Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,2. Stuttgart, 1853.b. Die Zweige der Bildnerkunst. §. 630. Die Bildnerkunst ist durch ihr innerstes Wesen so bestimmt an die zweite Die Aufstellung dieser Sätze geht genau aus der Darstellung des §. 631. Diese Durchkreuzung zeigt sich sogleich bei der Eintheilung, die sich auf1. b. Die Zweige der Bildnerkunſt. §. 630. Die Bildnerkunſt iſt durch ihr innerſtes Weſen ſo beſtimmt an die zweite Die Aufſtellung dieſer Sätze geht genau aus der Darſtellung des §. 631. Dieſe Durchkreuzung zeigt ſich ſogleich bei der Eintheilung, die ſich auf1. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0129" n="455"/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">b.</hi><lb/><hi rendition="#g">Die Zweige der Bildnerkunſt</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="6"> <head>§. 630.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Die Bildnerkunſt iſt durch ihr innerſtes Weſen ſo beſtimmt an die zweite<lb/> Stoffwelt (vergl. §. 417) gewieſen, daß der Eintheilungsgrund des Mythi-<lb/> ſchen und nicht Mythiſchen alle andern Eintheilungsgründe hier beſonders au-<lb/> genfällig durchkreuzt (vergl. §. 541). Ihre höchſte Aufgabe iſt die Darſtel-<lb/> lung des idealen Abbilds der Welt im Kreiſe der <hi rendition="#g">Götter und Heroen</hi>.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Die Aufſtellung dieſer Sätze geht genau aus der Darſtellung des<lb/> Weſens der Plaſtik hervor, vergl. insbeſondere §. 606. Sie iſt weſent-<lb/> lich <hi rendition="#g">Götterbildende</hi> Kunſt, weil ihre Geſtaltungsweiſe die ausdrück-<lb/> lich ideale, direct ideale iſt. Wo Götter geglaubt werden, ſchlägt ſich die<lb/> Idee des Einen Göttlichen in einen Kreis idealer Perſonen auseinander,<lb/> welche die verſchiedenen Gebiete des Daſeins ſtellvertretend in ſich dar-<lb/> ſtellen, und dieſe Perſonen gewinnen ihre Individualität in der Weiſe,<lb/> wie ſie im Allgemeinen §. 437 und eingehend in das künſtleriſche Ver-<lb/> fahren §. 616, <hi rendition="#sub">1.</hi> und 621 aufgewieſen hat. Untergeordnete Genien,<lb/> Halbgötter führen hinüber zur Sage, welche aus der wirklichen Men-<lb/> ſchenwelt Einzelne herausgreift, an den Götterkreis knüpft und ſo im<lb/> Heroenkreiſe das Band zwiſchen dem idealen Spiegelbilde des Lebens und<lb/> dem neben ihm gleichzeitig noch als Stoff des Ideals beſtehenden Leben<lb/> herſtellt. Jedes weitere Eingehen würde den folgenden §§. vorgreifen<lb/> oder ſchon beſtimmter in den geſchichtlichen Abſchnitt hinausführen. Was<lb/> unter dem Durchkreuzen der weitern Eintheilungsgründe verſtanden ſei,<lb/> wird ſich alsbald zeigen.</hi> </p> </div><lb/> <div n="6"> <head>§. 631.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Dieſe Durchkreuzung zeigt ſich ſogleich bei der Eintheilung, die ſich auf<note place="right">1.</note><lb/> die <hi rendition="#g">Stoff-Unterſchiede</hi> der Phantaſie (§. 403) gründet: das <hi rendition="#g">landſchaft-<lb/> liche</hi> Gebiet wird ſchon durch die zweite Stoffwelt verdrängt; der <hi rendition="#g">Thierdar-</hi><note place="right">2.</note><lb/><hi rendition="#g">ſtellung</hi> geſellt ſich ein Kreis phantaſtiſch zuſammengeſetzter Bildungen bei;<lb/> das ganze Gebiet des <hi rendition="#g">allgemein Menſchlichen</hi>, wie es über die Unter-<note place="right">3.</note><lb/> ſchiede der Formen, Sitten, Stimmungen bis hinauf zur Charakterdarſtellung<lb/> ſich ausbreitet (Genre), zerfällt in eine mythiſche und nicht mythiſche Auffaſ-<lb/> ſung, doch ſo, daß immer dieſe ſich jener nähert; das <hi rendition="#g">Geſchichtliche</hi> endlich,<note place="right">4.</note><lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [455/0129]
b.
Die Zweige der Bildnerkunſt.
§. 630.
Die Bildnerkunſt iſt durch ihr innerſtes Weſen ſo beſtimmt an die zweite
Stoffwelt (vergl. §. 417) gewieſen, daß der Eintheilungsgrund des Mythi-
ſchen und nicht Mythiſchen alle andern Eintheilungsgründe hier beſonders au-
genfällig durchkreuzt (vergl. §. 541). Ihre höchſte Aufgabe iſt die Darſtel-
lung des idealen Abbilds der Welt im Kreiſe der Götter und Heroen.
Die Aufſtellung dieſer Sätze geht genau aus der Darſtellung des
Weſens der Plaſtik hervor, vergl. insbeſondere §. 606. Sie iſt weſent-
lich Götterbildende Kunſt, weil ihre Geſtaltungsweiſe die ausdrück-
lich ideale, direct ideale iſt. Wo Götter geglaubt werden, ſchlägt ſich die
Idee des Einen Göttlichen in einen Kreis idealer Perſonen auseinander,
welche die verſchiedenen Gebiete des Daſeins ſtellvertretend in ſich dar-
ſtellen, und dieſe Perſonen gewinnen ihre Individualität in der Weiſe,
wie ſie im Allgemeinen §. 437 und eingehend in das künſtleriſche Ver-
fahren §. 616, 1. und 621 aufgewieſen hat. Untergeordnete Genien,
Halbgötter führen hinüber zur Sage, welche aus der wirklichen Men-
ſchenwelt Einzelne herausgreift, an den Götterkreis knüpft und ſo im
Heroenkreiſe das Band zwiſchen dem idealen Spiegelbilde des Lebens und
dem neben ihm gleichzeitig noch als Stoff des Ideals beſtehenden Leben
herſtellt. Jedes weitere Eingehen würde den folgenden §§. vorgreifen
oder ſchon beſtimmter in den geſchichtlichen Abſchnitt hinausführen. Was
unter dem Durchkreuzen der weitern Eintheilungsgründe verſtanden ſei,
wird ſich alsbald zeigen.
§. 631.
Dieſe Durchkreuzung zeigt ſich ſogleich bei der Eintheilung, die ſich auf
die Stoff-Unterſchiede der Phantaſie (§. 403) gründet: das landſchaft-
liche Gebiet wird ſchon durch die zweite Stoffwelt verdrängt; der Thierdar-
ſtellung geſellt ſich ein Kreis phantaſtiſch zuſammengeſetzter Bildungen bei;
das ganze Gebiet des allgemein Menſchlichen, wie es über die Unter-
ſchiede der Formen, Sitten, Stimmungen bis hinauf zur Charakterdarſtellung
ſich ausbreitet (Genre), zerfällt in eine mythiſche und nicht mythiſche Auffaſ-
ſung, doch ſo, daß immer dieſe ſich jener nähert; das Geſchichtliche endlich,
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