Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

buchserung, Buchsvermuthmaserung, Muthverbuchsma¬
serung, Masverbuchsmutherung und ähnliche. Dem
Sohne war es nicht darnach zu Muth, daß er hätte
lachen können, aber er nahm die Zeit wahr, sagte
gute Nacht und gieng.

Am Ende des Pfahldorfs standen drei große Ställe
für die Heerden, die untergeordneten Hirten schliefen
auf Heu- und Strohlagern bei dem Gethier, Alpin,
der Oberhirt hatte seine besondere kleine Hütte daneben.
Dorthin schliech er nun in seines Herzens Weh und
streckte sich auf seine Felle nieder. Lange wollte sich
der Schlaf nicht einstellen, als aber endlich die Natur
ihr Recht in Anspruch nahm, ließ sie sich auch durch
ein sonderbares Geräusch, das ringsherum anhub und
immer stärker wuchs, nicht aus ihrer wohlthätigen Ord¬
nung bringen, um so weniger, da dem Schläfer diese
Erscheinung nichts Neues war.

Ehe wir den Ursprung derselben aufsuchen, müssen
wir uns erst nach einer andern Stelle umsehen. Wir
lassen die Nacht bis zum Morgengrauen verstreichen,
begeben uns an's Land und sehen in der Dämmerung
einen schlanken Burschen dem See zuschreiten. Eine
Pelzmütze bedeckt sein dunkles Lockenhaupt; sie ist mit
einer Spielhahnfeder geschmückt, die aus einem Kreise
von Gemshaaren aufsteigt, und sie ist breit verbrämt
mit einer Borte aus zusammengefügten rothen Federn
vom Kopfe des Steinhuhns. Er trägt einen Gürtel,

buchserung, Buchsvermuthmaſerung, Muthverbuchsma¬
ſerung, Masverbuchsmutherung und ähnliche. Dem
Sohne war es nicht darnach zu Muth, daß er hätte
lachen können, aber er nahm die Zeit wahr, ſagte
gute Nacht und gieng.

Am Ende des Pfahldorfs ſtanden drei große Ställe
für die Heerden, die untergeordneten Hirten ſchliefen
auf Heu- und Strohlagern bei dem Gethier, Alpin,
der Oberhirt hatte ſeine beſondere kleine Hütte daneben.
Dorthin ſchliech er nun in ſeines Herzens Weh und
ſtreckte ſich auf ſeine Felle nieder. Lange wollte ſich
der Schlaf nicht einſtellen, als aber endlich die Natur
ihr Recht in Anſpruch nahm, ließ ſie ſich auch durch
ein ſonderbares Geräuſch, das ringsherum anhub und
immer ſtärker wuchs, nicht aus ihrer wohlthätigen Ord¬
nung bringen, um ſo weniger, da dem Schläfer dieſe
Erſcheinung nichts Neues war.

