Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,4. Stuttgart, 1857.
Gesangmethode nicht als eine ästhetische Sünde gefühlt werden müßte, die Die Begleitung des Solospiels kann je nach dem innern Charakter §. 809. Der mehrstimmige Instrumentalsatz combinirt mehrere Instrumente, Der in §. 808 zuletzt erwähnte Solosatz der Harmonieinstrumente,
Geſangmethode nicht als eine äſthetiſche Sünde gefühlt werden müßte, die Die Begleitung des Soloſpiels kann je nach dem innern Charakter §. 809. Der mehrſtimmige Inſtrumentalſatz combinirt mehrere Inſtrumente, Der in §. 808 zuletzt erwähnte Soloſatz der Harmonieinſtrumente, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0291" n="1053"/> Geſangmethode nicht als eine äſthetiſche Sünde gefühlt werden müßte, die<lb/> zum Voraus allen Kunſtgenuß bei dergleichen Productionen unmöglich macht.<lb/> Blos bei denjenigen Inſtrumenten, welche zum Soloſpiel ſich gar nicht oder<lb/> nur unter ganz ungewöhnlichen, ſelten vorhandenen Bedingungen techniſcher<lb/> Meiſterſchaft eignen, wie Poſaune, Fagott, iſt die Unnatur eine ähnliche,<lb/> obwohl ſie auch hier weniger verletzend wirkt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Die <hi rendition="#g">Begleitung</hi> des Soloſpiels kann je nach dem innern Charakter<lb/> des Tonſtücks monodiſch, vielſtimmig, orcheſtriſch ſein und ſowohl verſchiedene<lb/> Tonſtärken als mannigfaltigſte Klangfarben in Anwendung bringen, oder<lb/> auch auf ganz einfache, blos füllende Harmonie ſich beſchränken. Am ent-<lb/> ſchiedenſten verſchmäht die Orgel, wenn ſie als Soloinſtrument auftritt,<lb/> jede weitere Begleitung wegen ihres ganz eigenthümlichen Charakters, der,<lb/> wenn ſie Principalinſtrument iſt, eine Combination mit andern nicht leicht<lb/> zuläßt und ihrer auch nicht bedarf; ähnlich ſelbſtändig iſt auch die Harfe,<lb/> weniger ſchon das Clavier, durch deſſen Verbindung beſonders mit den<lb/> kräftig und doch zart ausfüllenden, tonaushaltenden Streichorganen die<lb/> Einſeitigkeit des Claviers ergänzt und ein ebenſo voller und gediegener als<lb/> doch feingedämpfter Harmonieklang hervorgebracht wird.</hi> </p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 809.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Der <hi rendition="#g">mehrſtimmige Inſtrumentalſatz</hi> combinirt mehrere Inſtrumente,<lb/> um ein durch die Natur derſelben und durch ihre qualitative und quantitative<lb/> Geſammtwirkung bedingtes Inſtrumentaltonbild hervorzubringen. Die Com-<lb/> binationen können <hi rendition="#g">einfacher</hi> oder <hi rendition="#g">zuſammengeſetzter</hi>, von <hi rendition="#g">gleich-<lb/> artiger</hi> oder von <hi rendition="#g">gemiſchter</hi> Gattung ſein, und entweder einen <hi rendition="#g">mehr-<lb/> ſtimmigen Soloſatz</hi> oder einen <hi rendition="#g">Harmonieſatz</hi> mit mehrfach beſetzten<lb/> Stimmen darſtellen; im <hi rendition="#g">Concertſatz</hi> ſind die Prinzipien des Solo- und des<lb/> Harmonieſatzes vereinigt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Der in §. 808 zuletzt erwähnte Soloſatz der Harmonieinſtrumente,<lb/> Clavier, Orgel u. ſ. w., geht bereits über die Monodie zur Mehrſtimmigkeit,<lb/> über die Homophonie zur Polyphonie hinaus und bildet ſo den Uebergang<lb/> zu dem mehrere Inſtrumente vereinigenden Satz. Der unbegleiteten Monodie<lb/> des Einzelinſtruments entſpricht innerhalb des letztern der „mehrſtimmige<lb/> Soloſatz“, der begleiteten der „Concertſatz“, der einfacher begleiteten die<lb/> „gleichartige, einfachere“, der voller begleiteten die „gemiſchte, zuſammen-<lb/> geſetztere Art“ des mehrſtimmigen Satzes, ſowie insbeſondere der „Harmonie-<lb/> ſatz“, der jedoch zugleich den directen Gegenſatz zum monodiſchen Satze bildet.<lb/> Der <hi rendition="#g">mehrſtimmige Soloſatz</hi> iſt hier, wie in der Vocalmuſik, die erſte<lb/> Form, durch welche der „Egoismus“ des Einzelſpiels überwunden, die<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1053/0291]
Geſangmethode nicht als eine äſthetiſche Sünde gefühlt werden müßte, die
zum Voraus allen Kunſtgenuß bei dergleichen Productionen unmöglich macht.
