Zweiter Abschnitt. Die subjective Existenz des Schönen oder die Phantasie.
A. Die Phantasie überhaupt.
a. Die allgemeine Phantasie.
§ 379.
Dadurch, daß die Schönheit auch auf dem Schauplatze, wo sie am meisten verbürgt scheint, in einem so unstäten Verhältnisse zu den Zwecken der geschicht- lichen Bewegung steht, drängt sich die innere Haltlosigkeit dieser ganzen Exi- stenzform des Schönen jeder Beobachtung auf. Ueberhaupt aber leuchtet zunächst ein, daß die in §. 234 vorausgesetzte Gunst des Zufalls selten und, während die unmittelbare Lebendigkeit der Vorzug alles Naturschönen bleiben wird, eben durch diese höchst flüchtig ist, was darin seinen Grund hat, daß alles Naturschöne als solches nicht gewollt ist, sondern sich nur mitergiebt, während die allgemeinen Lebenszwecke verfolgt werden.
Vischer's Aesthetik. 2. Band. 20
Zweiter Abſchnitt. Die ſubjective Exiſtenz des Schönen oder die Phantaſie.
A. Die Phantaſie überhaupt.
a. Die allgemeine Phantaſie.
§ 379.
Dadurch, daß die Schönheit auch auf dem Schauplatze, wo ſie am meiſten verbürgt ſcheint, in einem ſo unſtäten Verhältniſſe zu den Zwecken der geſchicht- lichen Bewegung ſteht, drängt ſich die innere Haltloſigkeit dieſer ganzen Exi- ſtenzform des Schönen jeder Beobachtung auf. Ueberhaupt aber leuchtet zunächſt ein, daß die in §. 234 vorausgeſetzte Gunſt des Zufalls ſelten und, während die unmittelbare Lebendigkeit der Vorzug alles Naturſchönen bleiben wird, eben durch dieſe höchſt flüchtig iſt, was darin ſeinen Grund hat, daß alles Naturſchöne als ſolches nicht gewollt iſt, ſondern ſich nur mitergiebt, während die allgemeinen Lebenszwecke verfolgt werden.
Viſcher’s Aeſthetik. 2. Band. 20
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[[299]/0013]
Zweiter Abſchnitt.
Die ſubjective Exiſtenz des Schönen
oder
die Phantaſie.
A.
Die Phantaſie überhaupt.
a.
Die allgemeine Phantaſie.
§ 379.
Dadurch, daß die Schönheit auch auf dem Schauplatze, wo ſie am meiſten
verbürgt ſcheint, in einem ſo unſtäten Verhältniſſe zu den Zwecken der geſchicht-
lichen Bewegung ſteht, drängt ſich die innere Haltloſigkeit dieſer ganzen Exi-
ſtenzform des Schönen jeder Beobachtung auf. Ueberhaupt aber leuchtet zunächſt
ein, daß die in §. 234 vorausgeſetzte Gunſt des Zufalls ſelten und, während
die unmittelbare Lebendigkeit der Vorzug alles Naturſchönen bleiben wird,
eben durch dieſe höchſt flüchtig iſt, was darin ſeinen Grund hat, daß alles
Naturſchöne als ſolches nicht gewollt iſt, ſondern ſich nur mitergiebt, während
die allgemeinen Lebenszwecke verfolgt werden.
Viſcher’s Aeſthetik. 2. Band. 20
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,2. Reutlingen u. a., 1848, S. [299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik0202_1848/13>, abgerufen am 08.07.2024.
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