begreift nur schwimmende Thiere von glasheller Durchsichtigkeit, welche besonders in wärmeren Meeren sehr häufig vorkommen. Der größte Theil des Körpers wird von einem länglichen, oft mit sonderbaren Spitzen und Anhängen versehenen Kiemensacke gebildet, der deutlich aus einer äußeren Mantelschicht und einer inneren Hautschicht besteht, in welcher Bündel oder kranzweise Bänder von Muskelfasern angebracht sind. Die Eingeweide sind in einen kleinen runden Knoten zusammengedrängt, den man den Kern oder Nucleus nennt, und der meist eine rothe oder gelbe, selten eine blaue Farbe hat und in der Nacht mit lebhaftem, rothgelbem Lichte leuchtet. An dem vorderen Ende des walzenförmigen Körpers befindet sich eine quere, von beweglichen Lippen umgebene Oeffnung, welche in den weiten Kiemensack führt. Hinter diesem Maule auf der Rückenfläche ist der meist runde Kiemenbalken angeheftet, der sich in schiefer Richtung durch den Kiemensack nach unten gegen den Kern hin spannt, wo seine hintere Anheftungsstelle sich befindet. Der Kiemenbalken ist eigentlich ein rundliches hohles Rohr, welches auf seiner Außenfläche eine Menge von Querschlitzen zeigt, die mit lebhaft flimmernden Wimperhaaren besetzt sind. Auf der Rückenfläche und zwar an der Anheftungsstelle des Kiemenbalkens sieht man sehr deut- lich den Nervenknoten mit seinen nach allen Seiten hin ausstrahlenden Nerven und dem unmittelbar darauf sitzenden, von dunkelbraunrothem Farbstoffe eingehüllten Auge. Auf der Bauchfläche des Kiemensackes gewahrt man eine ähnliche Rinne mit Flimmerhaaren ausgekleidet, wie wir sie schon bei den Seescheiden erwähnten und noch außerdem vorn an dem Maule eine meist schlingenförmig gewundene Flimmer- furche, deren Bedeutung noch nicht weiter ergründet ist.
Der meist runde, roth oder gelb gefärbte Eingeweideknäuel wird von dem Darmkanal, der Leber, den Geschlechtstheilen und dem Her- zen gebildet. Der eigentliche Mund öffnet sich in der Nähe der hin- teren Auswurfsöffnung des Kiemensackes als ein ovaler Schlitz und führt in den einfachen Darmschlauch, welcher überall von der Leber und den Geschlechtstheilen umgeben oder gleichsam in dieselben einge- graben ist, so daß es sehr schwer hält, diese einzelnen Eingeweide von einander zu isoliren.
Man findet die Walzenscheiden schwimmend im Meere in zwei verschiedenen gesellschaftlichen Zuständen. Meistens bilden sie Ketten, in der Art, daß lange Reihen von Individuen durch die Spitzenfort- sätze ihres Körpers oder mit den Seiten aneinander verklebt sind, so daß man in dem Meere ein langes Band schwimmen sieht, welches mit einer großen Anzahl rother Kerne in abwechselnden Reihen besetzt
begreift nur ſchwimmende Thiere von glasheller Durchſichtigkeit, welche beſonders in wärmeren Meeren ſehr häufig vorkommen. Der größte Theil des Körpers wird von einem länglichen, oft mit ſonderbaren Spitzen und Anhängen verſehenen Kiemenſacke gebildet, der deutlich aus einer äußeren Mantelſchicht und einer inneren Hautſchicht beſteht, in welcher Bündel oder kranzweiſe Bänder von Muskelfaſern angebracht ſind. Die Eingeweide ſind in einen kleinen runden Knoten zuſammengedrängt, den man den Kern oder Nucleus nennt, und der meiſt eine rothe oder gelbe, ſelten eine blaue Farbe hat und in der Nacht mit lebhaftem, rothgelbem Lichte leuchtet. An dem vorderen Ende des walzenförmigen Körpers befindet ſich eine quere, von beweglichen Lippen umgebene Oeffnung, welche in den weiten Kiemenſack führt. Hinter dieſem Maule auf der Rückenfläche iſt der meiſt runde Kiemenbalken angeheftet, der ſich in ſchiefer Richtung durch den Kiemenſack nach unten gegen den Kern hin ſpannt, wo ſeine hintere Anheftungsſtelle ſich befindet. Der Kiemenbalken iſt eigentlich ein rundliches hohles Rohr, welches auf ſeiner Außenfläche eine Menge von Querſchlitzen zeigt, die mit lebhaft flimmernden Wimperhaaren beſetzt ſind. Auf der Rückenfläche und zwar an der Anheftungsſtelle des Kiemenbalkens ſieht man ſehr deut- lich den Nervenknoten mit ſeinen nach allen Seiten hin ausſtrahlenden Nerven und dem unmittelbar darauf ſitzenden, von dunkelbraunrothem Farbſtoffe eingehüllten Auge. Auf der Bauchfläche des Kiemenſackes gewahrt man eine ähnliche Rinne mit Flimmerhaaren ausgekleidet, wie wir ſie ſchon bei den Seeſcheiden erwähnten und noch außerdem vorn an dem Maule eine meiſt ſchlingenförmig gewundene Flimmer- furche, deren Bedeutung noch nicht weiter ergründet iſt.
