Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Federband in seine Wirkung ein. Deßhalb klaffen todte Muscheln,
während lebende ihre Schalen hartnäckig geschlossen halten. Man hat
früher den Umstand, daß ein oder zwei Schließmuskeln vorhanden
waren, zur Eintheilung der Muschelthiere benutzt, indem man sie in
einmuskelige und zweimuskelige eintheilte; eine Eintheilung die manches
Schwankende hat, da es einige Familien giebt, bei welchen man darüber
im Zweifel sein könnte, ob zwei Hälften eines Muskels oder zwei
einander genäherte Muskeln vorhanden sind.

[Abbildung] Fig. 305. Fig. 304.

Anatomie der gewöhnlichen Miesmuschel (Mytilus edulis).
In Fig. 304. ist nur die linke Schale abgenommen, sonst aber das Thier
in seiner natürlichen Lage gelassen worden, in Fig 305. dagegen hat man die
linke Mantelhälfte, die Mundlappen zurückgeschlagen und die linken Kiemen-
blätter etwas abgezogen, um den Fuß und die Byssusdrüse in ihrer ganzen
Länge zu zeigen. a die rechte Schalenhäfte. b der Bart oder Byssus, womit
die Muschel befestigt war, aus der an der Fußwurzel angebrachten Byssusdrüse
hervorstehend. c der Fuß. d die linke Mantelhälfte. e der mit Wärzchen
besetzte Afterschlitz. f Schließmuskel der Schale. g Mundlapven, hier sehr
groß, spiralig aufgerollt, den Kiemenblättern sehr ähnlich. h Kiemenblätter.

Das Organ der Ortsbewegung, der Fuß, ist stets auf der
Bauchseite der Muschel und meistens in solcher Größe ausgebildet, daß
er zwischen den Schalen hervorgestreckt werden kann. Bei denjenigen
Muscheln, welche sich anheften, ist diese frei bewegliche Muskelmasse
nur sehr rudimentär oder fehlt auch gänzlich, während sie bei andern,
die im Sande kriechen, oft eine bedeutende Größe erreicht. Meistens
ist der Fuß beilförmig und bildet die vordere Schneide des Einge-
weidesackes, an dessen Seiten seine Sehnenfäden hinaufsteigen, um sich
in der Nähe des Schlosses an die Schalen festzusetzen;-- zuweilen ist er
dünn, lang, zungenförmig oder hakig gekrümmt, in andern Fällen

Federband in ſeine Wirkung ein. Deßhalb klaffen todte Muſcheln,
während lebende ihre Schalen hartnäckig geſchloſſen halten. Man hat
früher den Umſtand, daß ein oder zwei Schließmuskeln vorhanden
waren, zur Eintheilung der Muſchelthiere benutzt, indem man ſie in
einmuskelige und zweimuskelige eintheilte; eine Eintheilung die manches
Schwankende hat, da es einige Familien giebt, bei welchen man darüber
im Zweifel ſein könnte, ob zwei Hälften eines Muskels oder zwei
einander genäherte Muskeln vorhanden ſind.

[Abbildung] Fig. 305. Fig. 304.

Anatomie der gewöhnlichen Miesmuſchel (Mytilus edulis).
In Fig. 304. iſt nur die linke Schale abgenommen, ſonſt aber das Thier
in ſeiner natürlichen Lage gelaſſen worden, in Fig 305. dagegen hat man die
linke Mantelhälfte, die Mundlappen zurückgeſchlagen und die linken Kiemen-
blätter etwas abgezogen, um den Fuß und die Byſſusdrüſe in ihrer ganzen
Länge zu zeigen. a die rechte Schalenhäfte. b der Bart oder Byssus, womit
die Muſchel befeſtigt war, aus der an der Fußwurzel angebrachten Byſſusdrüſe
hervorſtehend. c der Fuß. d die linke Mantelhälfte. e der mit Wärzchen
beſetzte Afterſchlitz. f Schließmuskel der Schale. g Mundlapven, hier ſehr
groß, ſpiralig aufgerollt, den Kiemenblättern ſehr ähnlich. h Kiemenblätter.

