nern vorzustellen. Die Barden waren im Grund eigentlich ein Zweig des Druidenordens, wir werden aber im Verlaufe noch Allerhand vernehmen von be¬ denklichen Spannungen zwischen diesem Zweig und seinem ursprünglichen Stamme. -- Der stolzeste Traum von Alpin's Mutter war denn, ihr Sohn sollte in Turik studieren und zwar Theologie: sie hoffte, ihn einst als Druiden zu sehen, und da stieg ihre Phan¬ tasie von Sprosse zu Sprosse; wir würden sagen: Pfarrer, Diakonus, Superintendent, Prälat, aber dar¬ über gab es noch eine Spitze, zu der sie in ihren kühnsten Phantasiegebilden schwindelnd emporklomm: Coibhi- Druid! Druidenhaupt! Und das war keine Kleinigkeit, denn der war Oberpriester und Fürst in Einer Person, da es Könige zu selbiger Zeit noch keine gab. Der Coibhidruid war zudem unfehlbar und vernichtend wirkte sein Bann, der den Getroffenen von den Opfern ausschloß. So hoch nun aber die gute Minona träumte, Unmög¬ liches träumte sie nicht. Denn der Coibhidruid wurde (auf lebenslänglich) von seinem Orden gewählt, und wenn es denn bei der Wahl nur auf Würdigkeit ankam, warum sollte nicht einst möglich sein, daß -- ?
All' diese Hoffnungen gründete sie auf Alpin's stille und sinnige Gemüthsart. Aber der sonst so lenk¬ same Sohn stemmte sich, wie schon erwähnt ist, da¬ gegen nicht minder fest, als gegen die Pläne des Vaters. Alpin hatte mehr als Einen Grund gegen
nern vorzuſtellen. Die Barden waren im Grund eigentlich ein Zweig des Druidenordens, wir werden aber im Verlaufe noch Allerhand vernehmen von be¬ denklichen Spannungen zwiſchen dieſem Zweig und ſeinem urſprünglichen Stamme. — Der ſtolzeſte Traum von Alpin's Mutter war denn, ihr Sohn ſollte in Turik ſtudieren und zwar Theologie: ſie hoffte, ihn einſt als Druiden zu ſehen, und da ſtieg ihre Phan¬ taſie von Sproſſe zu Sproſſe; wir würden ſagen: Pfarrer, Diakonus, Superintendent, Prälat, aber dar¬ über gab es noch eine Spitze, zu der ſie in ihren kühnſten Phantaſiegebilden ſchwindelnd emporklomm: Coibhi- Druid! Druidenhaupt! Und das war keine Kleinigkeit, denn der war Oberprieſter und Fürſt in Einer Perſon, da es Könige zu ſelbiger Zeit noch keine gab. Der Coibhidruid war zudem unfehlbar und vernichtend wirkte ſein Bann, der den Getroffenen von den Opfern ausſchloß. So hoch nun aber die gute Minona träumte, Unmög¬ liches träumte ſie nicht. Denn der Coibhidruid wurde (auf lebenslänglich) von ſeinem Orden gewählt, und wenn es denn bei der Wahl nur auf Würdigkeit ankam, warum ſollte nicht einſt möglich ſein, daß — ?
All' dieſe Hoffnungen gründete ſie auf Alpin's ſtille und ſinnige Gemüthsart. Aber der ſonſt ſo lenk¬ ſame Sohn ſtemmte ſich, wie ſchon erwähnt iſt, da¬ gegen nicht minder feſt, als gegen die Pläne des Vaters. Alpin hatte mehr als Einen Grund gegen
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nern vorzuſtellen. Die Barden waren im Grund
eigentlich ein Zweig des Druidenordens, wir werden
aber im Verlaufe noch Allerhand vernehmen von be¬
denklichen Spannungen zwiſchen dieſem Zweig und
ſeinem urſprünglichen Stamme. — Der ſtolzeſte Traum
von Alpin's Mutter war denn, ihr Sohn ſollte in
Turik ſtudieren und zwar Theologie: ſie hoffte, ihn
einſt als Druiden zu ſehen, und da ſtieg ihre Phan¬
taſie von Sproſſe zu Sproſſe; wir würden ſagen:
Pfarrer, Diakonus, Superintendent, Prälat, aber dar¬
über gab es noch eine Spitze, zu der ſie in ihren kühnſten
Phantaſiegebilden ſchwindelnd emporklomm: Coibhi-
Druid! Druidenhaupt! Und das war keine Kleinigkeit,
denn der war Oberprieſter und Fürſt in Einer Perſon,
da es Könige zu ſelbiger Zeit noch keine gab. Der
Coibhidruid war zudem unfehlbar und vernichtend wirkte
ſein Bann, der den Getroffenen von den Opfern ausſchloß.
So hoch nun aber die gute Minona träumte, Unmög¬
liches träumte ſie nicht. Denn der Coibhidruid wurde
(auf lebenslänglich) von ſeinem Orden gewählt, und
wenn es denn bei der Wahl nur auf Würdigkeit
ankam, warum ſollte nicht einſt möglich ſein, daß — ?
All' dieſe Hoffnungen gründete ſie auf Alpin's
ſtille und ſinnige Gemüthsart. Aber der ſonſt ſo lenk¬
ſame Sohn ſtemmte ſich, wie ſchon erwähnt iſt, da¬
gegen nicht minder feſt, als gegen die Pläne des
Vaters. Alpin hatte mehr als Einen Grund gegen
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/163>, abgerufen am 05.12.2024.
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