Blos bei denjenigen Inſtrumenten, welche zum Soloſpiel ſich gar nicht oder
nur unter ganz ungewöhnlichen, ſelten vorhandenen Bedingungen techniſcher
Meiſterſchaft eignen, wie Poſaune, Fagott, iſt die Unnatur eine ähnliche,
obwohl ſie auch hier weniger verletzend wirkt.
Die Begleitung des Soloſpiels kann je nach dem innern Charakter
des Tonſtücks monodiſch, vielſtimmig, orcheſtriſch ſein und ſowohl verſchiedene
Tonſtärken als mannigfaltigſte Klangfarben in Anwendung bringen, oder
auch auf ganz einfache, blos füllende Harmonie ſich beſchränken. Am ent-
ſchiedenſten verſchmäht die Orgel, wenn ſie als Soloinſtrument auftritt,
jede weitere Begleitung wegen ihres ganz eigenthümlichen Charakters, der,
wenn ſie Principalinſtrument iſt, eine Combination mit andern nicht leicht
zuläßt und ihrer auch nicht bedarf; ähnlich ſelbſtändig iſt auch die Harfe,
weniger ſchon das Clavier, durch deſſen Verbindung beſonders mit den
kräftig und doch zart ausfüllenden, tonaushaltenden Streichorganen die
Einſeitigkeit des Claviers ergänzt und ein ebenſo voller und gediegener als
doch feingedämpfter Harmonieklang hervorgebracht wird.
§. 809.
Der mehrſtimmige Inſtrumentalſatz combinirt mehrere Inſtrumente,
um ein durch die Natur derſelben und durch ihre qualitative und quantitative
Geſammtwirkung bedingtes Inſtrumentaltonbild hervorzubringen. Die Com-
binationen können einfacher oder zuſammengeſetzter, von gleich-
artiger oder von gemiſchter Gattung ſein, und entweder einen mehr-
ſtimmigen Soloſatz oder einen Harmonieſatz mit mehrfach beſetzten
Stimmen darſtellen; im Concertſatz ſind die Prinzipien des Solo- und des
Harmonieſatzes vereinigt.
Der in §. 808 zuletzt erwähnte Soloſatz der Harmonieinſtrumente,
Clavier, Orgel u. ſ. w., geht bereits über die Monodie zur Mehrſtimmigkeit,
über die Homophonie zur Polyphonie hinaus und bildet ſo den Uebergang
zu dem mehrere Inſtrumente vereinigenden Satz. Der unbegleiteten Monodie
des Einzelinſtruments entſpricht innerhalb des letztern der „mehrſtimmige
Soloſatz“, der begleiteten der „Concertſatz“, der einfacher begleiteten die
„gleichartige, einfachere“, der voller begleiteten die „gemiſchte, zuſammen-
geſetztere Art“ des mehrſtimmigen Satzes, ſowie insbeſondere der „Harmonie-
ſatz“, der jedoch zugleich den directen Gegenſatz zum monodiſchen Satze bildet.
Der mehrſtimmige Soloſatz iſt hier, wie in der Vocalmuſik, die erſte
Form, durch welche der „Egoismus“ des Einzelſpiels überwunden, die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |