mit dem Lästerer, dem Götterleugner, dem Gripposohn, dem -- dem --" Er drückte und preßte, das stärkst¬ mögliche Schimpfwort zu ersinnen und hervorzustoßen, endlich entrang es sich seinen Lippen: "dem Erz¬ ketzer!" *)
Wie aber sollte man den Uebelthäter lebendig fangen? Woher die Zeit nehmen, Aeste zu einer Leiter zu fügen? denn am Wagstein hinaufzuturnen, getraute sich Niemand. Ein Theil der Schützen beschloß so zu zielen, daß er nur verwundet herabfiele. Als der nächste der schnell sich folgenden Blitze ihnen ihre lebendige Scheibe und dem Bedrohten seine Gegner wieder zeigte, sah Arthur auf's Neue die ganze Männerschaar im Anschlag. Es war schon ein Bild, das Furcht ein¬ flößen konnte. Gegen dreihundert große Bogen, die Sehnen gezogen bis zum Halse der Schützen, die Pfeile aufgelegt: zwar nur rohe Feuersteinspitzen, aber Arthur wußte gar wohl, welche Wunden sie reißen -- diese Waffen haarscharf auf ihn, den Einen, gerichtet: gar Manchem wäre wohl zu Muth geworden wie dem Verbrecher vor der Hinrichtung. "Das Schwert her!" rief der Druide, ihm nach die nächsten Schützen; der Ruf pflanzte sich wie ein Lauffeuer schnell durch die Reihen fort; obwohl so überlegen und so aus der
*) Hiemit ist die einzig wahre Ableitung unserer Vorsatz¬ sylbe "Erz" den Lesern, namentlich den philologischen, zur Kennt¬ niß gebracht. Anm. d. Verf.
mit dem Läſterer, dem Götterleugner, dem Grippoſohn, dem — dem —“ Er drückte und preßte, das ſtärkſt¬ mögliche Schimpfwort zu erſinnen und hervorzuſtoßen, endlich entrang es ſich ſeinen Lippen: „dem Erz¬ ketzer!“ *)
Wie aber ſollte man den Uebelthäter lebendig fangen? Woher die Zeit nehmen, Aeſte zu einer Leiter zu fügen? denn am Wagſtein hinaufzuturnen, getraute ſich Niemand. Ein Theil der Schützen beſchloß ſo zu zielen, daß er nur verwundet herabfiele. Als der nächſte der ſchnell ſich folgenden Blitze ihnen ihre lebendige Scheibe und dem Bedrohten ſeine Gegner wieder zeigte, ſah Arthur auf's Neue die ganze Männerſchaar im Anſchlag. Es war ſchon ein Bild, das Furcht ein¬ flößen konnte. Gegen dreihundert große Bogen, die Sehnen gezogen bis zum Halſe der Schützen, die Pfeile aufgelegt: zwar nur rohe Feuerſteinſpitzen, aber Arthur wußte gar wohl, welche Wunden ſie reißen — dieſe Waffen haarſcharf auf ihn, den Einen, gerichtet: gar Manchem wäre wohl zu Muth geworden wie dem Verbrecher vor der Hinrichtung. „Das Schwert her!“ rief der Druide, ihm nach die nächſten Schützen; der Ruf pflanzte ſich wie ein Lauffeuer ſchnell durch die Reihen fort; obwohl ſo überlegen und ſo aus der
*) Hiemit iſt die einzig wahre Ableitung unſerer Vorſatz¬ ſylbe „Erz“ den Leſern, namentlich den philologiſchen, zur Kennt¬ niß gebracht. Anm. d. Verf.
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mit dem Läſterer, dem Götterleugner, dem Grippoſohn,
dem — dem —“ Er drückte und preßte, das ſtärkſt¬
mögliche Schimpfwort zu erſinnen und hervorzuſtoßen,
endlich entrang es ſich ſeinen Lippen: „dem Erz¬
ketzer!“ *)
Wie aber ſollte man den Uebelthäter lebendig
fangen? Woher die Zeit nehmen, Aeſte zu einer Leiter
zu fügen? denn am Wagſtein hinaufzuturnen, getraute
ſich Niemand. Ein Theil der Schützen beſchloß ſo zu
zielen, daß er nur verwundet herabfiele. Als der nächſte
der ſchnell ſich folgenden Blitze ihnen ihre lebendige
Scheibe und dem Bedrohten ſeine Gegner wieder zeigte,
ſah Arthur auf's Neue die ganze Männerſchaar im
Anſchlag. Es war ſchon ein Bild, das Furcht ein¬
flößen konnte. Gegen dreihundert große Bogen, die
Sehnen gezogen bis zum Halſe der Schützen, die
Pfeile aufgelegt: zwar nur rohe Feuerſteinſpitzen, aber
Arthur wußte gar wohl, welche Wunden ſie reißen —
dieſe Waffen haarſcharf auf ihn, den Einen, gerichtet:
gar Manchem wäre wohl zu Muth geworden wie dem
Verbrecher vor der Hinrichtung. „Das Schwert her!“
rief der Druide, ihm nach die nächſten Schützen; der
Ruf pflanzte ſich wie ein Lauffeuer ſchnell durch die
Reihen fort; obwohl ſo überlegen und ſo aus der
*)
Hiemit iſt die einzig wahre Ableitung unſerer Vorſatz¬
ſylbe „Erz“ den Leſern, namentlich den philologiſchen, zur Kennt¬
niß gebracht. Anm. d. Verf.
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/312>, abgerufen am 23.12.2024.
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