dieß bischen Angst gegen jene Geisterbangigkeit drüben, so lang ich in den Banden war! Etwas Beklemmung vor Fleisch und Blut, was will das heißen gegen die Seel' und Leib zusammenschnürende Gespensterangst! Und wie viel leichter zu bezwingen! -- Ich will mich gut halten. Sie haben mich zum Offizier gemacht, habe das Mögliche gethan, sie einzuüben, zu ordnen. Meine alte Vorliebe zum Soldatenwesen kommt mir jetzt zu gute.
Kiel. *) Wieder einmal ein Koboldstreich der Dä¬ monen. Ich hatte den Kerl so richtig auf's Korn ge¬ nommen, muß mir der gute Stutzen versagen! -- Kann eben noch den Säbel ziehen und pariren, doch der Pallasch ist stärker und nun mit dem zerhauenen Arm unbrauchbar! -- Doch was will mein kleines Leiden sagen -- da lagen sie, die Blüte des Landes -- hingemäht! Ich hatte Freunde gewonnen in den wenigen Wochen. Dieser Karl, ein Jüngling wie ein Siegfried, da sank er neben mir, reicht mir noch seine Büchse, da er den Dragoner auf mich herjagen sieht; sein letzter Blick, im Tode brechend, ich werd' ihn nie vergessen.
*) Unsichere Züge, sichtbar mit der Linken geschrieben. Anm. d. Herausg.
dieß bischen Angſt gegen jene Geiſterbangigkeit drüben, ſo lang ich in den Banden war! Etwas Beklemmung vor Fleiſch und Blut, was will das heißen gegen die Seel' und Leib zuſammenſchnürende Geſpenſterangſt! Und wie viel leichter zu bezwingen! — Ich will mich gut halten. Sie haben mich zum Offizier gemacht, habe das Mögliche gethan, ſie einzuüben, zu ordnen. Meine alte Vorliebe zum Soldatenweſen kommt mir jetzt zu gute.
Kiel. *) Wieder einmal ein Koboldſtreich der Dä¬ monen. Ich hatte den Kerl ſo richtig auf's Korn ge¬ nommen, muß mir der gute Stutzen verſagen! — Kann eben noch den Säbel ziehen und pariren, doch der Pallaſch iſt ſtärker und nun mit dem zerhauenen Arm unbrauchbar! — Doch was will mein kleines Leiden ſagen — da lagen ſie, die Blüte des Landes — hingemäht! Ich hatte Freunde gewonnen in den wenigen Wochen. Dieſer Karl, ein Jüngling wie ein Siegfried, da ſank er neben mir, reicht mir noch ſeine Büchſe, da er den Dragoner auf mich herjagen ſieht; ſein letzter Blick, im Tode brechend, ich werd' ihn nie vergeſſen.
*) Unſichere Züge, ſichtbar mit der Linken geſchrieben. Anm. d. Herausg.
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0223"n="210"/>
dieß bischen Angſt gegen jene Geiſterbangigkeit drüben,<lb/>ſo lang ich in den Banden war! Etwas Beklemmung<lb/>
vor Fleiſch und Blut, was will das heißen gegen die<lb/>
Seel' und Leib zuſammenſchnürende Geſpenſterangſt!<lb/>
Und wie viel leichter zu bezwingen! — Ich will mich<lb/>
gut halten. Sie haben mich zum Offizier gemacht,<lb/>
habe das Mögliche gethan, ſie einzuüben, zu ordnen.<lb/>
Meine alte Vorliebe zum Soldatenweſen kommt mir<lb/>
jetzt zu gute.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#g">Kiel</hi>. <noteplace="foot"n="*)"><p>Unſichere Züge, ſichtbar mit der Linken geſchrieben.</p><lb/><prendition="#right">Anm. d. Herausg.</p><lb/></note> Wieder einmal ein Koboldſtreich der Dä¬<lb/>
monen. Ich hatte den Kerl ſo richtig auf's Korn ge¬<lb/>
nommen, muß mir der gute Stutzen verſagen! —<lb/>
Kann eben noch den Säbel ziehen und pariren, doch<lb/>
der Pallaſch iſt ſtärker und nun mit dem zerhauenen<lb/>
Arm unbrauchbar! — Doch was will mein kleines<lb/>
Leiden ſagen — da lagen ſie, die Blüte des Landes<lb/>— hingemäht! Ich hatte Freunde gewonnen in den<lb/>
wenigen Wochen. Dieſer Karl, ein Jüngling wie ein<lb/>
Siegfried, da ſank er neben mir, reicht mir noch ſeine<lb/>
Büchſe, da er den Dragoner auf mich herjagen ſieht;<lb/>ſein letzter Blick, im Tode brechend, ich werd' ihn nie<lb/>
vergeſſen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[210/0223]
dieß bischen Angſt gegen jene Geiſterbangigkeit drüben,
ſo lang ich in den Banden war! Etwas Beklemmung
vor Fleiſch und Blut, was will das heißen gegen die
Seel' und Leib zuſammenſchnürende Geſpenſterangſt!
Und wie viel leichter zu bezwingen! — Ich will mich
gut halten. Sie haben mich zum Offizier gemacht,
habe das Mögliche gethan, ſie einzuüben, zu ordnen.
Meine alte Vorliebe zum Soldatenweſen kommt mir
jetzt zu gute.
Kiel. *) Wieder einmal ein Koboldſtreich der Dä¬
monen. Ich hatte den Kerl ſo richtig auf's Korn ge¬
nommen, muß mir der gute Stutzen verſagen! —
Kann eben noch den Säbel ziehen und pariren, doch
der Pallaſch iſt ſtärker und nun mit dem zerhauenen
Arm unbrauchbar! — Doch was will mein kleines
Leiden ſagen — da lagen ſie, die Blüte des Landes
— hingemäht! Ich hatte Freunde gewonnen in den
wenigen Wochen. Dieſer Karl, ein Jüngling wie ein
Siegfried, da ſank er neben mir, reicht mir noch ſeine
Büchſe, da er den Dragoner auf mich herjagen ſieht;
ſein letzter Blick, im Tode brechend, ich werd' ihn nie
vergeſſen.
*) Unſichere Züge, ſichtbar mit der Linken geſchrieben.
Anm. d. Herausg.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/223>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.