gesellschaftliche Stellung zuerkannt hatte -- rief mein Freund aus: "Glauben Sie mir, ich bin darin neu und ganz selbstständig! Sie werden sehen, die ganze Dichtung geht tiefsinnig von einer Entdeckung, die nur mir gehört, von einer Idee über den wahren, noch immer nicht erforschten Grund aus, warum diese Menschen auf Seen wohnten; denn Sicherheit gegen wilde Thiere und Feinde? Ist ja nichts! Fror ja im Winter zu!"
Der Nachtisch war inzwischen vorüber und der Wirth brachte Licht zum Cigarrenanzünden. Als A. E. das Handleuchterchen gefaßt hatte, hielt er es mir hin mit den Worten: "Da, sehen Sie: ist das nicht wieder, um sich auf's Tiefste zu empören!" Er zeigte mir, daß dem Geräthe das flache Blättchen am Griffe fehlte, worauf man den Daumen setzen muß, um es sicher zu halten; das Metall hatte an dieser Stelle eine runde Biegung, die so wenig Halt bot, daß es in jedem Moment vorn überzurutschen drohte. Wie ich ihn kannte, ließ ich mich durch das Maß seines Zorns über diese Kleinigkeit nicht befremden; ja, es schien mir einen belehrenden Blick in das Innere dieses Menschen zu öffnen. Wer über so etwas er¬ grimmen kann, in dem muß das Gefühl der Zweck¬ mäßigkeit von ungewöhnlicher Schärfe sein. -- Uebri¬ gens setzte er noch hinzu, ein solches Produkt sei ein wahres Bild unserer deutschen Industrie, deren Haupt¬
geſellſchaftliche Stellung zuerkannt hatte — rief mein Freund aus: „Glauben Sie mir, ich bin darin neu und ganz ſelbſtſtändig! Sie werden ſehen, die ganze Dichtung geht tiefſinnig von einer Entdeckung, die nur mir gehört, von einer Idee über den wahren, noch immer nicht erforſchten Grund aus, warum dieſe Menſchen auf Seen wohnten; denn Sicherheit gegen wilde Thiere und Feinde? Iſt ja nichts! Fror ja im Winter zu!“
Der Nachtiſch war inzwiſchen vorüber und der Wirth brachte Licht zum Cigarrenanzünden. Als A. E. das Handleuchterchen gefaßt hatte, hielt er es mir hin mit den Worten: „Da, ſehen Sie: iſt das nicht wieder, um ſich auf's Tiefſte zu empören!“ Er zeigte mir, daß dem Geräthe das flache Blättchen am Griffe fehlte, worauf man den Daumen ſetzen muß, um es ſicher zu halten; das Metall hatte an dieſer Stelle eine runde Biegung, die ſo wenig Halt bot, daß es in jedem Moment vorn überzurutſchen drohte. Wie ich ihn kannte, ließ ich mich durch das Maß ſeines Zorns über dieſe Kleinigkeit nicht befremden; ja, es ſchien mir einen belehrenden Blick in das Innere dieſes Menſchen zu öffnen. Wer über ſo etwas er¬ grimmen kann, in dem muß das Gefühl der Zweck¬ mäßigkeit von ungewöhnlicher Schärfe ſein. — Uebri¬ gens ſetzte er noch hinzu, ein ſolches Produkt ſei ein wahres Bild unſerer deutſchen Induſtrie, deren Haupt¬
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geſellſchaftliche Stellung zuerkannt hatte — rief mein
Freund aus: „Glauben Sie mir, ich bin darin
neu und ganz ſelbſtſtändig! Sie werden ſehen, die
ganze Dichtung geht tiefſinnig von einer Entdeckung,
die nur mir gehört, von einer Idee über den wahren,
noch immer nicht erforſchten Grund aus, warum dieſe
Menſchen auf Seen wohnten; denn Sicherheit gegen
wilde Thiere und Feinde? Iſt ja nichts! Fror ja im
Winter zu!“
Der Nachtiſch war inzwiſchen vorüber und der
Wirth brachte Licht zum Cigarrenanzünden. Als
A. E. das Handleuchterchen gefaßt hatte, hielt er es
mir hin mit den Worten: „Da, ſehen Sie: iſt das
nicht wieder, um ſich auf's Tiefſte zu empören!“ Er
zeigte mir, daß dem Geräthe das flache Blättchen am
Griffe fehlte, worauf man den Daumen ſetzen muß,
um es ſicher zu halten; das Metall hatte an dieſer
Stelle eine runde Biegung, die ſo wenig Halt bot,
daß es in jedem Moment vorn überzurutſchen drohte.
Wie ich ihn kannte, ließ ich mich durch das Maß
ſeines Zorns über dieſe Kleinigkeit nicht befremden;
ja, es ſchien mir einen belehrenden Blick in das Innere
dieſes Menſchen zu öffnen. Wer über ſo etwas er¬
grimmen kann, in dem muß das Gefühl der Zweck¬
mäßigkeit von ungewöhnlicher Schärfe ſein. — Uebri¬
gens ſetzte er noch hinzu, ein ſolches Produkt ſei ein
wahres Bild unſerer deutſchen Induſtrie, deren Haupt¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/124>, abgerufen am 05.12.2024.
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