Das Organ der Ortsbewegung, der Fuß, iſt ſtets auf der
Bauchſeite der Muſchel und meiſtens in ſolcher Größe ausgebildet, daß
er zwiſchen den Schalen hervorgeſtreckt werden kann. Bei denjenigen
Muſcheln, welche ſich anheften, iſt dieſe frei bewegliche Muskelmaſſe
nur ſehr rudimentär oder fehlt auch gänzlich, während ſie bei andern,
die im Sande kriechen, oft eine bedeutende Größe erreicht. Meiſtens
iſt der Fuß beilförmig und bildet die vordere Schneide des Einge-
weideſackes, an deſſen Seiten ſeine Sehnenfäden hinaufſteigen, um ſich
in der Nähe des Schloſſes an die Schalen feſtzuſetzen;— zuweilen iſt er
dünn, lang, zungenförmig oder hakig gekrümmt, in andern Fällen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0301" n="295"/>
Federband in &#x017F;eine Wirkung ein. Deßhalb klaffen todte Mu&#x017F;cheln,<lb/>
während lebende ihre Schalen hartnäckig ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en halten. Man hat<lb/>
früher den Um&#x017F;tand, daß ein oder zwei Schließmuskeln vorhanden<lb/>
waren, zur Eintheilung der Mu&#x017F;chelthiere benutzt, indem man &#x017F;ie in<lb/>
einmuskelige und zweimuskelige eintheilte; eine Eintheilung die manches<lb/>
Schwankende hat, da es einige Familien giebt, bei welchen man darüber<lb/>
im Zweifel &#x017F;ein könnte, ob zwei Hälften eines Muskels oder zwei<lb/>
einander genäherte Muskeln vorhanden &#x017F;ind.</p><lb/>
            <figure>
              <head>Fig. 305. Fig. 304.</head><lb/>
              <p>Anatomie der gewöhnlichen Miesmu&#x017F;chel <hi rendition="#aq">(Mytilus edulis)</hi>.<lb/>
In Fig. 304. i&#x017F;t nur die linke Schale abgenommen, &#x017F;on&#x017F;t aber das Thier<lb/>
in &#x017F;einer natürlichen Lage gela&#x017F;&#x017F;en worden, in Fig 305. dagegen hat man die<lb/>
linke Mantelhälfte, die Mundlappen zurückge&#x017F;chlagen und die linken Kiemen-<lb/>
blätter etwas abgezogen, um den Fuß und die By&#x017F;&#x017F;usdrü&#x017F;e in ihrer ganzen<lb/>
Länge zu zeigen. <hi rendition="#aq">a</hi> die rechte Schalenhäfte. <hi rendition="#aq">b</hi> der Bart oder <hi rendition="#aq">Byssus</hi>, womit<lb/>
die Mu&#x017F;chel befe&#x017F;tigt war, aus der an der Fußwurzel angebrachten By&#x017F;&#x017F;usdrü&#x017F;e<lb/>
hervor&#x017F;tehend. <hi rendition="#aq">c</hi> der Fuß. <hi rendition="#aq">d</hi> die linke Mantelhälfte. <hi rendition="#aq">e</hi> der mit Wärzchen<lb/>
be&#x017F;etzte After&#x017F;chlitz. <hi rendition="#aq">f</hi> Schließmuskel der Schale. <hi rendition="#aq">g</hi> Mundlapven, hier &#x017F;ehr<lb/>
groß, &#x017F;piralig aufgerollt, den Kiemenblättern &#x017F;ehr ähnlich. <hi rendition="#aq">h</hi> Kiemenblätter.</p>
            </figure><lb/>
            <p>Das Organ der Ortsbewegung, der <hi rendition="#g">Fuß</hi>, i&#x017F;t &#x017F;tets auf der<lb/>
Bauch&#x017F;eite der Mu&#x017F;chel und mei&#x017F;tens in &#x017F;olcher Größe ausgebildet, daß<lb/>
