Deckenbildern da und dort eine Form, eine Bewegung abstoßend, ungereimt; sonst -- ich bin wohl nicht der Letzte, der die wahre Großheit hier und das mystisch tiefaufglühende Feuer fühlt, dieß abgrundtiefe Brüten dieß sausende Wehen, dieß zuckende Außersichsein des tiefsten Insichseins der Ahnung. Ich bleibe aber eben bei meinem Raphael, obwohl ich seine Achillesferse nun auch kenne, bleibe bei ihm, weil man von keinem Künstler in der Welt so sagen kann: was er gemacht, ist schön; -- weiß wohl, was man dagegen hat: wird gar noch eine Zeit kommen, wo ein Künstler nichts mehr gilt, wenn er Schönes bildet. Pathologisch fühlen? Es sei darum! -- -- ich muß noch einmal hinauf nach Florenz zur Madonna del Granduca -- dann auch vielleicht wieder nach Perugia. --
Nein! besser nicht! -- Hinauf nach Pietro in Montorio! Dort noch einmal die Abendbeleuchtung! -- Zuerst Purpurglut, wie flammt sie über Kapitol, Forum, Palatinus, Kolosseum! Breite ihn, breite ihn, scheidende Sonne, den Kaisermantel über die ewige Stadt, steiget auf im Feuermeer, ihr Riesengeister, die ihr um diese Trümmer schwebt! -- Vergiß nicht, Seele, Rom war die Geschichte, Rom war die Welt. Hörst du den wunderbaren Klang in den Lüften? Stimmen der alten Tage, Klagelaut versunkener Götter.
Deckenbildern da und dort eine Form, eine Bewegung abſtoßend, ungereimt; ſonſt — ich bin wohl nicht der Letzte, der die wahre Großheit hier und das myſtiſch tiefaufglühende Feuer fühlt, dieß abgrundtiefe Brüten dieß ſauſende Wehen, dieß zuckende Außerſichſein des tiefſten Inſichſeins der Ahnung. Ich bleibe aber eben bei meinem Raphael, obwohl ich ſeine Achillesferſe nun auch kenne, bleibe bei ihm, weil man von keinem Künſtler in der Welt ſo ſagen kann: was er gemacht, iſt ſchön; — weiß wohl, was man dagegen hat: wird gar noch eine Zeit kommen, wo ein Künſtler nichts mehr gilt, wenn er Schönes bildet. Pathologiſch fühlen? Es ſei darum! — — ich muß noch einmal hinauf nach Florenz zur Madonna del Granduca — dann auch vielleicht wieder nach Perugia. —
Nein! beſſer nicht! — Hinauf nach Pietro in Montorio! Dort noch einmal die Abendbeleuchtung! — Zuerſt Purpurglut, wie flammt ſie über Kapitol, Forum, Palatinus, Koloſſeum! Breite ihn, breite ihn, ſcheidende Sonne, den Kaiſermantel über die ewige Stadt, ſteiget auf im Feuermeer, ihr Rieſengeiſter, die ihr um dieſe Trümmer ſchwebt! — Vergiß nicht, Seele, Rom war die Geſchichte, Rom war die Welt. Hörſt du den wunderbaren Klang in den Lüften? Stimmen der alten Tage, Klagelaut verſunkener Götter.
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Deckenbildern da und dort eine Form, eine Bewegung
abſtoßend, ungereimt; ſonſt — ich bin wohl nicht der
Letzte, der die wahre Großheit hier und das myſtiſch
tiefaufglühende Feuer fühlt, dieß abgrundtiefe Brüten
dieß ſauſende Wehen, dieß zuckende Außerſichſein des
tiefſten Inſichſeins der Ahnung. Ich bleibe aber eben
bei meinem Raphael, obwohl ich ſeine Achillesferſe
nun auch kenne, bleibe bei ihm, weil man von keinem
Künſtler in der Welt ſo ſagen kann: was er gemacht,
iſt ſchön; — weiß wohl, was man dagegen hat: wird
gar noch eine Zeit kommen, wo ein Künſtler nichts
mehr gilt, wenn er Schönes bildet. Pathologiſch
fühlen? Es ſei darum! — — ich muß noch einmal
hinauf nach Florenz zur Madonna del Granduca —
dann auch vielleicht wieder nach Perugia. —
Nein! beſſer nicht! — Hinauf nach Pietro in
Montorio! Dort noch einmal die Abendbeleuchtung!
— Zuerſt Purpurglut, wie flammt ſie über Kapitol,
Forum, Palatinus, Koloſſeum! Breite ihn, breite
ihn, ſcheidende Sonne, den Kaiſermantel über die ewige
Stadt, ſteiget auf im Feuermeer, ihr Rieſengeiſter, die
ihr um dieſe Trümmer ſchwebt! — Vergiß nicht,
Seele, Rom war die Geſchichte, Rom war die Welt.
Hörſt du den wunderbaren Klang in den Lüften?
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/282>, abgerufen am 26.11.2024.
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