und die sprossenden Fühler erkennen läßt. Sobald diese sich zeigen, unterscheidet man auch im Innern den Darmkanal und an dem hin- tern Ende einen zapfenartigen Anhang, mit welchem sich das junge Moosthier festsetzt. Bei andern Gattungen ist ein weit seltsamerer Entwickelungsgang beobachtet worden. Es bildet sich hier nämlich in jedem Ei ein flimmernder Embryo, in dessen Innern, während er noch in der Eischale steckt, sich zwei junge Moosthierchen entwickeln, deren wirbelnde Fühler man deutlich unterscheidet, so daß der ursprüngliche Embryo die Amme dieser neuen Wesen darstellt. Nun durchbricht die Amme die Eischale, schwimmt eine Zeitlang umher, setzt sich fest und sobald dies geschehen ist, durchbrechen ihrerseits die beiden Jungen die Haut der Amme, welche als Mantel, oder als erste Grundlage der Wurzeln des neuen Polypenstockes zurückbleibt. Die Jungen können sich in diese geborstene Haut, wie in eine Hülle zurückziehen und bald sprossen zu ihrer Seite neue Individuen durch Knospenbildung hervor.
Die Knospenbildung ist, wie schon aus der Formirung von Kolonieen hervorgeht, bei den Moosthieren eine sehr gebräuchliche Art der Fortpflanzung. Es erheben sich bald aus den Wurzelröhren, bald neben den Zellen Knospen, in deren Innerem anfänglich die Flüssigkeit der Leibeshöhlung cirkulirt. An der innern Wand dieser Knospe entsteht ein Wulst, der sich nach und nach ablöst und Höcker hervorsprossen läßt, welche zu den Fangarmen auswachsen, während in dem Innern der Darmkanal sich aushöhlt. Endlich bricht die vordere Mündung der Knospe auf und stellt so die Zelle dar, in welcher das junge Thier steckt. Der Ort, wo die Knospen sich ent- wickeln ist wie bei den Polypen stets ein bestimmter, wodurch die bald baumförmige, bald krustenartige Gestalt des Polypenstockes be- dingt wird.
Die Polypenstöcke der Moosthierchen, die meist sehr klein und unansehnlich sind, finden sich änßerst häufig in süßen Gewässern und in Meeren, auf allen möglichen Gegenständen unter dem Wasser. Nicht minder häufig sind sie in den verschiedenen Schichten der Erde, wo sie besonders vom Jura an sehr bedeutend zunehmen, während in den Uebergangsgebilden nur seltene Repräsentanten dieser Klasse vor- kommen.
und die ſproſſenden Fühler erkennen läßt. Sobald dieſe ſich zeigen, unterſcheidet man auch im Innern den Darmkanal und an dem hin- tern Ende einen zapfenartigen Anhang, mit welchem ſich das junge Moosthier feſtſetzt. Bei andern Gattungen iſt ein weit ſeltſamerer Entwickelungsgang beobachtet worden. Es bildet ſich hier nämlich in jedem Ei ein flimmernder Embryo, in deſſen Innern, während er noch in der Eiſchale ſteckt, ſich zwei junge Moosthierchen entwickeln, deren wirbelnde Fühler man deutlich unterſcheidet, ſo daß der urſprüngliche Embryo die Amme dieſer neuen Weſen darſtellt. Nun durchbricht die Amme die Eiſchale, ſchwimmt eine Zeitlang umher, ſetzt ſich feſt und ſobald dies geſchehen iſt, durchbrechen ihrerſeits die beiden Jungen die Haut der Amme, welche als Mantel, oder als erſte Grundlage der Wurzeln des neuen Polypenſtockes zurückbleibt. Die Jungen können ſich in dieſe geborſtene Haut, wie in eine Hülle zurückziehen und bald ſproſſen zu ihrer Seite neue Individuen durch Knospenbildung hervor.