Ehe wir den Urſprung derſelben aufſuchen, müſſen
wir uns erſt nach einer andern Stelle umſehen. Wir
laſſen die Nacht bis zum Morgengrauen verſtreichen,
begeben uns an's Land und ſehen in der Dämmerung
einen ſchlanken Burſchen dem See zuſchreiten. Eine
Pelzmütze bedeckt ſein dunkles Lockenhaupt; ſie iſt mit
einer Spielhahnfeder geſchmückt, die aus einem Kreiſe
von Gemshaaren aufſteigt, und ſie iſt breit verbrämt
mit einer Borte aus zuſammengefügten rothen Federn
vom Kopfe des Steinhuhns. Er trägt einen Gürtel,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0166" n="153"/>
buchserung, Buchsvermuthma&#x017F;erung, Muthverbuchsma¬<lb/>
&#x017F;erung, Masverbuchsmutherung und ähnliche. Dem<lb/>
Sohne war es nicht darnach zu Muth, daß er hätte<lb/>
lachen können, aber er nahm die Zeit wahr, &#x017F;agte<lb/>
gute Nacht und gieng.</p><lb/>
        <p>Am Ende des Pfahldorfs &#x017F;tanden drei große Ställe<lb/>
für die Heerden, die untergeordneten Hirten &#x017F;chliefen<lb/>
auf Heu- und Strohlagern bei dem Gethier, Alpin,<lb/>
der Oberhirt hatte &#x017F;eine be&#x017F;ondere kleine Hütte daneben.<lb/>
Dorthin &#x017F;chliech er nun in &#x017F;eines Herzens Weh und<lb/>
&#x017F;treckte &#x017F;ich auf &#x017F;eine Felle nieder. Lange wollte &#x017F;ich<lb/>
der Schlaf nicht ein&#x017F;tellen, als aber endlich die Natur<lb/>
ihr Recht in An&#x017F;pruch nahm, ließ &#x017F;ie &#x017F;ich auch durch<lb/>
ein &#x017F;onderbares Geräu&#x017F;ch, das ringsherum anhub und<lb/>
immer &#x017F;tärker wuchs, nicht aus ihrer wohlthätigen Ord¬<lb/>
nung bringen, um &#x017F;o weniger, da dem Schläfer die&#x017F;e<lb/>
Er&#x017F;cheinung nichts Neues war.</p><lb/>
        <p>Ehe wir den Ur&#x017F;prung der&#x017F;elben auf&#x017F;uchen, mü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir uns er&#x017F;t nach einer andern Stelle um&#x017F;ehen. Wir<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en die Nacht bis zum Morgengrauen ver&#x017F;treichen,<lb/>
begeben uns an's Land und &#x017F;ehen in der Dämmerung<lb/>
einen &#x017F;chlanken Bur&#x017F;chen dem See zu&#x017F;chreiten. Eine<lb/>
Pelzmütze bedeckt &#x017F;ein dunkles Lockenhaupt; &#x017F;ie i&#x017F;t mit<lb/>
einer Spielhahnfeder ge&#x017F;chmückt, die aus einem Krei&#x017F;e<lb/>
von Gemshaaren auf&#x017F;teigt, und &#x017F;ie i&#x017F;t breit verbrämt<lb/>
mit einer Borte aus zu&#x017F;ammengefügten rothen Federn<lb/>
vom Kopfe des Steinhuhns. Er trägt einen Gürtel,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0166] buchserung, Buchsvermuthmaſerung, Muthverbuchsma¬ ſerung, Masverbuchsmutherung und ähnliche. Dem Sohne war es nicht darnach zu Muth, daß er hätte lachen können, aber er nahm die Zeit wahr, ſagte gute Nacht und gieng. Am Ende des Pfahldorfs ſtanden drei große Ställe für die Heerden, die untergeordneten Hirten ſchliefen auf Heu- und Strohlagern bei dem Gethier, Alpin, der Oberhirt hatte ſeine beſondere kleine Hütte daneben. Dorthin ſchliech er nun in ſeines Herzens Weh und ſtreckte ſich auf ſeine Felle nieder. Lange wollte ſich der Schlaf nicht einſtellen, als aber endlich die Natur ihr Recht in Anſpruch nahm, ließ ſie ſich auch durch ein ſonderbares Geräuſch, das ringsherum anhub und immer ſtärker wuchs, nicht aus ihrer wohlthätigen Ord¬ nung bringen, um ſo weniger, da dem Schläfer dieſe Erſcheinung nichts Neues war. Ehe wir den Urſprung derſelben aufſuchen, müſſen wir uns erſt nach einer andern Stelle umſehen. Wir laſſen die Nacht bis zum Morgengrauen verſtreichen, begeben uns an's Land und ſehen in der Dämmerung einen ſchlanken Burſchen dem See zuſchreiten. Eine Pelzmütze bedeckt ſein dunkles Lockenhaupt; ſie iſt mit einer Spielhahnfeder geſchmückt, die aus einem Kreiſe von Gemshaaren aufſteigt, und ſie iſt breit verbrämt mit einer Borte aus zuſammengefügten rothen Federn vom Kopfe des Steinhuhns. Er trägt einen Gürtel,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/166
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/166>, abgerufen am 05.12.2024.