Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung] Fig. 233.

Malacobdella.

Wir theilen die Egel in drei Familien. Die
Weichegel (Malacobdellida) schließen sich am Nächsten
den Saugwürmern an. Ihr Körper ist abgeplattet,
vorn stumpf, hinten mit einem großen Saugnapfe
versehen; der Mund weich, unbewaffnet, mit kleinen
Wärzchen besetzt; der Darmkanal gerade, ohne Blind-
säcke und Verzweigungen; das Nervensystem besteht
aus zwei seitlichen Stämmen und zwei seitlichen Schlund-
knoten. Die Geschlechter sind getrennt -- äußere
Begattungswerkzeuge fehlen ganz. Die Zeugungs-
stoffe entwickeln sich in zelligen Kammern der Leibes-
höhle und dringen durch seitliche Oeffnungen derselben
hervor. Die Körperhaut ist halb durchsichtig und
läßt die Eingeweide im Innern erkennen. Es schma-
rotzen diese Egel, von welchen man nur eine Gattung
(Malacobdella) kennt, in der Mantelhöhle verschiedener Meermuscheln,
besonders der Trogmuscheln.

[Abbildung] Fig. 234.

Clepsine hyalina.

Die zweite Familie, diejenige der Rüsselegel
(Clepsinida) hat einen hinten breiten, vorne sehr
schmalen Körper, mit einem breiten, hintern Saug-
napfe, einen vorstreckbaren Rüssel ohne Bewaffnung
und einen mit langen Blinddärmen versehenen Darm-
kanal. Sie leben besonders häufig in süßen Wassern,
wo man sie an Wasserpflanzen kriechend antrifft und
nähren sich vom Blute der Wasserschnecken. Clepsine.

Die Familie der Blutegel (Hirudinida) hat einen
mehr gleichförmig breiten Körper, zuweilen mit deut-
lichen Ringeln und außer dem großen hintern Saug-
napf einen vorderen Mundnapf, welcher bald per-
manent ist, bald auch, wie bei dem medizinischen
Blutegel, durch Ausdehnung der lippenförmigen Um-
gebung des Mundes gebildet werden kann. Der Mund ist stets ohne
Rüssel, bei einigen mit Kiefern bewaffnet, bei andern nur mit einem
fleischigen Wulste versehen. Zu dieser Familie gehört der gewöhnliche
Blutegel (Sanguisuga), in Mitteleuropa, Kleinasien und Ostindien
einheimisch, der zum Blutsaugen am Menschen benutzt wird; der Roß-
egel (Haemopis) und viele auf Fischen (Piscicola) und auf Krebsen
(Branchiobdella) schmarotzenden Würmer. Die meisten Blutegel lauern
im Versteck auf die Thiere, welche zur Tränke kommen, andere heften

15*

[Abbildung] Fig. 233.

Malacobdella.

Wir theilen die Egel in drei Familien. Die
Weichegel (Malacobdellida) ſchließen ſich am Nächſten
den Saugwürmern an. Ihr Körper iſt abgeplattet,
vorn ſtumpf, hinten mit einem großen Saugnapfe
verſehen; der Mund weich, unbewaffnet, mit kleinen
Wärzchen beſetzt; der Darmkanal gerade, ohne Blind-
ſäcke und Verzweigungen; das Nervenſyſtem beſteht
aus zwei ſeitlichen Stämmen und zwei ſeitlichen Schlund-
knoten. Die Geſchlechter ſind getrennt — äußere
Begattungswerkzeuge fehlen ganz. Die Zeugungs-
ſtoffe entwickeln ſich in zelligen Kammern der Leibes-
höhle und dringen durch ſeitliche Oeffnungen derſelben
hervor. Die Körperhaut iſt halb durchſichtig und
läßt die Eingeweide im Innern erkennen. Es ſchma-
rotzen dieſe Egel, von welchen man nur eine Gattung
(Malacobdella) kennt, in der Mantelhöhle verſchiedener Meermuſcheln,
beſonders der Trogmuſcheln.

[Abbildung] Fig. 234.

Clepsine hyalina.

Die zweite Familie, diejenige der Rüſſelegel
(Clepsinida) hat einen hinten breiten, vorne ſehr
ſchmalen Körper, mit einem breiten, hintern Saug-
napfe, einen vorſtreckbaren Rüſſel ohne Bewaffnung
und einen mit langen Blinddärmen verſehenen Darm-
kanal. Sie leben beſonders häufig in ſüßen Waſſern,
wo man ſie an Waſſerpflanzen kriechend antrifft und
nähren ſich vom Blute der Waſſerſchnecken. Clepsine.

