wegen des Unterschieds in der Verwandtschaft keine absolute und keine dauernde ist. Die Religion wird fernerhin in einem ganz anderen Sinne der Schönheit Stoff darbieten, sie wird selbst als Stoff in diese eingehen, indem nicht der vermeintliche Gegenstand des Glaubens, sondern der Glaube selbst als vollendete Wirklichkeit vom Schönen wird zur Darstellung gebracht werden.
1. Die Religion wird der Schönheit Stoff überliefern, aber keines- wegs im Sinne eines neuen Gegenstands. Die Sphären des absoluten Geistes haben die reine Wirklichkeit der absoluten Idee zum Inhalte. Jede dieser Sphären formirt diesen Inhalt auf ihre Weise, die Religion in einer solchen, welche der Schönheit verwandt ist, denn eine ähnliche Art des Scheines ist in beiden. Das Leben der Natur und des Geistes zieht die eine wie die andere in einzelne absolute Gestalten zusammen. Nur dadurch schöpft die Schönheit Stoff aus der Religion, daß diese Gestalten, nicht das, was in ihnen zusammengezogen ist, ihr als will- kommene Motive entgegentreten, das zur Anschauung zu bringen, was sie ohnedies auch schon hat, den Gehalt des Lebens. In diesen Sätzen ist vorausgesetzt, daß die Religion primitiver sey und die Schönheit ihr folge: dieß wird gründlicher erst dargethan werden, wenn vom Unter- schiede beider die Rede seyn wird, inzwischen kann auf die nothwendige Vorausnahme der Einleitung (§. 5) hier verwiesen werden.
2. Die theologische Ableitung des Schönen ist nicht zu verwechseln mit einer Vermengung des Schönen und der Religion. Der neueren Philosophie von Schelling bis Hegel ist nicht eigentlich die erstere, sondern die letztere vorzuwerfen. Schelling hält die Kunst selbst für thätige Erzeugung der Einheit des Idealen und Realen, nicht also für Nachbildung Gottes als eines von der Religion zur Kunde gebrachten und außer ihr und der Kunst vorhandenen Gegenstands. Allerdings ist das Absolute als Grund dieser Einheit vor derselben, aber nur implicite. Auch über das Geschichtliche der Person Christi sprechen d. Vorles. über d. Meth. des akad. Studiums in einer Weise, daß hier nicht von einem gege- benen Gegenstand, sondern nur von einem Erzeugniß der idealen Anschauung selbst die Rede seyn kann. Allerdings fehlt bei Schelling die systema- tische Aufführung der Mittelstufen, durch die sich der Geist bewegt, bis er bei dieser Form reiner Ineinsbildung des Idealen und Realen an- langt, es ist aber in seiner Meth. des akad. Studiums der Grundriß jener Durchführung, welche Hegel gegeben hat, in hingeworfenen Zügen wohl zu erkennen. (vergl. z. B. 313.) In der Darstellung der Kunst
wegen des Unterſchieds in der Verwandtſchaft keine abſolute und keine dauernde iſt. Die Religion wird fernerhin in einem ganz anderen Sinne der Schönheit Stoff darbieten, ſie wird ſelbſt als Stoff in dieſe eingehen, indem nicht der vermeintliche Gegenſtand des Glaubens, ſondern der Glaube ſelbſt als vollendete Wirklichkeit vom Schönen wird zur Darſtellung gebracht werden.
1. Die Religion wird der Schönheit Stoff überliefern, aber keines- wegs im Sinne eines neuen Gegenſtands. Die Sphären des abſoluten Geiſtes haben die reine Wirklichkeit der abſoluten Idee zum Inhalte. Jede dieſer Sphären formirt dieſen Inhalt auf ihre Weiſe, die Religion in einer ſolchen, welche der Schönheit verwandt iſt, denn eine ähnliche Art des Scheines iſt in beiden. Das Leben der Natur und des Geiſtes zieht die eine wie die andere in einzelne abſolute Geſtalten zuſammen. Nur dadurch ſchöpft die Schönheit Stoff aus der Religion, daß dieſe Geſtalten, nicht das, was in ihnen zuſammengezogen iſt, ihr als will- kommene Motive entgegentreten, das zur Anſchauung zu bringen, was ſie ohnedies auch ſchon hat, den Gehalt des Lebens. In dieſen Sätzen iſt vorausgeſetzt, daß die Religion primitiver ſey und die Schönheit ihr folge: dieß wird gründlicher erſt dargethan werden, wenn vom Unter- ſchiede beider die Rede ſeyn wird, inzwiſchen kann auf die nothwendige Vorausnahme der Einleitung (§. 5) hier verwieſen werden.