Die Knospenbildung iſt, wie ſchon aus der Formirung von Kolonieen hervorgeht, bei den Moosthieren eine ſehr gebräuchliche Art der Fortpflanzung. Es erheben ſich bald aus den Wurzelröhren, bald neben den Zellen Knospen, in deren Innerem anfänglich die Flüſſigkeit der Leibeshöhlung cirkulirt. An der innern Wand dieſer Knospe entſteht ein Wulſt, der ſich nach und nach ablöst und Höcker hervorſproſſen läßt, welche zu den Fangarmen auswachſen, während in dem Innern der Darmkanal ſich aushöhlt. Endlich bricht die vordere Mündung der Knospe auf und ſtellt ſo die Zelle dar, in welcher das junge Thier ſteckt. Der Ort, wo die Knospen ſich ent- wickeln iſt wie bei den Polypen ſtets ein beſtimmter, wodurch die bald baumförmige, bald kruſtenartige Geſtalt des Polypenſtockes be- dingt wird.
Die Polypenſtöcke der Moosthierchen, die meiſt ſehr klein und unanſehnlich ſind, finden ſich änßerſt häufig in ſüßen Gewäſſern und in Meeren, auf allen möglichen Gegenſtänden unter dem Waſſer. Nicht minder häufig ſind ſie in den verſchiedenen Schichten der Erde, wo ſie beſonders vom Jura an ſehr bedeutend zunehmen, während in den Uebergangsgebilden nur ſeltene Repräſentanten dieſer Klaſſe vor- kommen.
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und die ſproſſenden Fühler erkennen läßt. Sobald dieſe ſich zeigen,
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tern Ende einen zapfenartigen Anhang, mit welchem ſich das junge
Moosthier feſtſetzt. Bei andern Gattungen iſt ein weit ſeltſamerer
Entwickelungsgang beobachtet worden. Es bildet ſich hier nämlich in
jedem Ei ein flimmernder Embryo, in deſſen Innern, während er noch
in der Eiſchale ſteckt, ſich zwei junge Moosthierchen entwickeln, deren
wirbelnde Fühler man deutlich unterſcheidet, ſo daß der urſprüngliche
Embryo die Amme dieſer neuen Weſen darſtellt. Nun durchbricht die
Amme die Eiſchale, ſchwimmt eine Zeitlang umher, ſetzt ſich feſt und
ſobald dies geſchehen iſt, durchbrechen ihrerſeits die beiden Jungen die
Haut der Amme, welche als Mantel, oder als erſte Grundlage der
Wurzeln des neuen Polypenſtockes zurückbleibt. Die Jungen können
ſich in dieſe geborſtene Haut, wie in eine Hülle zurückziehen und bald
ſproſſen zu ihrer Seite neue Individuen durch Knospenbildung hervor.
Die Knospenbildung iſt, wie ſchon aus der Formirung von
Kolonieen hervorgeht, bei den Moosthieren eine ſehr gebräuchliche
Art der Fortpflanzung. Es erheben ſich bald aus den Wurzelröhren,
bald neben den Zellen Knospen, in deren Innerem anfänglich die
Flüſſigkeit der Leibeshöhlung cirkulirt. An der innern Wand dieſer
Knospe entſteht ein Wulſt, der ſich nach und nach ablöst und Höcker
hervorſproſſen läßt, welche zu den Fangarmen auswachſen, während
in dem Innern der Darmkanal ſich aushöhlt. Endlich bricht die
vordere Mündung der Knospe auf und ſtellt ſo die Zelle dar, in
welcher das junge Thier ſteckt. Der Ort, wo die Knospen ſich ent-
wickeln iſt wie bei den Polypen ſtets ein beſtimmter, wodurch die
bald baumförmige, bald kruſtenartige Geſtalt des Polypenſtockes be-
dingt wird.
Die Polypenſtöcke der Moosthierchen, die meiſt ſehr klein und
unanſehnlich ſind, finden ſich änßerſt häufig in ſüßen Gewäſſern und
in Meeren, auf allen möglichen Gegenſtänden unter dem Waſſer. Nicht
minder häufig ſind ſie in den verſchiedenen Schichten der Erde, wo
ſie beſonders vom Jura an ſehr bedeutend zunehmen, während in den
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/257>, abgerufen am 23.12.2024.
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