walthaber, die Hekatomben Menschenglücks und Men¬ schenlebens opferten für die zuchtlose Fürstenfreiheit im deutschen Bunde.
Ach, vielleicht seh' ich zu schwarz! Geb's der Him¬ mel! Lasse mich, du besserer Stern meines Lebens, mit¬ streiten, wenn es losgeht, mitstreiten für das Goldkorn im wilden Schutte, den die Bewegung aufwirbeln wird!
Und doch, wie nobel ist selbst die verrückteste poli¬ tische Leidenschaft gegen die Gelbsucht der Geldsucht! Gestern ein paar solche Gesichter in der Gesellschaft. Zum Erbrechen. Ein grausig Mördergesicht ist flott dagegen. -- Und um was drehen sich die Unter¬ haltungen dieses Geschlechts! Nicht daß sie vom Kleinen reden, ist das Niedrige, sondern daß sie vom Kleinen nicht zum Bedeutenden aufsteigen, vielmehr umgekehrt jedes Bedeutende in's Kleine zerren. Spricht man etwas, das Inhalt hat, so übersetzen sie es gütig nachhelfend erst in's Platte, dann verstehen sie es. -- Ihr liebstes Element aber ist der Klatsch.
Es hilft nichts, mit aller Mühe kann ich das Ge¬ meine nicht begreifen. Ich bin doch gar kein Idealist, glaube mir auch das Zeugniß geben zu dürfen, daß ich läßlich bin, eingänglich, ein herzlicher Feind der
walthaber, die Hekatomben Menſchenglücks und Men¬ ſchenlebens opferten für die zuchtloſe Fürſtenfreiheit im deutſchen Bunde.
Ach, vielleicht ſeh' ich zu ſchwarz! Geb's der Him¬ mel! Laſſe mich, du beſſerer Stern meines Lebens, mit¬ ſtreiten, wenn es losgeht, mitſtreiten für das Goldkorn im wilden Schutte, den die Bewegung aufwirbeln wird!
Und doch, wie nobel iſt ſelbſt die verrückteſte poli¬ tiſche Leidenſchaft gegen die Gelbſucht der Geldſucht! Geſtern ein paar ſolche Geſichter in der Geſellſchaft. Zum Erbrechen. Ein grauſig Mördergeſicht iſt flott dagegen. — Und um was drehen ſich die Unter¬ haltungen dieſes Geſchlechts! Nicht daß ſie vom Kleinen reden, iſt das Niedrige, ſondern daß ſie vom Kleinen nicht zum Bedeutenden aufſteigen, vielmehr umgekehrt jedes Bedeutende in's Kleine zerren. Spricht man etwas, das Inhalt hat, ſo überſetzen ſie es gütig nachhelfend erſt in's Platte, dann verſtehen ſie es. — Ihr liebſtes Element aber iſt der Klatſch.
Es hilft nichts, mit aller Mühe kann ich das Ge¬ meine nicht begreifen. Ich bin doch gar kein Idealiſt, glaube mir auch das Zeugniß geben zu dürfen, daß ich läßlich bin, eingänglich, ein herzlicher Feind der
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walthaber, die Hekatomben Menſchenglücks und Men¬
ſchenlebens opferten für die zuchtloſe Fürſtenfreiheit im
deutſchen Bunde.
Ach, vielleicht ſeh' ich zu ſchwarz! Geb's der Him¬
mel! Laſſe mich, du beſſerer Stern meines Lebens, mit¬
ſtreiten, wenn es losgeht, mitſtreiten für das Goldkorn
im wilden Schutte, den die Bewegung aufwirbeln wird!
Und doch, wie nobel iſt ſelbſt die verrückteſte poli¬
tiſche Leidenſchaft gegen die Gelbſucht der Geldſucht!
Geſtern ein paar ſolche Geſichter in der Geſellſchaft.
Zum Erbrechen. Ein grauſig Mördergeſicht iſt flott
dagegen. — Und um was drehen ſich die Unter¬
haltungen dieſes Geſchlechts! Nicht daß ſie vom
Kleinen reden, iſt das Niedrige, ſondern daß ſie vom
Kleinen nicht zum Bedeutenden aufſteigen, vielmehr
umgekehrt jedes Bedeutende in's Kleine zerren. Spricht
man etwas, das Inhalt hat, ſo überſetzen ſie es gütig
nachhelfend erſt in's Platte, dann verſtehen ſie es. —
Ihr liebſtes Element aber iſt der Klatſch.
Es hilft nichts, mit aller Mühe kann ich das Ge¬
meine nicht begreifen. Ich bin doch gar kein Idealiſt,
glaube mir auch das Zeugniß geben zu dürfen, daß
ich läßlich bin, eingänglich, ein herzlicher Feind der
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/151>, abgerufen am 22.11.2024.
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