Der meiſt runde, roth oder gelb gefärbte Eingeweideknäuel wird von dem Darmkanal, der Leber, den Geſchlechtstheilen und dem Her- zen gebildet. Der eigentliche Mund öffnet ſich in der Nähe der hin- teren Auswurfsöffnung des Kiemenſackes als ein ovaler Schlitz und führt in den einfachen Darmſchlauch, welcher überall von der Leber und den Geſchlechtstheilen umgeben oder gleichſam in dieſelben einge- graben iſt, ſo daß es ſehr ſchwer hält, dieſe einzelnen Eingeweide von einander zu iſoliren.
Man findet die Walzenſcheiden ſchwimmend im Meere in zwei verſchiedenen geſellſchaftlichen Zuſtänden. Meiſtens bilden ſie Ketten, in der Art, daß lange Reihen von Individuen durch die Spitzenfort- ſätze ihres Körpers oder mit den Seiten aneinander verklebt ſind, ſo daß man in dem Meere ein langes Band ſchwimmen ſieht, welches mit einer großen Anzahl rother Kerne in abwechſelnden Reihen beſetzt
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begreift nur ſchwimmende Thiere von glasheller Durchſichtigkeit, welche
beſonders in wärmeren Meeren ſehr häufig vorkommen. Der größte Theil
des Körpers wird von einem länglichen, oft mit ſonderbaren Spitzen
und Anhängen verſehenen Kiemenſacke gebildet, der deutlich aus einer
äußeren Mantelſchicht und einer inneren Hautſchicht beſteht, in welcher
Bündel oder kranzweiſe Bänder von Muskelfaſern angebracht ſind.
Die Eingeweide ſind in einen kleinen runden Knoten zuſammengedrängt,
den man den Kern oder Nucleus nennt, und der meiſt eine rothe oder
gelbe, ſelten eine blaue Farbe hat und in der Nacht mit lebhaftem,
rothgelbem Lichte leuchtet. An dem vorderen Ende des walzenförmigen
Körpers befindet ſich eine quere, von beweglichen Lippen umgebene
Oeffnung, welche in den weiten Kiemenſack führt. Hinter dieſem Maule
auf der Rückenfläche iſt der meiſt runde Kiemenbalken angeheftet, der
ſich in ſchiefer Richtung durch den Kiemenſack nach unten gegen den
Kern hin ſpannt, wo ſeine hintere Anheftungsſtelle ſich befindet. Der
Kiemenbalken iſt eigentlich ein rundliches hohles Rohr, welches auf
ſeiner Außenfläche eine Menge von Querſchlitzen zeigt, die mit lebhaft
flimmernden Wimperhaaren beſetzt ſind. Auf der Rückenfläche und
zwar an der Anheftungsſtelle des Kiemenbalkens ſieht man ſehr deut-
lich den Nervenknoten mit ſeinen nach allen Seiten hin ausſtrahlenden
Nerven und dem unmittelbar darauf ſitzenden, von dunkelbraunrothem
Farbſtoffe eingehüllten Auge. Auf der Bauchfläche des Kiemenſackes
gewahrt man eine ähnliche Rinne mit Flimmerhaaren ausgekleidet,
wie wir ſie ſchon bei den Seeſcheiden erwähnten und noch außerdem
vorn an dem Maule eine meiſt ſchlingenförmig gewundene Flimmer-
furche, deren Bedeutung noch nicht weiter ergründet iſt.
Der meiſt runde, roth oder gelb gefärbte Eingeweideknäuel wird
von dem Darmkanal, der Leber, den Geſchlechtstheilen und dem Her-
zen gebildet. Der eigentliche Mund öffnet ſich in der Nähe der hin-
teren Auswurfsöffnung des Kiemenſackes als ein ovaler Schlitz und
führt in den einfachen Darmſchlauch, welcher überall von der Leber
und den Geſchlechtstheilen umgeben oder gleichſam in dieſelben einge-
graben iſt, ſo daß es ſehr ſchwer hält, dieſe einzelnen Eingeweide von
einander zu iſoliren.
Man findet die Walzenſcheiden ſchwimmend im Meere in zwei
verſchiedenen geſellſchaftlichen Zuſtänden. Meiſtens bilden ſie Ketten,
in der Art, daß lange Reihen von Individuen durch die Spitzenfort-
ſätze ihres Körpers oder mit den Seiten aneinander verklebt ſind, ſo
daß man in dem Meere ein langes Band ſchwimmen ſieht, welches
mit einer großen Anzahl rother Kerne in abwechſelnden Reihen beſetzt
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/275>, abgerufen am 23.12.2024.
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