mal der Gedanke in mir auf: stoße sie hinab zu den schnappenden Fischen, zum phosphoraugigen Wels, da gehört sie hin!?
Westfjorddalen. Herrliches grünes Thal, Korn¬ felder, sammetne Matten, Saft und Pracht der Bäume, ein Tempe, von Bergen umschlossen, und majestätisch im Silberglanz ragend die Pyramide des Gousta, sechs¬ tausend Fuß hoch. Wir wandeln durch's Grüne, an Hütten, Höfen vorüber. Still, ganz still. Nur der dumpfe Donner des Hongafosses von dort herüber. Goldrun ist wie umgewendet. Sanft. Vater und Mutter früh verloren. Nachdenklich. Dann wieder heiter. Scherz; versteht selbst meine Lust am schlechten Witz. Thut mit. Dann wieder ernste Gedanken über Mensch, Leben, Religion. Sie ist doch gut. Nun an einem klaren Bach hin, Erlen. "Der Ilissus mit seinen Platanen ist's nicht, doch anmuthig Denken schwebt auch hier", sagt sie. Diese drei Menschen leben in Plato's Ideenwelt. Dyring ihr Lehrer, Freund des früh der Mutter nachgestorbenen Vaters. Er hat sie in die Griechen eingeführt und jetzt athmen sie in der Bergluft des attischen Philosophen. Arnhelm, Schrift¬ steller, Dichter, nimmt eifrig Theil an den Lehr- und Gesprächstunden. -- Phädrus. Seele am über¬ himmlischen Ort die Urbilder schauend, das Gute,
mal der Gedanke in mir auf: ſtoße ſie hinab zu den ſchnappenden Fiſchen, zum phosphoraugigen Wels, da gehört ſie hin!?
Weſtfjorddalen. Herrliches grünes Thal, Korn¬ felder, ſammetne Matten, Saft und Pracht der Bäume, ein Tempe, von Bergen umſchloſſen, und majeſtätiſch im Silberglanz ragend die Pyramide des Gouſta, ſechs¬ tauſend Fuß hoch. Wir wandeln durch's Grüne, an Hütten, Höfen vorüber. Still, ganz ſtill. Nur der dumpfe Donner des Hongafoſſes von dort herüber. Goldrun iſt wie umgewendet. Sanft. Vater und Mutter früh verloren. Nachdenklich. Dann wieder heiter. Scherz; verſteht ſelbſt meine Luſt am ſchlechten Witz. Thut mit. Dann wieder ernſte Gedanken über Menſch, Leben, Religion. Sie iſt doch gut. Nun an einem klaren Bach hin, Erlen. „Der Iliſſus mit ſeinen Platanen iſt's nicht, doch anmuthig Denken ſchwebt auch hier“, ſagt ſie. Dieſe drei Menſchen leben in Plato's Ideenwelt. Dyring ihr Lehrer, Freund des früh der Mutter nachgeſtorbenen Vaters. Er hat ſie in die Griechen eingeführt und jetzt athmen ſie in der Bergluft des attiſchen Philoſophen. Arnhelm, Schrift¬ ſteller, Dichter, nimmt eifrig Theil an den Lehr- und Geſprächſtunden. — Phädrus. Seele am über¬ himmliſchen Ort die Urbilder ſchauend, das Gute,
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0162"n="149"/>
mal der Gedanke in mir auf: ſtoße ſie hinab zu den<lb/>ſchnappenden Fiſchen, zum phosphoraugigen Wels, da<lb/>
gehört ſie hin!?</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Weſtfjorddalen. Herrliches grünes Thal, Korn¬<lb/>
felder, ſammetne Matten, Saft und Pracht der Bäume,<lb/>
ein Tempe, von Bergen umſchloſſen, und majeſtätiſch<lb/>
im Silberglanz ragend die Pyramide des Gouſta, ſechs¬<lb/>
tauſend Fuß hoch. Wir wandeln durch's Grüne, an<lb/>
Hütten, Höfen vorüber. Still, ganz ſtill. Nur der<lb/>
dumpfe Donner des Hongafoſſes von dort herüber.<lb/>
Goldrun iſt wie umgewendet. Sanft. Vater und<lb/>
Mutter früh verloren. Nachdenklich. Dann wieder<lb/>
heiter. Scherz; verſteht ſelbſt meine Luſt am ſchlechten<lb/>
Witz. Thut mit. Dann wieder ernſte Gedanken über<lb/>
Menſch, Leben, Religion. Sie iſt doch gut. Nun an<lb/>
einem klaren Bach hin, Erlen. „Der Iliſſus mit ſeinen<lb/>
Platanen iſt's nicht, doch anmuthig Denken ſchwebt<lb/>
auch hier“, ſagt ſie. Dieſe drei Menſchen leben in<lb/>
Plato's Ideenwelt. Dyring ihr Lehrer, Freund des<lb/>
früh der Mutter nachgeſtorbenen Vaters. Er hat ſie<lb/>
in die Griechen eingeführt und jetzt athmen ſie in der<lb/>
Bergluft des attiſchen Philoſophen. Arnhelm, Schrift¬<lb/>ſteller, Dichter, nimmt eifrig Theil an den Lehr-<lb/>
und Geſprächſtunden. — Phädrus. Seele am über¬<lb/>
himmliſchen Ort die Urbilder ſchauend, das Gute,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[149/0162]
mal der Gedanke in mir auf: ſtoße ſie hinab zu den
ſchnappenden Fiſchen, zum phosphoraugigen Wels, da
gehört ſie hin!?
Weſtfjorddalen. Herrliches grünes Thal, Korn¬
felder, ſammetne Matten, Saft und Pracht der Bäume,
ein Tempe, von Bergen umſchloſſen, und majeſtätiſch
im Silberglanz ragend die Pyramide des Gouſta, ſechs¬
tauſend Fuß hoch. Wir wandeln durch's Grüne, an
Hütten, Höfen vorüber. Still, ganz ſtill. Nur der
dumpfe Donner des Hongafoſſes von dort herüber.
Goldrun iſt wie umgewendet. Sanft. Vater und
Mutter früh verloren. Nachdenklich. Dann wieder
heiter. Scherz; verſteht ſelbſt meine Luſt am ſchlechten
Witz. Thut mit. Dann wieder ernſte Gedanken über
Menſch, Leben, Religion. Sie iſt doch gut. Nun an
einem klaren Bach hin, Erlen. „Der Iliſſus mit ſeinen
Platanen iſt's nicht, doch anmuthig Denken ſchwebt
auch hier“, ſagt ſie. Dieſe drei Menſchen leben in
Plato's Ideenwelt. Dyring ihr Lehrer, Freund des
früh der Mutter nachgeſtorbenen Vaters. Er hat ſie
in die Griechen eingeführt und jetzt athmen ſie in der
Bergluft des attiſchen Philoſophen. Arnhelm, Schrift¬
ſteller, Dichter, nimmt eifrig Theil an den Lehr-
und Geſprächſtunden. — Phädrus. Seele am über¬
himmliſchen Ort die Urbilder ſchauend, das Gute,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/162>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.