Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.
theilung und zieht sich neben ihr hin, ohne für sich eine solche zu begründen. 1. Südliche und nördliche Natur sahen wir, jene mit dem Stylbilde, 2. Die Theile der Landschaft sind Luft und Licht, Wasser, Erde,
theilung und zieht ſich neben ihr hin, ohne für ſich eine ſolche zu begründen. 1. Südliche und nördliche Natur ſahen wir, jene mit dem Stylbilde, 2. Die Theile der Landſchaft ſind Luft und Licht, Waſſer, Erde, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p> <hi rendition="#fr"><pb facs="#f0162" n="654"/> theilung und zieht ſich neben ihr hin, ohne für ſich eine ſolche zu begründen.<lb/><note place="left">2.</note>Dagegen enthält die Hervorhebung oder ausſchließende Behandlung einer<lb/><hi rendition="#g">Seite</hi> des Landſchaftlichen einen Anſatz zur Zweigebildung, der wenigſtens in<lb/><note place="left">3.</note>der See-Malerei zu ausdrücklicher Dezeichnung gelangt. In innigem Wechſel-<lb/> verhältniß mit dieſem Unterſchiede und dem des <hi rendition="#g">Lyriſchen, Epiſchen,<lb/> Dramatiſchen</hi> ſteht derjenige, welcher aus der Auffaſſung des einen oder<lb/> andern <hi rendition="#g">Moments</hi> im Sinne der Jahrszeit, Tageszeit oder des augenblicklichen<lb/> Zuſtands entſteht; die Winter- und Mondſchein-Landſchaft tritt als kleiner<lb/><note place="left">4.</note>Theil dieſes Gebietes in beſonderer Benennung hervor. Das <hi rendition="#g">einfach Schöne</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Erhabene</hi> vermählt ſich in unendlicher Mannigfaltigkeit mit allen andern<lb/> Unterſchieden.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Südliche und nördliche Natur ſahen wir, jene mit dem Stylbilde,<lb/> dieſe mit dem Stimmungsbilde zuſammentreten, doch nicht in nothwendiger<lb/> Bindung; der Unterſchied der Zone u. ſ. w. läuft alſo neben jener erſten<lb/> Eintheilung ebenſoſehr auch ſelbſtändig hin. Das gewöhnliche Herkommen hat<lb/> in der Landſchaftmalerei beſondere Namen eigentlich nur da fixirt, wo ſich<lb/> die Subjectivität der Künſtler ſtehend auf gewiſſe Spezialitäten geworfen<lb/> hat; gerade die tieferen Unterſcheidungen geben doch nicht den greiflich<lb/> feſten Rahmen, den man eigentlich unter Zweig verſteht, daher denn auch<lb/> die ſtärkſte und entſcheidendſte derſelben, die der vorh. §. aufſtellt, nicht als<lb/> geläufige Eintheilungsformel im Gebrauche ſein kann. Eine ſolche erwächst<lb/> auch nicht aus den Unterſchieden des Stoffs: Natur des Oſtens, Südens,<lb/> Weſtens, Nordens, engere und engſte landſchaftliche Beſtimmtheit der<lb/> Länder, Landſtriche u. ſ. w. Die Aufgabe der Wiſſenſchaft aber iſt es, in<lb/> jedem Gebiete alle weſentlichen Unterſcheidungs-Linien aufzuzeigen, um den<lb/> vollſtändigen Schlüſſel zur Analyſe des einzelnen Künſtler-Genius und<lb/> Kunſtwerks zu geben. Hier nun iſt es beſonders wichtig, wie ſich, ganz<lb/> dem modernen Geiſt entſprechend, das Landſchaftsgebiet durch immer weitere<lb/> Oeffnung des Erdkreiſes für das Auge der Bildung und der Kunſt erweitert.<lb/> Lange bewegte ſich die Landſchaftmalerei in den Grenzen Italiens und<lb/> des Niederrheins, Belgiens, Hollands, jetzt wandert der Landſchaftmaler<lb/> mit Feldſtuhl und Mappe nicht nur die nahen Länder des gebildeten<lb/> Europa aus, nicht nur Spanien, Griechenland hat ſeine Schätze erſchloſſen:<lb/> Amerika, Afrika, Aſien und das nördliche Europa bis zur Grenze des<lb/> Bewohnbaren erſchließen ihre Wunder.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">2. Die Theile der Landſchaft ſind Luft und Licht, Waſſer, Erde,<lb/> Pflanze. Ein Künſtler kann ſich im Ganzen ſeiner Auffaſſung mehr auf<lb/> den einen oder andern oder mehrere dieſer Seiten werfen oder nach<lb/> Stimmung und Stoff zwiſchen der Betonung der einen und andern wechſeln.<lb/> Rottmanns Größe z. B. iſt vor Allem das tiefſte Gefühl für die Erd-<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [654/0162]
theilung und zieht ſich neben ihr hin, ohne für ſich eine ſolche zu begründen.