Die Familie der Blutegel (Hirudinida) hat einen
mehr gleichförmig breiten Körper, zuweilen mit deut-
lichen Ringeln und außer dem großen hintern Saug-
napf einen vorderen Mundnapf, welcher bald per-
manent iſt, bald auch, wie bei dem mediziniſchen
Blutegel, durch Ausdehnung der lippenförmigen Um-
gebung des Mundes gebildet werden kann. Der Mund iſt ſtets ohne
Rüſſel, bei einigen mit Kiefern bewaffnet, bei andern nur mit einem
fleiſchigen Wulſte verſehen. Zu dieſer Familie gehört der gewöhnliche
Blutegel (Sanguisuga), in Mitteleuropa, Kleinaſien und Oſtindien
einheimiſch, der zum Blutſaugen am Menſchen benutzt wird; der Roß-
egel (Haemopis) und viele auf Fiſchen (Piscicola) und auf Krebſen
(Branchiobdella) ſchmarotzenden Würmer. Die meiſten Blutegel lauern
im Verſteck auf die Thiere, welche zur Tränke kommen, andere heften

15*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0233" n="227"/>
          <figure>
            <head>Fig. 233.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#aq">Malacobdella.</hi> </p>
          </figure><lb/>
          <p>Wir theilen die Egel in drei Familien. Die<lb/><hi rendition="#b">Weichegel</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(Malacobdellida)</hi></hi> &#x017F;chließen &#x017F;ich am Näch&#x017F;ten<lb/>
den Saugwürmern an. Ihr Körper i&#x017F;t abgeplattet,<lb/>
vorn &#x017F;tumpf, hinten mit einem großen Saugnapfe<lb/>
ver&#x017F;ehen; der Mund weich, unbewaffnet, mit kleinen<lb/>
Wärzchen be&#x017F;etzt; der Darmkanal gerade, ohne Blind-<lb/>
&#x017F;äcke und Verzweigungen; das Nerven&#x017F;y&#x017F;tem be&#x017F;teht<lb/>
aus zwei &#x017F;eitlichen Stämmen und zwei &#x017F;eitlichen Schlund-<lb/>
knoten. Die Ge&#x017F;chlechter &#x017F;ind getrennt &#x2014; äußere<lb/>
Begattungswerkzeuge fehlen ganz. Die Zeugungs-<lb/>
&#x017F;toffe entwickeln &#x017F;ich in zelligen Kammern der Leibes-<lb/>
höhle und dringen durch &#x017F;eitliche Oeffnungen der&#x017F;elben<lb/>
hervor. Die Körperhaut i&#x017F;t halb durch&#x017F;ichtig und<lb/>
läßt die Eingeweide im Innern erkennen. Es &#x017F;chma-<lb/>
rotzen die&#x017F;e Egel, von welchen man nur eine Gattung<lb/>
(<hi rendition="#aq">Malacobdella</hi>) kennt, in der Mantelhöhle ver&#x017F;chiedener Meermu&#x017F;cheln,<lb/>
be&#x017F;onders der Trogmu&#x017F;cheln.</p><lb/>
          <figure>
            <head>Fig. 234.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#aq">Clepsine hyalina.</hi> </p>
          </figure><lb/>
          <p>Die zweite Familie, diejenige der <hi rendition="#b">&#x017F;&#x017F;elegel</hi><lb/><hi rendition="#i">(<hi rendition="#aq">Clepsinida</hi>)</hi> hat einen hinten breiten, vorne &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chmalen Körper, mit einem breiten, hintern Saug-<lb/>
napfe, einen vor&#x017F;treckbaren Rü&#x017F;&#x017F;el ohne Bewaffnung<lb/>
und einen mit langen Blinddärmen ver&#x017F;ehenen Darm-<lb/>
kanal. Sie leben be&#x017F;onders häufig in &#x017F;üßen Wa&#x017F;&#x017F;ern,<lb/>
wo man &#x017F;ie an Wa&#x017F;&#x017F;erpflanzen kriechend antrifft und<lb/>
nähren &#x017F;ich vom Blute der Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;chnecken. <hi rendition="#aq">Clepsine.</hi></p><lb/>
          <p>Die Familie der <hi rendition="#b">Blutegel</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(Hirudinida)</hi></hi> hat einen<lb/>
mehr gleichförmig breiten Körper, zuweilen mit deut-<lb/>