er zwi&#x017F;chen den Schalen hervorge&#x017F;treckt werden kann. Bei denjenigen<lb/>
Mu&#x017F;cheln, welche &#x017F;ich anheften, i&#x017F;t die&#x017F;e frei bewegliche Muskelma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
nur &#x017F;ehr rudimentär oder fehlt auch gänzlich, während &#x017F;ie bei andern,<lb/>
die im Sande kriechen, oft eine bedeutende Größe erreicht. Mei&#x017F;tens<lb/>
i&#x017F;t der Fuß beilförmig und bildet die vordere Schneide des Einge-<lb/>
weide&#x017F;ackes, an de&#x017F;&#x017F;en Seiten &#x017F;eine Sehnenfäden hinauf&#x017F;teigen, um &#x017F;ich<lb/>
in der Nähe des Schlo&#x017F;&#x017F;es an die Schalen fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen;&#x2014; zuweilen i&#x017F;t er<lb/>
dünn, lang, zungenförmig oder hakig gekrümmt, in andern Fällen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0301] Federband in ſeine Wirkung ein. Deßhalb klaffen todte Muſcheln, während lebende ihre Schalen hartnäckig geſchloſſen halten. Man hat früher den Umſtand, daß ein oder zwei Schließmuskeln vorhanden waren, zur Eintheilung der Muſchelthiere benutzt, indem man ſie in einmuskelige und zweimuskelige eintheilte; eine Eintheilung die manches Schwankende hat, da es einige Familien giebt, bei welchen man darüber im Zweifel ſein könnte, ob zwei Hälften eines Muskels oder zwei einander genäherte Muskeln vorhanden ſind. [Abbildung Fig. 305. Fig. 304. Anatomie der gewöhnlichen Miesmuſchel (Mytilus edulis). In Fig. 304. iſt nur die linke Schale abgenommen, ſonſt aber das Thier in ſeiner natürlichen Lage gelaſſen worden, in Fig 305. dagegen hat man die linke Mantelhälfte, die Mundlappen zurückgeſchlagen und die linken Kiemen- blätter etwas abgezogen, um den Fuß und die Byſſusdrüſe in ihrer ganzen Länge zu zeigen. a die rechte Schalenhäfte. b der Bart oder Byssus, womit die Muſchel befeſtigt war, aus der an der Fußwurzel angebrachten Byſſusdrüſe hervorſtehend. c der Fuß. d die linke Mantelhälfte. e der mit Wärzchen beſetzte Afterſchlitz. f Schließmuskel der Schale. g Mundlapven, hier ſehr groß, ſpiralig aufgerollt, den Kiemenblättern ſehr ähnlich. h Kiemenblätter. ] Das Organ der Ortsbewegung, der Fuß, iſt ſtets auf der Bauchſeite der Muſchel und meiſtens in ſolcher Größe ausgebildet, daß er zwiſchen den Schalen hervorgeſtreckt werden kann. Bei denjenigen Muſcheln, welche ſich anheften, iſt dieſe frei bewegliche Muskelmaſſe nur ſehr rudimentär oder fehlt auch gänzlich, während ſie bei andern, die im Sande kriechen, oft eine bedeutende Größe erreicht. Meiſtens iſt der Fuß beilförmig und bildet die vordere Schneide des Einge- weideſackes, an deſſen Seiten ſeine Sehnenfäden hinaufſteigen, um ſich in der Nähe des Schloſſes an die Schalen feſtzuſetzen;— zuweilen iſt er dünn, lang, zungenförmig oder hakig gekrümmt, in andern Fällen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/301
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/301>, abgerufen am 23.12.2024.