stalt herausnimmt, hebt, ihr etwas Ausgewickeltes, Freies gibt. Noch einmal: ein Giftwort! Den armen Bur¬ schen, den sie doch heimlich liebt, so stechen, verspotten, martern! Und wer weiß, ob sie nicht erst noch lügt?
Der Zug hat inzwischen die Brücke überschritten und ist am Festplatze angekommen. Wir haben uns diese Stelle mit ihren geheimnißvollen Steinmalen schon betrachtet, als Arthur daran vorüberschritt. Hinter ihr dehnt sich ein Eichenhain aus, vor ihr ein freier Platz. Die rohe Steintafel, die auf ebenso rohen Stützen ruhte, haben wir als einen Altar an¬ gesehen und darin nicht geirrt; sein Name ist Dolmen (Steintisch). Vor ihm pflanzt der Bittel, wie der Zug angekommen, den Stab mit den eingeschnittenen Runen auf. Der Zug wendet sich inzwischen nach rechts, bleibt vor dem Pfeiler mit dem Halbmondbilde stehen, der Priester verneigt sich tief und beschreibt dieselbe Linie, die das Bild darstellt, mit dem Daumen auf seiner Brust, die Kinder folgen seinem Beispiel. Der Zug geht weiter zum rückwärts stehenden massigen Steinpfeiler. Ihn müssen wir jetzt näher in's Auge fassen als damals, wie wir mit Arthur vorüber¬ giengen: er steht schief, er neigt sich über, sein Fuß ruht in einem Felsblock, in dessen Höhlung er wie in einen Sattel eingelassen ist. Der Zug steht wieder still, der Druide winkt, alle männlichen Mitglieder, die drei Diener, die sechs Gemeindeältesten, die zwei
ſtalt herausnimmt, hebt, ihr etwas Ausgewickeltes, Freies gibt. Noch einmal: ein Giftwort! Den armen Bur¬ ſchen, den ſie doch heimlich liebt, ſo ſtechen, verſpotten, martern! Und wer weiß, ob ſie nicht erſt noch lügt?
Der Zug hat inzwiſchen die Brücke überſchritten und iſt am Feſtplatze angekommen. Wir haben uns dieſe Stelle mit ihren geheimnißvollen Steinmalen ſchon betrachtet, als Arthur daran vorüberſchritt. Hinter ihr dehnt ſich ein Eichenhain aus, vor ihr ein freier Platz. Die rohe Steintafel, die auf ebenſo rohen Stützen ruhte, haben wir als einen Altar an¬ geſehen und darin nicht geirrt; ſein Name iſt Dolmen (Steintiſch). Vor ihm pflanzt der Bittel, wie der Zug angekommen, den Stab mit den eingeſchnittenen Runen auf. Der Zug wendet ſich inzwiſchen nach rechts, bleibt vor dem Pfeiler mit dem Halbmondbilde ſtehen, der Prieſter verneigt ſich tief und beſchreibt dieſelbe Linie, die das Bild darſtellt, mit dem Daumen auf ſeiner Bruſt, die Kinder folgen ſeinem Beiſpiel. Der Zug geht weiter zum rückwärts ſtehenden maſſigen Steinpfeiler. Ihn müſſen wir jetzt näher in's Auge faſſen als damals, wie wir mit Arthur vorüber¬ giengen: er ſteht ſchief, er neigt ſich über, ſein Fuß ruht in einem Felsblock, in deſſen Höhlung er wie in einen Sattel eingelaſſen iſt. Der Zug ſteht wieder ſtill, der Druide winkt, alle männlichen Mitglieder, die drei Diener, die ſechs Gemeindeälteſten, die zwei
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0211"n="198"/>ſtalt herausnimmt, hebt, ihr etwas Ausgewickeltes, Freies<lb/>
