Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,1. Reutlingen u. a., 1851.
auf das Verhältniß zum Naturschönen zurückkommen, wie dieß im zweiten §. 489. Entstehen soll also ein Drittes, das objectiv ist, wie das Naturschöne,1. 1. Die Phantasie muß also (durch eine weitere, erst darzustellende
auf das Verhältniß zum Naturſchönen zurückkommen, wie dieß im zweiten §. 489. Entſtehen ſoll alſo ein Drittes, das objectiv iſt, wie das Naturſchöne,1. 1. Die Phantaſie muß alſo (durch eine weitere, erſt darzuſtellende <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0019" n="7"/> auf das Verhältniß zum Naturſchönen zurückkommen, wie dieß im zweiten<lb/> Theil zu §. 379 S. 301 unten, §. 388, 1. S. 325, zu §. 391 S. 334<lb/> und §. 398, 2. S. 360 angekündigt iſt.</hi> </p> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 489.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Entſtehen ſoll alſo ein Drittes, das objectiv iſt, wie das Naturſchöne,<note place="right">1.</note><lb/> und ſubjectiv in dem doppelten Sinne, daß das Object Träger der reinen, aus<lb/> dem Innern des Phantaſiebegabten Subjects erzeugten Form und daß es der<lb/> Vermittler iſt, durch welchen dieſelbe in die Phantaſie des anſchauenden Sub-<lb/> jects eingeht, die an ihm zum Nachſchaffen ſich entzündet: die ſubjectiv-objective<note place="right">2.</note><lb/> Wirklichkeit des Schönen, worin die Mängel ſeiner blos objectiven und blos<lb/> ſubjectiven Exiſtenz aufgehoben und die Vorzüge beider Exiſtenzformen vereinigt ſind.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Die Phantaſie muß alſo (durch eine weitere, erſt darzuſtellende<lb/> Thätigkeit) ein Object herſtellen, in welchem ſie ihr Bild niederlegt.<lb/> Dieſes Object wird zur reinen Mitte zwiſchen ſeinem Urheber und dem<lb/> Zuſchauer. Das Naturſchöne war nicht jene Mitte; es kommt aus keinem<lb/> Geiſte, der es auf Schönheit als ſolche angelegt hätte, ſondern aus<lb/> Kräften, die auf andere Zwecke arbeiten, daher berührt ſich in ſeiner<lb/> Anſchauung nicht ein äſthetiſch Genießender mit einem äſthetiſch Schaffen-<lb/> den; nur durch eine Unterſchiebung der eigenen Phantaſie in das Object<lb/> gibt ſich der Zuſchauer die Illuſion, als begrüße ihn in der naturſchönen<lb/> Erſcheinung ein Künſtler. Das Gebilde aber, welches die aus dem Geiſte<lb/> eines äſthetiſch ſchöpferiſchen Subjects abgelöste reine <choice><sic>Auſchauung</sic><corr>Anſchauung</corr></choice> in ſich<lb/> aufnimmt, trägt dieſe ſo über in den Zuſchauer, daß er das wirkliche<lb/> Erzeugniß einer Phantaſie nachzubilden genöthigt wird. Es iſt zu §. 487<lb/> auseinandergeſetzt, wie die beſondere Phantaſie eine Schuld an die allge-<lb/> meine abzutragen hat; jetzt iſt auszuſprechen, wie dieſe Schuld nicht<lb/> einfach darin beſteht, daß die nicht ſchöpferiſche Phantaſie der Maſſe durch<lb/> die ſchöpferiſche des Einzelnen zu dem, ihr ſonſt verſagten <hi rendition="#g">Genuſſe</hi> des<lb/> wahrhaft Schönen gelangen ſoll, ſondern darin, daß ſie gehoben werden<lb/> ſoll über ſich ſelbſt zu einer höheren Thätigkeit, als diejenige iſt, auf die<lb/> ſie in der Lehre von der Phantaſie im zweiten Abſchnitt des 2. Theils<lb/> eingeſchränkt auftritt. Dort erſchien ſie nur als Spiel der Einbildungs-<lb/> kraft und als eine unbewußte Ergänzung des Naturſchönen durch ein<lb/> Leihen; nunmehr ſteigt ſie, zwar nicht zum Schaffen, aber zum Nach-<lb/> ſchaffen des wahrhaft Schönen auf. Jedes Kunſtwerk wendet ſich an<lb/> den Nachdichtenden; der Zuſchauer ſieht es, hört es, aber in ihm und<lb/> durch es das reine Bild, das im Innern des Dichters war. Der<lb/> gebildete Stoff, der vor ihm ſteht oder ſich bewegt, entſchwindet ihm<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0019]
auf das Verhältniß zum Naturſchönen zurückkommen, wie dieß im zweiten
Theil zu §. 379 S. 301 unten, §. 388, 1. S. 325, zu §. 391 S. 334
und §. 398, 2. S. 360 angekündigt iſt.