Dagegen enthält die Hervorhebung oder ausſchließende Behandlung einer
Seite des Landſchaftlichen einen Anſatz zur Zweigebildung, der wenigſtens in
der See-Malerei zu ausdrücklicher Dezeichnung gelangt. In innigem Wechſel-
verhältniß mit dieſem Unterſchiede und dem des Lyriſchen, Epiſchen,
Dramatiſchen ſteht derjenige, welcher aus der Auffaſſung des einen oder
andern Moments im Sinne der Jahrszeit, Tageszeit oder des augenblicklichen
Zuſtands entſteht; die Winter- und Mondſchein-Landſchaft tritt als kleiner
Theil dieſes Gebietes in beſonderer Benennung hervor. Das einfach Schöne
und Erhabene vermählt ſich in unendlicher Mannigfaltigkeit mit allen andern
Unterſchieden.
1. Südliche und nördliche Natur ſahen wir, jene mit dem Stylbilde,
dieſe mit dem Stimmungsbilde zuſammentreten, doch nicht in nothwendiger
Bindung; der Unterſchied der Zone u. ſ. w. läuft alſo neben jener erſten
Eintheilung ebenſoſehr auch ſelbſtändig hin. Das gewöhnliche Herkommen hat
in der Landſchaftmalerei beſondere Namen eigentlich nur da fixirt, wo ſich
die Subjectivität der Künſtler ſtehend auf gewiſſe Spezialitäten geworfen
hat; gerade die tieferen Unterſcheidungen geben doch nicht den greiflich
feſten Rahmen, den man eigentlich unter Zweig verſteht, daher denn auch
die ſtärkſte und entſcheidendſte derſelben, die der vorh. §. aufſtellt, nicht als
geläufige Eintheilungsformel im Gebrauche ſein kann. Eine ſolche erwächst
auch nicht aus den Unterſchieden des Stoffs: Natur des Oſtens, Südens,
Weſtens, Nordens, engere und engſte landſchaftliche Beſtimmtheit der
Länder, Landſtriche u. ſ. w. Die Aufgabe der Wiſſenſchaft aber iſt es, in
jedem Gebiete alle weſentlichen Unterſcheidungs-Linien aufzuzeigen, um den
vollſtändigen Schlüſſel zur Analyſe des einzelnen Künſtler-Genius und
Kunſtwerks zu geben. Hier nun iſt es beſonders wichtig, wie ſich, ganz
dem modernen Geiſt entſprechend, das Landſchaftsgebiet durch immer weitere
Oeffnung des Erdkreiſes für das Auge der Bildung und der Kunſt erweitert.
Lange bewegte ſich die Landſchaftmalerei in den Grenzen Italiens und
des Niederrheins, Belgiens, Hollands, jetzt wandert der Landſchaftmaler
mit Feldſtuhl und Mappe nicht nur die nahen Länder des gebildeten
Europa aus, nicht nur Spanien, Griechenland hat ſeine Schätze erſchloſſen:
Amerika, Afrika, Aſien und das nördliche Europa bis zur Grenze des
Bewohnbaren erſchließen ihre Wunder.
2. Die Theile der Landſchaft ſind Luft und Licht, Waſſer, Erde,
Pflanze. Ein Künſtler kann ſich im Ganzen ſeiner Auffaſſung mehr auf
den einen oder andern oder mehrere dieſer Seiten werfen oder nach
Stimmung und Stoff zwiſchen der Betonung der einen und andern wechſeln.
Rottmanns Größe z. B. iſt vor Allem das tiefſte Gefühl für die Erd-
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