gibt. Noch einmal: ein Giftwort! Den armen Bur¬<lb/>ſchen, den ſie doch heimlich liebt, ſo ſtechen, verſpotten,<lb/>
martern! Und wer weiß, ob ſie nicht erſt noch lügt?</p><lb/><p>Der Zug hat inzwiſchen die Brücke überſchritten<lb/>
und iſt am Feſtplatze angekommen. Wir haben uns<lb/>
dieſe Stelle mit ihren geheimnißvollen Steinmalen<lb/>ſchon betrachtet, als Arthur daran vorüberſchritt.<lb/>
Hinter ihr dehnt ſich ein Eichenhain aus, vor ihr ein<lb/>
freier Platz. Die rohe Steintafel, die auf ebenſo<lb/>
rohen Stützen ruhte, haben wir als einen Altar an¬<lb/>
geſehen und darin nicht geirrt; ſein Name iſt Dolmen<lb/>
(Steintiſch). Vor ihm pflanzt der Bittel, wie der<lb/>
Zug angekommen, den Stab mit den eingeſchnittenen<lb/>
Runen auf. Der Zug wendet ſich inzwiſchen nach<lb/>
rechts, bleibt vor dem Pfeiler mit dem Halbmondbilde<lb/>ſtehen, der Prieſter verneigt ſich tief und beſchreibt<lb/>
dieſelbe Linie, die das Bild darſtellt, mit dem Daumen<lb/>
auf ſeiner Bruſt, die Kinder folgen ſeinem Beiſpiel.<lb/>
Der Zug geht weiter zum rückwärts ſtehenden maſſigen<lb/>
Steinpfeiler. Ihn müſſen wir jetzt näher in's Auge<lb/>
faſſen als damals, wie wir mit Arthur vorüber¬<lb/>
giengen: er ſteht ſchief, er neigt ſich über, ſein Fuß<lb/>
ruht in einem Felsblock, in deſſen Höhlung er wie<lb/>
in einen Sattel eingelaſſen iſt. Der Zug ſteht wieder<lb/>ſtill, der Druide winkt, alle männlichen Mitglieder,<lb/>
die drei Diener, die ſechs Gemeindeälteſten, die zwei<lb/></p></div></body></text></TEI>
[198/0211]
ſtalt herausnimmt, hebt, ihr etwas Ausgewickeltes, Freies
gibt. Noch einmal: ein Giftwort! Den armen Bur¬
ſchen, den ſie doch heimlich liebt, ſo ſtechen, verſpotten,
martern! Und wer weiß, ob ſie nicht erſt noch lügt?
Der Zug hat inzwiſchen die Brücke überſchritten
und iſt am Feſtplatze angekommen. Wir haben uns
dieſe Stelle mit ihren geheimnißvollen Steinmalen
ſchon betrachtet, als Arthur daran vorüberſchritt.
Hinter ihr dehnt ſich ein Eichenhain aus, vor ihr ein
freier Platz. Die rohe Steintafel, die auf ebenſo
rohen Stützen ruhte, haben wir als einen Altar an¬
geſehen und darin nicht geirrt; ſein Name iſt Dolmen
(Steintiſch). Vor ihm pflanzt der Bittel, wie der
Zug angekommen, den Stab mit den eingeſchnittenen
Runen auf. Der Zug wendet ſich inzwiſchen nach
rechts, bleibt vor dem Pfeiler mit dem Halbmondbilde
ſtehen, der Prieſter verneigt ſich tief und beſchreibt
dieſelbe Linie, die das Bild darſtellt, mit dem Daumen
auf ſeiner Bruſt, die Kinder folgen ſeinem Beiſpiel.
Der Zug geht weiter zum rückwärts ſtehenden maſſigen
Steinpfeiler. Ihn müſſen wir jetzt näher in's Auge
faſſen als damals, wie wir mit Arthur vorüber¬
giengen: er ſteht ſchief, er neigt ſich über, ſein Fuß
ruht in einem Felsblock, in deſſen Höhlung er wie
in einen Sattel eingelaſſen iſt. Der Zug ſteht wieder
ſtill, der Druide winkt, alle männlichen Mitglieder,
die drei Diener, die ſechs Gemeindeälteſten, die zwei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/211>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.