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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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die aufgewecktere Minderzahl der Bürger, man saß beim
Meth zusammen, man murrte, man grübelte, man
berieth. Eine so gestimmte Gruppe von Pfahlmännern
finden wir eines Abends bei Alpin's Vater Ullin im
Gespräche beisammen. "Von dem, was vorher ge¬
wesen, will unsereins eben auch was wissen," brummt
der hagere Griffith. -- "Ja," fällt Nachbar Gwalchmai
mit den kleinen, klugen Augen ein, "wir wollen nicht
so ganz im Dunkeln wandeln," -- "Und in der Zukunft,
was kann da vielleicht Alles noch werden?" bemerkt
der fortschrittliebende Hausherr und fährt fort: "Wenn
der Druide uns nichts sagen will oder am End' wirklich
selber nichts weiß --." -- "Gerade das glaub' ich,
daß er selber nichts weiß, er hat ja doch nichts
als Theologie studiert," meint der dickbackige Karmor
und lacht. -- "So verlangen wir," schließt Ullin, "er
solle einen Seanacha aus Turik herberufen; ich weiß
gleich einen, den hat man mir hoch gerühmt, als ich
neulich drüben war, um Häute gegen Meißel zu ver¬
kaufen, -- Feridun Kallar heißt er --, der wisse mehr
von alten Geschichten, auch von Sonne und Mond, Erde,
Wasser, Feuer, Bäumen und Thieren und Menschen¬
wesen, als irgend Einer. Versteht sich, daß er ein
Meister, ein Pencerdd ist."

Griffith: "Aber die Barden kann unser Herr nicht
leiden."

Gwalchmai: "Ja freilich nicht, weil sie mehr

die aufgewecktere Minderzahl der Bürger, man ſaß beim
Meth zuſammen, man murrte, man grübelte, man
berieth. Eine ſo geſtimmte Gruppe von Pfahlmännern
finden wir eines Abends bei Alpin's Vater Ullin im
Geſpräche beiſammen. „Von dem, was vorher ge¬
weſen, will unſereins eben auch was wiſſen,“ brummt
der hagere Griffith. — „Ja,“ fällt Nachbar Gwalchmai
mit den kleinen, klugen Augen ein, „wir wollen nicht
ſo ganz im Dunkeln wandeln,“ — „Und in der Zukunft,
was kann da vielleicht Alles noch werden?“ bemerkt
der fortſchrittliebende Hausherr und fährt fort: „Wenn
der Druide uns nichts ſagen will oder am End' wirklich
ſelber nichts weiß —.“ — „Gerade das glaub' ich,
daß er ſelber nichts weiß, er hat ja doch nichts
als Theologie ſtudiert,“ meint der dickbackige Karmor
und lacht. — „So verlangen wir,“ ſchließt Ullin, „er
ſolle einen Seanacha aus Turik herberufen; ich weiß
gleich einen, den hat man mir hoch gerühmt, als ich
neulich drüben war, um Häute gegen Meißel zu ver¬
kaufen, — Feridun Kallar heißt er —, der wiſſe mehr
von alten Geſchichten, auch von Sonne und Mond, Erde,
Waſſer, Feuer, Bäumen und Thieren und Menſchen¬
weſen, als irgend Einer. Verſteht ſich, daß er ein
Meiſter, ein Pencerdd iſt.“

Griffith: „Aber die Barden kann unſer Herr nicht
leiden.“

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[180/0193] die aufgewecktere Minderzahl der Bürger, man ſaß beim Meth zuſammen, man murrte, man grübelte, man berieth. Eine ſo geſtimmte Gruppe von Pfahlmännern finden wir eines Abends bei Alpin's Vater Ullin im Geſpräche beiſammen. „Von dem, was vorher ge¬ weſen, will unſereins eben auch was wiſſen,“ brummt der hagere Griffith. — „Ja,“ fällt Nachbar Gwalchmai mit den kleinen, klugen Augen ein, „wir wollen nicht ſo ganz im Dunkeln wandeln,“ — „Und in der Zukunft, was kann da vielleicht Alles noch werden?“ bemerkt der fortſchrittliebende Hausherr und fährt fort: „Wenn der Druide uns nichts ſagen will oder am End' wirklich ſelber nichts weiß —.“ — „Gerade das glaub' ich, daß er ſelber nichts weiß, er hat ja doch nichts als Theologie ſtudiert,“ meint der dickbackige Karmor und lacht. — „So verlangen wir,“ ſchließt Ullin, „er ſolle einen Seanacha aus Turik herberufen; ich weiß gleich einen, den hat man mir hoch gerühmt, als ich neulich drüben war, um Häute gegen Meißel zu ver¬ kaufen, — Feridun Kallar heißt er —, der wiſſe mehr von alten Geſchichten, auch von Sonne und Mond, Erde, Waſſer, Feuer, Bäumen und Thieren und Menſchen¬ weſen, als irgend Einer. Verſteht ſich, daß er ein Meiſter, ein Pencerdd iſt.“ Griffith: „Aber die Barden kann unſer Herr nicht leiden.“ Gwalchmai: „Ja freilich nicht, weil ſie mehr

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/193>, abgerufen am 05.12.2024.