der Fieberträume, in's Land des Bangens und der Folterqual? -- Ich erwache vom Schlummer. Weiche Hände an meinem Haupt, ein feuchtes Tuch auflegend, ich fühle so eine sanfte Kühle um meine heiße Stirn --, über mich gebeugt eine schlanke Gestalt -- flüstert mir zu: "Stille halten, ruhig bleiben, fortschlummern" -- sie geht hinweg -- mit Schritten -- nicht Schritten -- berührt sie den Boden? -- Mildes Dämmerlicht im getäfelten Zimmer, gedämpfter, warmgelber Schein der Abendsonne --
Ich nickte wieder ein -- seliger Traum -- Traum wie Raphael's, als er seine Sixtina träumte -- Augen weich beflort, -- in beschatteter Höhle aufdämmernd, -- so menschlich gut und so fremd himmlisch -- sagen -- was sagen sie? Das faßt kein sterblich Wort, das nennt keine Zunge, wie es dort ist in jenen Gefilden -- selig -- Gefilde der Güte, des Friedens -- so sagen diese Augen. Was stammle ich? Wer bin ich?
Es ist ein Wesen von Fleisch und Blut. Erik's junges Weib, und heißt Cordelia. Er hat sie an der Hand mir an mein Qualenlager geführt. Da ist mir wieder Alles eingefallen -- "Ja, ja! -- berührt mich nicht," rief ich, -- "mir keine Hand -- in die Hölle
der Fieberträume, in's Land des Bangens und der Folterqual? — Ich erwache vom Schlummer. Weiche Hände an meinem Haupt, ein feuchtes Tuch auflegend, ich fühle ſo eine ſanfte Kühle um meine heiße Stirn —, über mich gebeugt eine ſchlanke Geſtalt — flüſtert mir zu: „Stille halten, ruhig bleiben, fortſchlummern“ — ſie geht hinweg — mit Schritten — nicht Schritten — berührt ſie den Boden? — Mildes Dämmerlicht im getäfelten Zimmer, gedämpfter, warmgelber Schein der Abendſonne —
Ich nickte wieder ein — ſeliger Traum — Traum wie Raphael's, als er ſeine Sixtina träumte — Augen weich beflort, — in beſchatteter Höhle aufdämmernd, — ſo menſchlich gut und ſo fremd himmliſch — ſagen — was ſagen ſie? Das faßt kein ſterblich Wort, das nennt keine Zunge, wie es dort iſt in jenen Gefilden — ſelig — Gefilde der Güte, des Friedens — ſo ſagen dieſe Augen. Was ſtammle ich? Wer bin ich?
Es iſt ein Weſen von Fleiſch und Blut. Erik's junges Weib, und heißt Cordelia. Er hat ſie an der Hand mir an mein Qualenlager geführt. Da iſt mir wieder Alles eingefallen — „Ja, ja! — berührt mich nicht,“ rief ich, — „mir keine Hand — in die Hölle
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0219"n="206"/>
der Fieberträume, in's Land des Bangens und der<lb/>
Folterqual? — Ich erwache vom Schlummer. Weiche<lb/>
Hände an meinem Haupt, ein feuchtes Tuch auflegend,<lb/>
ich fühle ſo eine ſanfte Kühle um meine heiße Stirn —,<lb/>
über mich gebeugt eine ſchlanke Geſtalt — flüſtert mir<lb/>
zu: „Stille halten, ruhig bleiben, fortſchlummern“—<lb/>ſie geht hinweg — mit Schritten — nicht Schritten<lb/>— berührt ſie den Boden? — Mildes Dämmerlicht<lb/>
im getäfelten Zimmer, gedämpfter, warmgelber Schein<lb/>
der Abendſonne —</p><lb/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Ich nickte wieder ein —ſeliger Traum — Traum<lb/>
wie Raphael's, als er ſeine Sixtina träumte — Augen<lb/>
weich beflort, — in beſchatteter Höhle aufdämmernd,<lb/>—ſo menſchlich gut und ſo fremd himmliſch —ſagen<lb/>— was ſagen ſie? Das faßt kein ſterblich Wort, das<lb/>
nennt keine Zunge, wie es dort iſt in jenen Gefilden<lb/>—ſelig — Gefilde der Güte, des Friedens —ſo<lb/>ſagen dieſe Augen. Was ſtammle ich? Wer bin ich?</p><lb/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Es iſt ein Weſen von Fleiſch und Blut. Erik's<lb/>
junges Weib, und heißt Cordelia. Er hat ſie an der<lb/>
Hand mir an mein Qualenlager geführt. Da iſt mir<lb/>
wieder Alles eingefallen —„Ja, ja! — berührt mich<lb/>
nicht,“ rief ich, —„mir keine Hand — in die Hölle<lb/></p></div></body></text></TEI>
[206/0219]
der Fieberträume, in's Land des Bangens und der
Folterqual? — Ich erwache vom Schlummer. Weiche
Hände an meinem Haupt, ein feuchtes Tuch auflegend,
ich fühle ſo eine ſanfte Kühle um meine heiße Stirn —,
über mich gebeugt eine ſchlanke Geſtalt — flüſtert mir
zu: „Stille halten, ruhig bleiben, fortſchlummern“ —
ſie geht hinweg — mit Schritten — nicht Schritten
— berührt ſie den Boden? — Mildes Dämmerlicht
im getäfelten Zimmer, gedämpfter, warmgelber Schein
der Abendſonne —
Ich nickte wieder ein — ſeliger Traum — Traum
wie Raphael's, als er ſeine Sixtina träumte — Augen
weich beflort, — in beſchatteter Höhle aufdämmernd,
— ſo menſchlich gut und ſo fremd himmliſch — ſagen
— was ſagen ſie? Das faßt kein ſterblich Wort, das
nennt keine Zunge, wie es dort iſt in jenen Gefilden
— ſelig — Gefilde der Güte, des Friedens — ſo
ſagen dieſe Augen. Was ſtammle ich? Wer bin ich?
Es iſt ein Weſen von Fleiſch und Blut. Erik's
junges Weib, und heißt Cordelia. Er hat ſie an der
Hand mir an mein Qualenlager geführt. Da iſt mir
wieder Alles eingefallen — „Ja, ja! — berührt mich
nicht,“ rief ich, — „mir keine Hand — in die Hölle
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/219>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.