muß ich dieß Sensorium haben, daß mich ihr Loos so bekümmert, mich nicht schlafen läßt? Die breiige Föhnluft ihres dumpfen Vorstellungslebens versetzt mir den Athem und wenn sie die Fenster aufreißt und die tollen Windstöße verkehrten, abstrakten, fanatischen Ideen¬ zugs hereinläßt, so bestürzt mich für sie die pneumatische Grippe. O Elend! O Leiden des Mitleids, das nicht rathen, nicht helfen kann! Ich habe Stunden, wo ich die träge Seele beneide, die ihr Stück Käs in Ruhe verzehrt. Bis unter die Nägel brennt mich's, bis in die Zehen durchzuckt mich's. Dann veracht' ich mich wieder, daß ich, ich mit den dunklen Flecken auf meinem Leben, ich vor mir poche, gar ein Jesus patibilis zu sein! Ach, es ist Zeit, daß ein Ende werde! Nehmt mich, wiegt mich, lüftet mir die Brust, singet den Schlaflosen in Schlaf, gute Geister, wo ihr schweben mögt, in Lüften oder im Meeresschooß! Macht's gnädig, führt mich noch in eine Reinheit, eine Klarheit und laßt in Ehren mich enden. -- Gute Geister! Einen weiß ich. Zu ihm seufze ich, rufe ich, wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser.
Was? Was war das? Welcher Abgrund sendet mir das? -- Bist du da -- dieß Bild? -- Engel und Boten des Himmels, steht mir bei! -- Unter den Lustwandelnden auf Corso Garibaldi. -- Nur etwas
muß ich dieß Senſorium haben, daß mich ihr Loos ſo bekümmert, mich nicht ſchlafen läßt? Die breiige Föhnluft ihres dumpfen Vorſtellungslebens verſetzt mir den Athem und wenn ſie die Fenſter aufreißt und die tollen Windſtöße verkehrten, abſtrakten, fanatiſchen Ideen¬ zugs hereinläßt, ſo beſtürzt mich für ſie die pneumatiſche Grippe. O Elend! O Leiden des Mitleids, das nicht rathen, nicht helfen kann! Ich habe Stunden, wo ich die träge Seele beneide, die ihr Stück Käs in Ruhe verzehrt. Bis unter die Nägel brennt mich's, bis in die Zehen durchzuckt mich's. Dann veracht' ich mich wieder, daß ich, ich mit den dunklen Flecken auf meinem Leben, ich vor mir poche, gar ein Jesus patibilis zu ſein! Ach, es iſt Zeit, daß ein Ende werde! Nehmt mich, wiegt mich, lüftet mir die Bruſt, ſinget den Schlafloſen in Schlaf, gute Geiſter, wo ihr ſchweben mögt, in Lüften oder im Meeresſchooß! Macht's gnädig, führt mich noch in eine Reinheit, eine Klarheit und laßt in Ehren mich enden. — Gute Geiſter! Einen weiß ich. Zu ihm ſeufze ich, rufe ich, wie der Hirſch ſchreit nach friſchem Waſſer.
Was? Was war das? Welcher Abgrund ſendet mir das? — Biſt du da — dieß Bild? — Engel und Boten des Himmels, ſteht mir bei! — Unter den Luſtwandelnden auf Corſo Garibaldi. — Nur etwas
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muß ich dieß Senſorium haben, daß mich ihr Loos
ſo bekümmert, mich nicht ſchlafen läßt? Die breiige
Föhnluft ihres dumpfen Vorſtellungslebens verſetzt mir
den Athem und wenn ſie die Fenſter aufreißt und die
tollen Windſtöße verkehrten, abſtrakten, fanatiſchen Ideen¬
zugs hereinläßt, ſo beſtürzt mich für ſie die pneumatiſche
Grippe. O Elend! O Leiden des Mitleids, das nicht
rathen, nicht helfen kann! Ich habe Stunden, wo ich
die träge Seele beneide, die ihr Stück Käs in Ruhe
verzehrt. Bis unter die Nägel brennt mich's, bis in
die Zehen durchzuckt mich's. Dann veracht' ich mich
wieder, daß ich, ich mit den dunklen Flecken auf meinem
Leben, ich vor mir poche, gar ein Jesus patibilis
zu ſein! Ach, es iſt Zeit, daß ein Ende werde!
Nehmt mich, wiegt mich, lüftet mir die Bruſt, ſinget
den Schlafloſen in Schlaf, gute Geiſter, wo ihr ſchweben
mögt, in Lüften oder im Meeresſchooß! Macht's gnädig,
führt mich noch in eine Reinheit, eine Klarheit und
laßt in Ehren mich enden. — Gute Geiſter! Einen
weiß ich. Zu ihm ſeufze ich, rufe ich, wie der Hirſch
ſchreit nach friſchem Waſſer.
Was? Was war das? Welcher Abgrund ſendet
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/418>, abgerufen am 27.11.2024.
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