lichen Ringeln und außer dem großen hintern Saug-<lb/>
napf einen vorderen Mundnapf, welcher bald per-<lb/>
manent i&#x017F;t, bald auch, wie bei dem medizini&#x017F;chen<lb/>
Blutegel, durch Ausdehnung der lippenförmigen Um-<lb/>
gebung des Mundes gebildet werden kann. Der Mund i&#x017F;t &#x017F;tets ohne<lb/>&#x017F;&#x017F;el, bei einigen mit Kiefern bewaffnet, bei andern nur mit einem<lb/>
flei&#x017F;chigen Wul&#x017F;te ver&#x017F;ehen. Zu die&#x017F;er Familie gehört der gewöhnliche<lb/>
Blutegel (<hi rendition="#aq">Sanguisuga</hi>), in Mitteleuropa, Kleina&#x017F;ien und O&#x017F;tindien<lb/>
einheimi&#x017F;ch, der zum Blut&#x017F;augen am Men&#x017F;chen benutzt wird; der Roß-<lb/>
egel (<hi rendition="#aq">Haemopis</hi>) und viele auf Fi&#x017F;chen (<hi rendition="#aq">Piscicola</hi>) und auf Kreb&#x017F;en<lb/>
(<hi rendition="#aq">Branchiobdella</hi>) &#x017F;chmarotzenden Würmer. Die mei&#x017F;ten Blutegel lauern<lb/>
im Ver&#x017F;teck auf die Thiere, welche zur Tränke kommen, andere heften<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">15*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0233] [Abbildung Fig. 233. Malacobdella. ] Wir theilen die Egel in drei Familien. Die Weichegel (Malacobdellida) ſchließen ſich am Nächſten den Saugwürmern an. Ihr Körper iſt abgeplattet, vorn ſtumpf, hinten mit einem großen Saugnapfe verſehen; der Mund weich, unbewaffnet, mit kleinen Wärzchen beſetzt; der Darmkanal gerade, ohne Blind- ſäcke und Verzweigungen; das Nervenſyſtem beſteht aus zwei ſeitlichen Stämmen und zwei ſeitlichen Schlund- knoten. Die Geſchlechter ſind getrennt — äußere Begattungswerkzeuge fehlen ganz. Die Zeugungs- ſtoffe entwickeln ſich in zelligen Kammern der Leibes- höhle und dringen durch ſeitliche Oeffnungen derſelben hervor. Die Körperhaut iſt halb durchſichtig und läßt die Eingeweide im Innern erkennen. Es ſchma- rotzen dieſe Egel, von welchen man nur eine Gattung (Malacobdella) kennt, in der Mantelhöhle verſchiedener Meermuſcheln, beſonders der Trogmuſcheln. [Abbildung Fig. 234. Clepsine hyalina. ] Die zweite Familie, diejenige der Rüſſelegel (Clepsinida) hat einen hinten breiten, vorne ſehr ſchmalen Körper, mit einem breiten, hintern Saug- napfe, einen vorſtreckbaren Rüſſel ohne Bewaffnung und einen mit langen Blinddärmen verſehenen Darm- kanal. Sie leben beſonders häufig in ſüßen Waſſern, wo man ſie an Waſſerpflanzen kriechend antrifft und nähren ſich vom Blute der Waſſerſchnecken. Clepsine. Die Familie der Blutegel (Hirudinida) hat einen mehr gleichförmig breiten Körper, zuweilen mit deut- lichen Ringeln und außer dem großen hintern Saug- napf einen vorderen Mundnapf, welcher bald per- manent iſt, bald auch, wie bei dem mediziniſchen Blutegel, durch Ausdehnung der lippenförmigen Um- gebung des Mundes gebildet werden kann. Der Mund iſt ſtets ohne Rüſſel, bei einigen mit Kiefern bewaffnet, bei andern nur mit einem fleiſchigen Wulſte verſehen. Zu dieſer Familie gehört der gewöhnliche Blutegel (Sanguisuga), in Mitteleuropa, Kleinaſien und Oſtindien einheimiſch, der zum Blutſaugen am Menſchen benutzt wird; der Roß- egel (Haemopis) und viele auf Fiſchen (Piscicola) und auf Krebſen (Branchiobdella) ſchmarotzenden Würmer. Die meiſten Blutegel lauern im Verſteck auf die Thiere, welche zur Tränke kommen, andere heften 15*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/233
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/233>, abgerufen am 05.12.2024.