Der Alten funkelten die schwarzen Augen in ihren tiefen Höhlen, ihre gelbe Haut wurde blaß, das heißt hellgelb, dann grünlich, dann roth, richtiger orange¬ gelb, sie rieß Arthur das Messer weg, schleuderte es zu Boden und rief: "Man wird uns auch noch unsere gute alte Religion zerschneiden." Arthur stand schwei¬ gend, lächelnd über die rasche Logik und sah den Druiden an mit einem Blicke, der deutlich sagte: "Was wirst du nun dazu sagen?" Der Druide zog einen mittleren Weg vor -- das liebte er -- mit ge¬ wissen Ausnahmen -- überhaupt. Er fühlte, daß dem Weibe, dessen vorstürzende Leidenschaft ihn vor dem Fremden beschämte, ein Verweis gebühre, allein er kannte ihre Wehrhaftigkeit, und zudem, wenn denn einmal sein ahnendes Gefühl den Besorgnissen der Alten beistimmte, so konnte er auch nicht umhin, die so weit gedehnten Folgerungen gutzuheißen. Er be¬ schloß in dieser Verwicklung, der gestrengen Herrscherin seines Hauses sowohl Unrecht als Recht, das heißt dem Ankömmling sowohl eine Artigkeit, als auch einen ernsten Wink zukommen zu lassen. Die Artigkeit lautete: "Ich nehme die Gabe an, o Fremdling, und gebe dir deine Waffen zurück." Eigentlich fragte er sich, ob er nicht zu Ehren höflicher Sitte, auch schärferer Be¬ strafung seiner unbotmäßigen Schaffnerin ihn zum Kaffee einladen sollte, aber diese las ihm das aufrüh¬ rerische Vorhaben aus den Augen ab und ein strenger
Der Alten funkelten die ſchwarzen Augen in ihren tiefen Höhlen, ihre gelbe Haut wurde blaß, das heißt hellgelb, dann grünlich, dann roth, richtiger orange¬ gelb, ſie rieß Arthur das Meſſer weg, ſchleuderte es zu Boden und rief: „Man wird uns auch noch unſere gute alte Religion zerſchneiden.“ Arthur ſtand ſchwei¬ gend, lächelnd über die raſche Logik und ſah den Druiden an mit einem Blicke, der deutlich ſagte: „Was wirſt du nun dazu ſagen?“ Der Druide zog einen mittleren Weg vor — das liebte er — mit ge¬ wiſſen Ausnahmen — überhaupt. Er fühlte, daß dem Weibe, deſſen vorſtürzende Leidenſchaft ihn vor dem Fremden beſchämte, ein Verweis gebühre, allein er kannte ihre Wehrhaftigkeit, und zudem, wenn denn einmal ſein ahnendes Gefühl den Beſorgniſſen der Alten beiſtimmte, ſo konnte er auch nicht umhin, die ſo weit gedehnten Folgerungen gutzuheißen. Er be¬ ſchloß in dieſer Verwicklung, der geſtrengen Herrſcherin ſeines Hauſes ſowohl Unrecht als Recht, das heißt dem Ankömmling ſowohl eine Artigkeit, als auch einen ernſten Wink zukommen zu laſſen. Die Artigkeit lautete: „Ich nehme die Gabe an, o Fremdling, und gebe dir deine Waffen zurück.“ Eigentlich fragte er ſich, ob er nicht zu Ehren höflicher Sitte, auch ſchärferer Be¬ ſtrafung ſeiner unbotmäßigen Schaffnerin ihn zum Kaffee einladen ſollte, aber dieſe las ihm das aufrüh¬ reriſche Vorhaben aus den Augen ab und ein ſtrenger
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Der Alten funkelten die ſchwarzen Augen in ihren
tiefen Höhlen, ihre gelbe Haut wurde blaß, das heißt
hellgelb, dann grünlich, dann roth, richtiger orange¬
gelb, ſie rieß Arthur das Meſſer weg, ſchleuderte es
zu Boden und rief: „Man wird uns auch noch unſere
gute alte Religion zerſchneiden.“ Arthur ſtand ſchwei¬
gend, lächelnd über die raſche Logik und ſah den
Druiden an mit einem Blicke, der deutlich ſagte:
„Was wirſt du nun dazu ſagen?“ Der Druide zog
einen mittleren Weg vor — das liebte er — mit ge¬
wiſſen Ausnahmen — überhaupt. Er fühlte, daß
dem Weibe, deſſen vorſtürzende Leidenſchaft ihn vor
dem Fremden beſchämte, ein Verweis gebühre, allein
er kannte ihre Wehrhaftigkeit, und zudem, wenn denn
einmal ſein ahnendes Gefühl den Beſorgniſſen der
Alten beiſtimmte, ſo konnte er auch nicht umhin, die
ſo weit gedehnten Folgerungen gutzuheißen. Er be¬
ſchloß in dieſer Verwicklung, der geſtrengen Herrſcherin
ſeines Hauſes ſowohl Unrecht als Recht, das heißt
dem Ankömmling ſowohl eine Artigkeit, als auch einen
ernſten Wink zukommen zu laſſen. Die Artigkeit lautete:
„Ich nehme die Gabe an, o Fremdling, und gebe dir
deine Waffen zurück.“ Eigentlich fragte er ſich, ob er
nicht zu Ehren höflicher Sitte, auch ſchärferer Be¬
ſtrafung ſeiner unbotmäßigen Schaffnerin ihn zum
Kaffee einladen ſollte, aber dieſe las ihm das aufrüh¬
reriſche Vorhaben aus den Augen ab und ein ſtrenger
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/177>, abgerufen am 05.12.2024.
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