§. 489.
Entſtehen ſoll alſo ein Drittes, das objectiv iſt, wie das Naturſchöne,
und ſubjectiv in dem doppelten Sinne, daß das Object Träger der reinen, aus
dem Innern des Phantaſiebegabten Subjects erzeugten Form und daß es der
Vermittler iſt, durch welchen dieſelbe in die Phantaſie des anſchauenden Sub-
jects eingeht, die an ihm zum Nachſchaffen ſich entzündet: die ſubjectiv-objective
Wirklichkeit des Schönen, worin die Mängel ſeiner blos objectiven und blos
ſubjectiven Exiſtenz aufgehoben und die Vorzüge beider Exiſtenzformen vereinigt ſind.
1. Die Phantaſie muß alſo (durch eine weitere, erſt darzuſtellende
Thätigkeit) ein Object herſtellen, in welchem ſie ihr Bild niederlegt.
Dieſes Object wird zur reinen Mitte zwiſchen ſeinem Urheber und dem
Zuſchauer. Das Naturſchöne war nicht jene Mitte; es kommt aus keinem
Geiſte, der es auf Schönheit als ſolche angelegt hätte, ſondern aus
Kräften, die auf andere Zwecke arbeiten, daher berührt ſich in ſeiner
Anſchauung nicht ein äſthetiſch Genießender mit einem äſthetiſch Schaffen-
den; nur durch eine Unterſchiebung der eigenen Phantaſie in das Object
gibt ſich der Zuſchauer die Illuſion, als begrüße ihn in der naturſchönen
Erſcheinung ein Künſtler. Das Gebilde aber, welches die aus dem Geiſte
eines äſthetiſch ſchöpferiſchen Subjects abgelöste reine Anſchauung in ſich
aufnimmt, trägt dieſe ſo über in den Zuſchauer, daß er das wirkliche
Erzeugniß einer Phantaſie nachzubilden genöthigt wird. Es iſt zu §. 487
auseinandergeſetzt, wie die beſondere Phantaſie eine Schuld an die allge-
meine abzutragen hat; jetzt iſt auszuſprechen, wie dieſe Schuld nicht
einfach darin beſteht, daß die nicht ſchöpferiſche Phantaſie der Maſſe durch
die ſchöpferiſche des Einzelnen zu dem, ihr ſonſt verſagten Genuſſe des
wahrhaft Schönen gelangen ſoll, ſondern darin, daß ſie gehoben werden
ſoll über ſich ſelbſt zu einer höheren Thätigkeit, als diejenige iſt, auf die
ſie in der Lehre von der Phantaſie im zweiten Abſchnitt des 2. Theils
eingeſchränkt auftritt. Dort erſchien ſie nur als Spiel der Einbildungs-
kraft und als eine unbewußte Ergänzung des Naturſchönen durch ein
Leihen; nunmehr ſteigt ſie, zwar nicht zum Schaffen, aber zum Nach-
ſchaffen des wahrhaft Schönen auf. Jedes Kunſtwerk wendet ſich an
den Nachdichtenden; der Zuſchauer ſieht es, hört es, aber in ihm und
durch es das reine Bild, das im Innern des Dichters war. Der
gebildete Stoff, der vor ihm ſteht oder ſich bewegt, entſchwindet ihm
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