wenn ich ihr Freund, nur ihr Freund wäre, sonst nichts, -- vielleicht nach dem Freund sehnt sie sich trotzdem, aber -- es bleibt dabei, es darf nicht sein.
Habe das Dienstmädchen der Muhme umlaufen sehen, schien eilig zu suchen, mich zu erkennen, ver¬ doppelt ihre Schritte -- sie soll mich nicht finden!
Verborgen im Gedräng der Anbeter in der Kuppel¬ kirche. -- Dumpfe, stumpfe Wahnsinnige, Zerrbilder der Menschheit, die ihr da das Bethäuschen des heiligen Franziskus anplärrt, das Rosenwunder anglotzt! -- Und doch Wahnsinn -- Wahnsinn des Sehnens auch in mir -- Madonna degli angioli!
Hier ist es am besten, in diesem ganz einsamen Hochthal oben hinter dem Kastell. Dieß Thal und ich, wir verstehen uns und es verräth mich nicht. Es ist, als ob diese fast baumlosen Senkungen die wehmüthigen Gedanken schon manches stillen Menschen eingesogen hätten, dessen Seele wohl still war, weil sie auch zu laut war, wie die meinige. Ihr habt wohl auch schon leises Schluchzen gehört, verschwiegene Gelände. -- Hier bleibe ich bis zur Nacht, dann die
wenn ich ihr Freund, nur ihr Freund wäre, ſonſt nichts, — vielleicht nach dem Freund ſehnt ſie ſich trotzdem, aber — es bleibt dabei, es darf nicht ſein.
Habe das Dienſtmädchen der Muhme umlaufen ſehen, ſchien eilig zu ſuchen, mich zu erkennen, ver¬ doppelt ihre Schritte — ſie ſoll mich nicht finden!
Verborgen im Gedräng der Anbeter in der Kuppel¬ kirche. — Dumpfe, ſtumpfe Wahnſinnige, Zerrbilder der Menſchheit, die ihr da das Bethäuschen des heiligen Franziskus anplärrt, das Roſenwunder anglotzt! — Und doch Wahnſinn — Wahnſinn des Sehnens auch in mir — Madonna degli angioli!
Hier iſt es am beſten, in dieſem ganz einſamen Hochthal oben hinter dem Kaſtell. Dieß Thal und ich, wir verſtehen uns und es verräth mich nicht. Es iſt, als ob dieſe faſt baumloſen Senkungen die wehmüthigen Gedanken ſchon manches ſtillen Menſchen eingeſogen hätten, deſſen Seele wohl ſtill war, weil ſie auch zu laut war, wie die meinige. Ihr habt wohl auch ſchon leiſes Schluchzen gehört, verſchwiegene Gelände. — Hier bleibe ich bis zur Nacht, dann die
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wenn ich ihr Freund, nur ihr Freund wäre, ſonſt
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trotzdem, aber — es bleibt dabei, es darf nicht ſein.
Habe das Dienſtmädchen der Muhme umlaufen
ſehen, ſchien eilig zu ſuchen, mich zu erkennen, ver¬
doppelt ihre Schritte — ſie ſoll mich nicht finden!
Verborgen im Gedräng der Anbeter in der Kuppel¬
kirche. — Dumpfe, ſtumpfe Wahnſinnige, Zerrbilder
der Menſchheit, die ihr da das Bethäuschen des heiligen
Franziskus anplärrt, das Roſenwunder anglotzt! —
Und doch Wahnſinn — Wahnſinn des Sehnens auch
in mir — Madonna degli angioli!
Hier iſt es am beſten, in dieſem ganz einſamen
Hochthal oben hinter dem Kaſtell. Dieß Thal und
ich, wir verſtehen uns und es verräth mich nicht.
Es iſt, als ob dieſe faſt baumloſen Senkungen die
wehmüthigen Gedanken ſchon manches ſtillen Menſchen
eingeſogen hätten, deſſen Seele wohl ſtill war, weil
ſie auch zu laut war, wie die meinige. Ihr habt
wohl auch ſchon leiſes Schluchzen gehört, verſchwiegene
Gelände. — Hier bleibe ich bis zur Nacht, dann die
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/343>, abgerufen am 23.11.2024.
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