Anm.: worauf besagter Herr den einen und dann den andern Fuß neben den Onkel auf's Polster hinüber¬ legt und der Onkel sich sanft beschwert und eine sackgrobe Antwort bekommt.
Mit ritterlich gefälligem Tone fragt mich der junge Mann, ob ich erlaube, daß er das Fenster öffne --
Anm.: welches geschieht und worauf dem Onkel eine Kohlenfaser in's Auge fährt.
Balsamische Morgenluft weht herein, Städte und Dörfer im Sonnenglanze fliegen vorüber, die Schwalben schwirren, die Natur taucht, badet, schwimmt beseligt in sich selbst. Ja, die Natur hat Seele, sie ist doch immer seelisch besagend. Die Natur ist Geistflüsterung, der Mensch Geistsprechung, sie ist Geistduftung, der Mensch Geistblitzung. -- Dieß ist ein Gedanke! Ich zeichne mir ihn in mein Poesiealbum. -- Und nun, du Natur der Natur, goldiger Süden, dufte mir labend entgegen!
Anm.: Sie sucht die mitgenommenen Orangen, der liebe Onkel hat sie versessen.
Wehe! kann wolkenlos kein Himmel bleiben? Das lachende Antlitz der Natur trübt sich, ein Strichregen beginnt zu fallen, sie sinkt sich selbst als weinendes Kind in die Arme. Aber warum so heftig, deine Thränen netzen mich zu stark! ,Ja, bitte, edler junger Mann, schließen Sie das Fenster --'
Anm.: welches eingequollen ist, weßwegen der Onkel mit¬ hilft. Beide drücken und da es rasch nachgibt, stoßen sie die Scheibe hinaus."
Anm.: worauf beſagter Herr den einen und dann den andern Fuß neben den Onkel auf's Polſter hinüber¬ legt und der Onkel ſich ſanft beſchwert und eine ſackgrobe Antwort bekommt.
Mit ritterlich gefälligem Tone fragt mich der junge Mann, ob ich erlaube, daß er das Fenſter öffne —
Anm.: welches geſchieht und worauf dem Onkel eine Kohlenfaſer in's Auge fährt.
Balſamiſche Morgenluft weht herein, Städte und Dörfer im Sonnenglanze fliegen vorüber, die Schwalben ſchwirren, die Natur taucht, badet, ſchwimmt beſeligt in ſich ſelbſt. Ja, die Natur hat Seele, ſie iſt doch immer ſeeliſch beſagend. Die Natur iſt Geiſtflüſterung, der Menſch Geiſtſprechung, ſie iſt Geiſtduftung, der Menſch Geiſtblitzung. — Dieß iſt ein Gedanke! Ich zeichne mir ihn in mein Poeſiealbum. — Und nun, du Natur der Natur, goldiger Süden, dufte mir labend entgegen!
Anm.: Sie ſucht die mitgenommenen Orangen, der liebe Onkel hat ſie verſeſſen.
Wehe! kann wolkenlos kein Himmel bleiben? Das lachende Antlitz der Natur trübt ſich, ein Strichregen beginnt zu fallen, ſie ſinkt ſich ſelbſt als weinendes Kind in die Arme. Aber warum ſo heftig, deine Thränen netzen mich zu ſtark! ‚Ja, bitte, edler junger Mann, ſchließen Sie das Fenſter —‘
Anm.: welches eingequollen iſt, weßwegen der Onkel mit¬ hilft. Beide drücken und da es raſch nachgibt, ſtoßen ſie die Scheibe hinaus.“
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Anm.: worauf beſagter Herr den einen und dann den
andern Fuß neben den Onkel auf's Polſter hinüber¬
legt und der Onkel ſich ſanft beſchwert und eine
ſackgrobe Antwort bekommt.
Mit ritterlich gefälligem Tone fragt mich der junge
Mann, ob ich erlaube, daß er das Fenſter öffne —
Anm.: welches geſchieht und worauf dem Onkel eine
Kohlenfaſer in's Auge fährt.
Balſamiſche Morgenluft weht herein, Städte und
Dörfer im Sonnenglanze fliegen vorüber, die Schwalben
ſchwirren, die Natur taucht, badet, ſchwimmt beſeligt
in ſich ſelbſt. Ja, die Natur hat Seele, ſie iſt doch
immer ſeeliſch beſagend. Die Natur iſt Geiſtflüſterung,
der Menſch Geiſtſprechung, ſie iſt Geiſtduftung, der
Menſch Geiſtblitzung. — Dieß iſt ein Gedanke! Ich zeichne
mir ihn in mein Poeſiealbum. — Und nun, du Natur
der Natur, goldiger Süden, dufte mir labend entgegen!
Anm.: Sie ſucht die mitgenommenen Orangen, der liebe
Onkel hat ſie verſeſſen.
Wehe! kann wolkenlos kein Himmel bleiben? Das
lachende Antlitz der Natur trübt ſich, ein Strichregen
beginnt zu fallen, ſie ſinkt ſich ſelbſt als weinendes
Kind in die Arme. Aber warum ſo heftig, deine
Thränen netzen mich zu ſtark! ‚Ja, bitte, edler junger
Mann, ſchließen Sie das Fenſter —‘
Anm.: welches eingequollen iſt, weßwegen der Onkel mit¬
hilft. Beide drücken und da es raſch nachgibt,
ſtoßen ſie die Scheibe hinaus.“
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/96>, abgerufen am 27.11.2024.
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