dige Unrecht auf seine Seite gefallen sei, verlor sich sein Schimpfen allmälig in ein Brummen, dann in Schweigen. A. E. war ganz ruhig geworden und sagte mit einem Tone voll Gutmüthigkeit: "Wollt Ihr mir versprechen, einen Esel statt des Hundes anzu¬ schaffen, wenn ich ihn zahle?" Der Bote schwieg und sah ihn mit einem Blick an, der zu sagen schien: Dummer Mensch, wie wolltest du mich kontroliren, wenn ich's verspräche und nicht thäte? "Hört einmal," sagte er, "Ihr seid kein reicher Mann, sonst würdet Ihr nicht Botenfahren --" Der Fuhrmann betheuerte, er komme schwer aus und sei Vater von vier Kindern. "Nun," fuhr A. E. fort, "so will ich Euch einen Vorschlag machen. Schafft einen Esel an, versprecht mir, wenn es mit dem Thier gut geht, daß ihr in der Nachbarschaft bei den Boten herum --" -- "O, die lachen mich aus!" fiel der abgeneigte Mann ein. "Ah bah! man muß das nur nicht fürchten, man wird immer ausgelacht, wenn man was gutes Neues einführt; nun also, lobt es den Andern, helft, daß sie's nachmachen! Im Frühling komm' ich wieder des Wegs und sehe nach Euch, da steht am Wagen Euer Name und Ortschaft angeschrieben, ich werde Euch finden, und wenn Ihr dann einen Esel habt, bekommt Ihr das Doppelte, und wenn Ihr einen, auch nur Einen Nachbar persuadirt habt, es nachzuthun, das Dreifache von dem da." Er zog einige Goldstücke
dige Unrecht auf ſeine Seite gefallen ſei, verlor ſich ſein Schimpfen allmälig in ein Brummen, dann in Schweigen. A. E. war ganz ruhig geworden und ſagte mit einem Tone voll Gutmüthigkeit: „Wollt Ihr mir verſprechen, einen Eſel ſtatt des Hundes anzu¬ ſchaffen, wenn ich ihn zahle?“ Der Bote ſchwieg und ſah ihn mit einem Blick an, der zu ſagen ſchien: Dummer Menſch, wie wollteſt du mich kontroliren, wenn ich's verſpräche und nicht thäte? „Hört einmal,“ ſagte er, „Ihr ſeid kein reicher Mann, ſonſt würdet Ihr nicht Botenfahren —“ Der Fuhrmann betheuerte, er komme ſchwer aus und ſei Vater von vier Kindern. „Nun,“ fuhr A. E. fort, „ſo will ich Euch einen Vorſchlag machen. Schafft einen Eſel an, verſprecht mir, wenn es mit dem Thier gut geht, daß ihr in der Nachbarſchaft bei den Boten herum —“ — „O, die lachen mich aus!“ fiel der abgeneigte Mann ein. „Ah bah! man muß das nur nicht fürchten, man wird immer ausgelacht, wenn man was gutes Neues einführt; nun alſo, lobt es den Andern, helft, daß ſie's nachmachen! Im Frühling komm' ich wieder des Wegs und ſehe nach Euch, da ſteht am Wagen Euer Name und Ortſchaft angeſchrieben, ich werde Euch finden, und wenn Ihr dann einen Eſel habt, bekommt Ihr das Doppelte, und wenn Ihr einen, auch nur Einen Nachbar perſuadirt habt, es nachzuthun, das Dreifache von dem da.“ Er zog einige Goldſtücke
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0054"n="41"/>
dige Unrecht auf ſeine Seite gefallen ſei, verlor ſich<lb/>ſein Schimpfen allmälig in ein Brummen, dann in<lb/>
Schweigen. A. E. war ganz ruhig geworden und<lb/>ſagte mit einem Tone voll Gutmüthigkeit: „Wollt Ihr<lb/>
mir verſprechen, einen Eſel ſtatt des Hundes anzu¬<lb/>ſchaffen, wenn ich ihn zahle?“ Der Bote ſchwieg und<lb/>ſah ihn mit einem Blick an, der zu ſagen ſchien:<lb/>
Dummer Menſch, wie wollteſt du mich kontroliren,<lb/>
wenn ich's verſpräche und nicht thäte? „Hört einmal,“<lb/>ſagte er, „Ihr ſeid kein reicher Mann, ſonſt würdet<lb/>
Ihr nicht Botenfahren —“ Der Fuhrmann betheuerte,<lb/>
er komme ſchwer aus und ſei Vater von vier Kindern.<lb/>„Nun,“ fuhr A. E. fort, „ſo will ich Euch einen<lb/>
Vorſchlag machen. Schafft einen Eſel an, verſprecht<lb/>
mir, wenn es mit dem Thier gut geht, daß ihr in<lb/>
der Nachbarſchaft bei den Boten herum —“—„O, die<lb/>
lachen mich aus!“ fiel der abgeneigte Mann ein.<lb/>„Ah bah! man muß das nur nicht fürchten, man<lb/>
wird immer ausgelacht, wenn man was gutes Neues<lb/>
einführt; nun alſo, lobt es den Andern, helft, daß<lb/>ſie's nachmachen! Im Frühling komm' ich wieder des<lb/>
Wegs und ſehe nach Euch, da ſteht am Wagen Euer<lb/>
Name und Ortſchaft angeſchrieben, ich werde Euch<lb/>
finden, und wenn Ihr dann einen Eſel habt, bekommt<lb/>
Ihr das Doppelte, und wenn Ihr einen, auch nur<lb/>
Einen Nachbar perſuadirt habt, es nachzuthun, das<lb/>
Dreifache von dem da.“ Er zog einige Goldſtücke<lb/></p></div></body></text></TEI>
[41/0054]
dige Unrecht auf ſeine Seite gefallen ſei, verlor ſich
ſein Schimpfen allmälig in ein Brummen, dann in
Schweigen. A. E. war ganz ruhig geworden und
ſagte mit einem Tone voll Gutmüthigkeit: „Wollt Ihr
mir verſprechen, einen Eſel ſtatt des Hundes anzu¬
ſchaffen, wenn ich ihn zahle?“ Der Bote ſchwieg und
ſah ihn mit einem Blick an, der zu ſagen ſchien:
Dummer Menſch, wie wollteſt du mich kontroliren,
wenn ich's verſpräche und nicht thäte? „Hört einmal,“
ſagte er, „Ihr ſeid kein reicher Mann, ſonſt würdet
Ihr nicht Botenfahren —“ Der Fuhrmann betheuerte,
er komme ſchwer aus und ſei Vater von vier Kindern.
„Nun,“ fuhr A. E. fort, „ſo will ich Euch einen
Vorſchlag machen. Schafft einen Eſel an, verſprecht
mir, wenn es mit dem Thier gut geht, daß ihr in
der Nachbarſchaft bei den Boten herum —“ — „O, die
lachen mich aus!“ fiel der abgeneigte Mann ein.
„Ah bah! man muß das nur nicht fürchten, man
wird immer ausgelacht, wenn man was gutes Neues
einführt; nun alſo, lobt es den Andern, helft, daß
ſie's nachmachen! Im Frühling komm' ich wieder des
Wegs und ſehe nach Euch, da ſteht am Wagen Euer
Name und Ortſchaft angeſchrieben, ich werde Euch
finden, und wenn Ihr dann einen Eſel habt, bekommt
Ihr das Doppelte, und wenn Ihr einen, auch nur
Einen Nachbar perſuadirt habt, es nachzuthun, das
Dreifache von dem da.“ Er zog einige Goldſtücke
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/54>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.