willen ist schändlicherweise sein Name ein Schimpfwort geworden.
Wie oft in Gesellschaft, die sich für so recht ge¬ bildet und interessant hält, bei all' dem Gerede und Feinthun seufze ich innerlich: wenn doch nur ein Hund da wäre!
Alle und jede, die in dieser arsenikalischen Zeit noch nicht so stark an Blutvergiftung leiden, daß sie nicht durch strenge Diät noch rettbar wären, sollte man einsperren und zwingen, den Homer zu lesen mit guter Anleitung, und zwar so oft, so lang, bis sie ihn aus¬ wendig wissen. Dann könnte man sie frei lassen. Ver¬ dorbene, ironisch Durchsäuerte, Blasirte, die nur Ver¬ pfeffertes, Muffiges lesen können, sollte man auf Zeitlebens einsetzen mit keiner andern Lektüre als Homer: gute Höllenstrafe.
Ich muß mir mit Anstrengung immer wieder sagen: vergiß nicht, das Gemeine und Schlechte spielt breit auf der Oberfläche, ist haußen auf dem offenen Markte, still in ihren vier Wänden sitzen noch gewissenhafte Beamte, Gelehrte, Künstler, in ihren Werkstätten Hand¬
willen iſt ſchändlicherweiſe ſein Name ein Schimpfwort geworden.
Wie oft in Geſellſchaft, die ſich für ſo recht ge¬ bildet und intereſſant hält, bei all' dem Gerede und Feinthun ſeufze ich innerlich: wenn doch nur ein Hund da wäre!
Alle und jede, die in dieſer arſenikaliſchen Zeit noch nicht ſo ſtark an Blutvergiftung leiden, daß ſie nicht durch ſtrenge Diät noch rettbar wären, ſollte man einſperren und zwingen, den Homer zu leſen mit guter Anleitung, und zwar ſo oft, ſo lang, bis ſie ihn aus¬ wendig wiſſen. Dann könnte man ſie frei laſſen. Ver¬ dorbene, ironiſch Durchſäuerte, Blaſirte, die nur Ver¬ pfeffertes, Muffiges leſen können, ſollte man auf Zeitlebens einſetzen mit keiner andern Lektüre als Homer: gute Höllenſtrafe.
Ich muß mir mit Anſtrengung immer wieder ſagen: vergiß nicht, das Gemeine und Schlechte ſpielt breit auf der Oberfläche, iſt haußen auf dem offenen Markte, ſtill in ihren vier Wänden ſitzen noch gewiſſenhafte Beamte, Gelehrte, Künſtler, in ihren Werkſtätten Hand¬
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willen iſt ſchändlicherweiſe ſein Name ein Schimpfwort
geworden.
Wie oft in Geſellſchaft, die ſich für ſo recht ge¬
bildet und intereſſant hält, bei all' dem Gerede und
Feinthun ſeufze ich innerlich: wenn doch nur ein Hund
da wäre!
Alle und jede, die in dieſer arſenikaliſchen Zeit
noch nicht ſo ſtark an Blutvergiftung leiden, daß ſie
nicht durch ſtrenge Diät noch rettbar wären, ſollte man
einſperren und zwingen, den Homer zu leſen mit guter
Anleitung, und zwar ſo oft, ſo lang, bis ſie ihn aus¬
wendig wiſſen. Dann könnte man ſie frei laſſen. Ver¬
dorbene, ironiſch Durchſäuerte, Blaſirte, die nur Ver¬
pfeffertes, Muffiges leſen können, ſollte man auf
Zeitlebens einſetzen mit keiner andern Lektüre als Homer:
gute Höllenſtrafe.
Ich muß mir mit Anſtrengung immer wieder ſagen:
vergiß nicht, das Gemeine und Schlechte ſpielt breit
auf der Oberfläche, iſt haußen auf dem offenen Markte,
ſtill in ihren vier Wänden ſitzen noch gewiſſenhafte
Beamte, Gelehrte, Künſtler, in ihren Werkſtätten Hand¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/291>, abgerufen am 25.11.2024.
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