Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

welche neue Tonwelt den Ohren bevorstand, das wußte
man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen
noch lange nicht entnehmen.

Das Schießen wurde sonst mit einem starken Früh¬
stück und Trunk beschlossen, wobei das Volk der Pfahl¬
männer mit schönen Trinksprüchen in gemüthlichem
Selbstlob nicht Geringes zu leisten pflegte. Dießmal
begnügte man sich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn
man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath
von Rednergeist auf den abendlichen Festschmaus sparen,
der den Gästen zu Ehren noch viel großartiger als
sonst ausfallen sollte. Man verfügte sich also, nach¬
dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte
und den besten Schützen Hoch ausgebracht war, solid
nach Hause und ließ sich zum Mittagimbiß gefallen,
was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte
Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkunst zu leisten
im Stande waren, das gedenken wir pflichtschuldig
in's Licht zu setzen, wenn wir dieser bedeutenderen
Entfaltung zusehen werden.

Die ersten Nachmittagsstunden brachten -- nichts;
sie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte sich
auf's Ohr und schnarchte, ein Theil und besonders
die ledigen Bursche liebten es, wie heute noch unsere
Bauern und das italienische Volk, am Sonntag Nach¬
mittag einfach den Häusern entlang sich aufzupflanzen,
zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner

welche neue Tonwelt den Ohren bevorſtand, das wußte
man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen
noch lange nicht entnehmen.

Das Schießen wurde ſonſt mit einem ſtarken Früh¬
ſtück und Trunk beſchloſſen, wobei das Volk der Pfahl¬
männer mit ſchönen Trinkſprüchen in gemüthlichem
Selbſtlob nicht Geringes zu leiſten pflegte. Dießmal
begnügte man ſich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn
man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath
von Rednergeiſt auf den abendlichen Feſtſchmaus ſparen,
der den Gäſten zu Ehren noch viel großartiger als
ſonſt ausfallen ſollte. Man verfügte ſich alſo, nach¬
dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte
und den beſten Schützen Hoch ausgebracht war, ſolid
nach Hauſe und ließ ſich zum Mittagimbiß gefallen,
was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte
Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkunſt zu leiſten
im Stande waren, das gedenken wir pflichtſchuldig
in's Licht zu ſetzen, wenn wir dieſer bedeutenderen
Entfaltung zuſehen werden.

Die erſten Nachmittagsſtunden brachten — nichts;
ſie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte ſich
auf's Ohr und ſchnarchte, ein Theil und beſonders
die ledigen Burſche liebten es, wie heute noch unſere
Bauern und das italieniſche Volk, am Sonntag Nach¬
mittag einfach den Häuſern entlang ſich aufzupflanzen,
zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0323" n="310"/>
welche neue Tonwelt den Ohren bevor&#x017F;tand, das wußte<lb/>
man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen<lb/>
noch lange nicht entnehmen.</p><lb/>
        <p>Das Schießen wurde &#x017F;on&#x017F;t mit einem &#x017F;tarken Früh¬<lb/>
&#x017F;tück und Trunk be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wobei das Volk der Pfahl¬<lb/>
männer mit &#x017F;chönen Trink&#x017F;prüchen in gemüthlichem<lb/>
Selb&#x017F;tlob nicht Geringes zu lei&#x017F;ten pflegte. Dießmal<lb/>
begnügte man &#x017F;ich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn<lb/>
man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath<lb/>
von Rednergei&#x017F;t auf den abendlichen Fe&#x017F;t&#x017F;chmaus &#x017F;paren,<lb/>
der den Gä&#x017F;ten zu Ehren noch viel großartiger als<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t ausfallen &#x017F;ollte. Man verfügte &#x017F;ich al&#x017F;o, nach¬<lb/>
dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte<lb/>
und den be&#x017F;ten Schützen Hoch ausgebracht war, &#x017F;olid<lb/>
nach Hau&#x017F;e und ließ &#x017F;ich zum Mittagimbiß gefallen,<lb/>
was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte<lb/>
Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkun&#x017F;t zu lei&#x017F;ten<lb/>
im Stande waren, das gedenken wir pflicht&#x017F;chuldig<lb/>
in's Licht zu &#x017F;etzen, wenn wir die&#x017F;er bedeutenderen<lb/>
Entfaltung zu&#x017F;ehen werden.</p><lb/>
        <p>Die er&#x017F;ten Nachmittags&#x017F;tunden brachten &#x2014; nichts;<lb/>
&#x017F;ie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte &#x017F;ich<lb/>
auf's Ohr und &#x017F;chnarchte, ein Theil und be&#x017F;onders<lb/>
die ledigen Bur&#x017F;che liebten es, wie heute noch un&#x017F;ere<lb/>
Bauern und das italieni&#x017F;che Volk, am Sonntag Nach¬<lb/>
mittag einfach den Häu&#x017F;ern entlang &#x017F;ich aufzupflanzen,<lb/>
zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0323] welche neue Tonwelt den Ohren bevorſtand, das wußte man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen noch lange nicht entnehmen. Das Schießen wurde ſonſt mit einem ſtarken Früh¬ ſtück und Trunk beſchloſſen, wobei das Volk der Pfahl¬ männer mit ſchönen Trinkſprüchen in gemüthlichem Selbſtlob nicht Geringes zu leiſten pflegte. Dießmal begnügte man ſich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath von Rednergeiſt auf den abendlichen Feſtſchmaus ſparen, der den Gäſten zu Ehren noch viel großartiger als ſonſt ausfallen ſollte. Man verfügte ſich alſo, nach¬ dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte und den beſten Schützen Hoch ausgebracht war, ſolid nach Hauſe und ließ ſich zum Mittagimbiß gefallen, was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkunſt zu leiſten im Stande waren, das gedenken wir pflichtſchuldig in's Licht zu ſetzen, wenn wir dieſer bedeutenderen Entfaltung zuſehen werden. Die erſten Nachmittagsſtunden brachten — nichts; ſie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte ſich auf's Ohr und ſchnarchte, ein Theil und beſonders die ledigen Burſche liebten es, wie heute noch unſere Bauern und das italieniſche Volk, am Sonntag Nach¬ mittag einfach den Häuſern entlang ſich aufzupflanzen, zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/323
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/323>, abgerufen am 23.12.2024.