2. Die theologiſche Ableitung des Schönen iſt nicht zu verwechſeln mit einer Vermengung des Schönen und der Religion. Der neueren Philoſophie von Schelling bis Hegel iſt nicht eigentlich die erſtere, ſondern die letztere vorzuwerfen. Schelling hält die Kunſt ſelbſt für thätige Erzeugung der Einheit des Idealen und Realen, nicht alſo für Nachbildung Gottes als eines von der Religion zur Kunde gebrachten und außer ihr und der Kunſt vorhandenen Gegenſtands. Allerdings iſt das Abſolute als Grund dieſer Einheit vor derſelben, aber nur implicite. Auch über das Geſchichtliche der Perſon Chriſti ſprechen d. Vorleſ. über d. Meth. des akad. Studiums in einer Weiſe, daß hier nicht von einem gege- benen Gegenſtand, ſondern nur von einem Erzeugniß der idealen Anſchauung ſelbſt die Rede ſeyn kann. Allerdings fehlt bei Schelling die ſyſtema- tiſche Aufführung der Mittelſtufen, durch die ſich der Geiſt bewegt, bis er bei dieſer Form reiner Ineinsbildung des Idealen und Realen an- langt, es iſt aber in ſeiner Meth. des akad. Studiums der Grundriß jener Durchführung, welche Hegel gegeben hat, in hingeworfenen Zügen wohl zu erkennen. (vergl. z. B. 313.) In der Darſtellung der Kunſt
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[85/0099]
wegen des Unterſchieds in der Verwandtſchaft keine abſolute und keine dauernde
iſt. Die Religion wird fernerhin in einem ganz anderen Sinne der Schönheit
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vermeintliche Gegenſtand des Glaubens, ſondern der Glaube ſelbſt als vollendete
Wirklichkeit vom Schönen wird zur Darſtellung gebracht werden.
1. Die Religion wird der Schönheit Stoff überliefern, aber keines-
wegs im Sinne eines neuen Gegenſtands. Die Sphären des abſoluten
Geiſtes haben die reine Wirklichkeit der abſoluten Idee zum Inhalte.
Jede dieſer Sphären formirt dieſen Inhalt auf ihre Weiſe, die Religion
in einer ſolchen, welche der Schönheit verwandt iſt, denn eine ähnliche
Art des Scheines iſt in beiden. Das Leben der Natur und des Geiſtes
zieht die eine wie die andere in einzelne abſolute Geſtalten zuſammen.
Nur dadurch ſchöpft die Schönheit Stoff aus der Religion, daß dieſe
Geſtalten, nicht das, was in ihnen zuſammengezogen iſt, ihr als will-
kommene Motive entgegentreten, das zur Anſchauung zu bringen, was
ſie ohnedies auch ſchon hat, den Gehalt des Lebens. In dieſen Sätzen
iſt vorausgeſetzt, daß die Religion primitiver ſey und die Schönheit ihr
folge: dieß wird gründlicher erſt dargethan werden, wenn vom Unter-
ſchiede beider die Rede ſeyn wird, inzwiſchen kann auf die nothwendige
Vorausnahme der Einleitung (§. 5) hier verwieſen werden.
2. Die theologiſche Ableitung des Schönen iſt nicht zu verwechſeln
mit einer Vermengung des Schönen und der Religion. Der neueren
Philoſophie von Schelling bis Hegel iſt nicht eigentlich die erſtere,
ſondern die letztere vorzuwerfen. Schelling hält die Kunſt ſelbſt für
thätige Erzeugung der Einheit des Idealen und Realen, nicht alſo für
Nachbildung Gottes als eines von der Religion zur Kunde gebrachten
und außer ihr und der Kunſt vorhandenen Gegenſtands. Allerdings iſt
das Abſolute als Grund dieſer Einheit vor derſelben, aber nur implicite.
Auch über das Geſchichtliche der Perſon Chriſti ſprechen d. Vorleſ. über d.
Meth. des akad. Studiums in einer Weiſe, daß hier nicht von einem gege-
benen Gegenſtand, ſondern nur von einem Erzeugniß der idealen Anſchauung
ſelbſt die Rede ſeyn kann. Allerdings fehlt bei Schelling die ſyſtema-
tiſche Aufführung der Mittelſtufen, durch die ſich der Geiſt bewegt, bis
er bei dieſer Form reiner Ineinsbildung des Idealen und Realen an-
langt, es iſt aber in ſeiner Meth. des akad. Studiums der Grundriß
jener Durchführung, welche Hegel gegeben hat, in hingeworfenen Zügen
wohl zu erkennen. (vergl. z. B. 313.) In der Darſtellung der Kunſt
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/99>, abgerufen am 22.11.2024.
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