren Verheerungen, die ſie in Häfen und Werften an dem unter Waſſer befindlichen Holze anrichten. Das Thier hat etwa die Dicke und Länge eines Regenwurmes und endet nach hinten in zwei lange,

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/319>, abgerufen am 23.12.2024.