lied. Es schmetterte wie Nachtigallenschlag in die Nacht und dann klang's wieder wie Drohen und Hohn dunkler Meergeister und wieder wie Mitleid, o, wie Klage der Okeaniden, die den gefesselten Prometheus beweinen, -- ach, dieß Weib ist doch entzückend!
Dyring krank. Sie viel mit Arnhelm allein. Eigentlich nicht hingewollt. Aber es zog mich eben doch. War mir schwül zu Muthe. Doch eben Sehn¬ sucht! Sehnsucht -- Und -- gefunden in Arnhelm's Arm -- des Knaben -- heiß! heiß! -- O, jetzt fort, fort, hinweg aus der Hölle!
Geschlagen habe ich sie! Aber -- o Schmach! dann -- Wie ich sie so gefunden, stürze ich zuerst schweigend fort, kehre nach kurzem Gang wieder um, treffe sie jetzt allein, trete vor sie, sag' ihr die Wahrheit; Metze hab' ich sie genannt. Wie ein schöner gefleckter Panther springt sie gegen mich auf, stößt etwas heraus vom Rechte des freien Weibs -- ich packe sie an den Schultern -- sie thut einen schüttelnden Ruck mit solcher Brunhildenkraft, daß ich zur Seite schwankend den Kopf an einen Schrank schlage ("daz ihm sin Houbet lute an eime Schamel erklank"), jetzt muß ich
lied. Es ſchmetterte wie Nachtigallenſchlag in die Nacht und dann klang's wieder wie Drohen und Hohn dunkler Meergeiſter und wieder wie Mitleid, o, wie Klage der Okeaniden, die den gefeſſelten Prometheus beweinen, — ach, dieß Weib iſt doch entzückend!
Dyring krank. Sie viel mit Arnhelm allein. Eigentlich nicht hingewollt. Aber es zog mich eben doch. War mir ſchwül zu Muthe. Doch eben Sehn¬ ſucht! Sehnſucht — Und — gefunden in Arnhelm's Arm — des Knaben — heiß! heiß! — O, jetzt fort, fort, hinweg aus der Hölle!
Geſchlagen habe ich ſie! Aber — o Schmach! dann — Wie ich ſie ſo gefunden, ſtürze ich zuerſt ſchweigend fort, kehre nach kurzem Gang wieder um, treffe ſie jetzt allein, trete vor ſie, ſag' ihr die Wahrheit; Metze hab' ich ſie genannt. Wie ein ſchöner gefleckter Panther ſpringt ſie gegen mich auf, ſtößt etwas heraus vom Rechte des freien Weibs — ich packe ſie an den Schultern — ſie thut einen ſchüttelnden Ruck mit ſolcher Brunhildenkraft, daß ich zur Seite ſchwankend den Kopf an einen Schrank ſchlage („daz ihm ſin Houbet lute an eime Schamel erklank“), jetzt muß ich
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lied. Es ſchmetterte wie Nachtigallenſchlag in die
Nacht und dann klang's wieder wie Drohen und
Hohn dunkler Meergeiſter und wieder wie Mitleid,
o, wie Klage der Okeaniden, die den gefeſſelten
Prometheus beweinen, — ach, dieß Weib iſt doch
entzückend!
Dyring krank. Sie viel mit Arnhelm allein.
Eigentlich nicht hingewollt. Aber es zog mich eben
doch. War mir ſchwül zu Muthe. Doch eben Sehn¬
ſucht! Sehnſucht — Und — gefunden in Arnhelm's
Arm — des Knaben — heiß! heiß! — O, jetzt fort,
fort, hinweg aus der Hölle!
Geſchlagen habe ich ſie! Aber — o Schmach!
dann — Wie ich ſie ſo gefunden, ſtürze ich zuerſt
ſchweigend fort, kehre nach kurzem Gang wieder um,
treffe ſie jetzt allein, trete vor ſie, ſag' ihr die Wahrheit;
Metze hab' ich ſie genannt. Wie ein ſchöner gefleckter
Panther ſpringt ſie gegen mich auf, ſtößt etwas heraus
vom Rechte des freien Weibs — ich packe ſie an den
Schultern — ſie thut einen ſchüttelnden Ruck mit
ſolcher Brunhildenkraft, daß ich zur Seite ſchwankend
den Kopf an einen Schrank ſchlage („daz ihm ſin
Houbet lute an eime Schamel erklank“), jetzt muß ich
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/185>, abgerufen am 25.11.2024.
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