krumm, oder: Lump! dann spitze, die thaten wie: Wicht! Wicht!
Er dachte: dummes Zeug! und legte sich schlafen; er sagte sich, er habe nun endlich doch einen ruhigen Schlaf verdient. Kaum lag er auf dem Ohre, so fiel ihm siedend heiß ein: jetzt pflegt Arthur den Ver¬ wundeten sicherlich mit Hülfe Sigunens. Er warf sich auf das andere Ohr, da fragte plötzlich etwas in ihm: Alpin, was hättest du thun sollen? Entweder glaubst du, die Hexe könne mit Zauberspruch und Mistel besser heilen, dann durftest du ihr den Ver¬ wundeten nicht abjagen lassen; oder Arthur mit den Mitteln, die er anwenden wird, dann mußtest du ihm beistehen. Ueber das Entweder-Oder in den beiden Vordersätzen hatte er nun freilich noch niemals nach¬ gedacht und er konnte sich betrösten: wenn man zweifelt, wenn man nicht weiß, was thun von Zweien, so thut man am besten nichts. Dennoch wollte der Trost nicht vorhalten und -- auf einmal sprang er auf, und -- etwas hast du ja doch gethan: Pfui! Pfui! und noch einmal Pfui! Er rief es laut, so laut, daß der Rinderknecht im Nebenraum aus seinem tiefen Schlaf emporfuhr und rief: "was gibt's?" Doch legte sich der wieder zurück und schlief alsbald weiter, auch Alpin streckte sich wieder hin, verhielt sich still und blieb so liegen auf seinem Bärenfell, das nur jetzt kein Fell mehr war, sondern ein Ameisenhaufen.
krumm, oder: Lump! dann ſpitze, die thaten wie: Wicht! Wicht!
Er dachte: dummes Zeug! und legte ſich ſchlafen; er ſagte ſich, er habe nun endlich doch einen ruhigen Schlaf verdient. Kaum lag er auf dem Ohre, ſo fiel ihm ſiedend heiß ein: jetzt pflegt Arthur den Ver¬ wundeten ſicherlich mit Hülfe Sigunens. Er warf ſich auf das andere Ohr, da fragte plötzlich etwas in ihm: Alpin, was hätteſt du thun ſollen? Entweder glaubſt du, die Hexe könne mit Zauberſpruch und Miſtel beſſer heilen, dann durfteſt du ihr den Ver¬ wundeten nicht abjagen laſſen; oder Arthur mit den Mitteln, die er anwenden wird, dann mußteſt du ihm beiſtehen. Ueber das Entweder-Oder in den beiden Vorderſätzen hatte er nun freilich noch niemals nach¬ gedacht und er konnte ſich betröſten: wenn man zweifelt, wenn man nicht weiß, was thun von Zweien, ſo thut man am beſten nichts. Dennoch wollte der Troſt nicht vorhalten und — auf einmal ſprang er auf, und — etwas haſt du ja doch gethan: Pfui! Pfui! und noch einmal Pfui! Er rief es laut, ſo laut, daß der Rinderknecht im Nebenraum aus ſeinem tiefen Schlaf emporfuhr und rief: „was gibt's?“ Doch legte ſich der wieder zurück und ſchlief alsbald weiter, auch Alpin ſtreckte ſich wieder hin, verhielt ſich ſtill und blieb ſo liegen auf ſeinem Bärenfell, das nur jetzt kein Fell mehr war, ſondern ein Ameiſenhaufen.
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krumm, oder: Lump! dann ſpitze, die thaten wie:
Wicht! Wicht!
Er dachte: dummes Zeug! und legte ſich ſchlafen;
er ſagte ſich, er habe nun endlich doch einen ruhigen
Schlaf verdient. Kaum lag er auf dem Ohre, ſo fiel
ihm ſiedend heiß ein: jetzt pflegt Arthur den Ver¬
wundeten ſicherlich mit Hülfe Sigunens. Er warf
ſich auf das andere Ohr, da fragte plötzlich etwas in
ihm: Alpin, was hätteſt du thun ſollen? Entweder
glaubſt du, die Hexe könne mit Zauberſpruch und
Miſtel beſſer heilen, dann durfteſt du ihr den Ver¬
wundeten nicht abjagen laſſen; oder Arthur mit den
Mitteln, die er anwenden wird, dann mußteſt du ihm
beiſtehen. Ueber das Entweder-Oder in den beiden
Vorderſätzen hatte er nun freilich noch niemals nach¬
gedacht und er konnte ſich betröſten: wenn man zweifelt,
wenn man nicht weiß, was thun von Zweien, ſo thut
man am beſten nichts. Dennoch wollte der Troſt
nicht vorhalten und — auf einmal ſprang er auf, und
— etwas haſt du ja doch gethan: Pfui! Pfui! und
noch einmal Pfui! Er rief es laut, ſo laut, daß der
Rinderknecht im Nebenraum aus ſeinem tiefen Schlaf
emporfuhr und rief: „was gibt's?“ Doch legte ſich der
wieder zurück und ſchlief alsbald weiter, auch Alpin
ſtreckte ſich wieder hin, verhielt ſich ſtill und blieb ſo
liegen auf ſeinem Bärenfell, das nur jetzt kein Fell
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/236>, abgerufen am 05.12.2024.
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