Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.Dritte Vorlesung. Muskeln darstellen. Denn sobald es gelingt, diese Fascikelin ihre feineren Bestandtheile zu zerlegen, so bekommt man als letzte Elemente lange spindelförmige Zellen, die in der Regel in der Mitte einen Kern besitzen (Fig. 5. b). Nach derjenigen Anschauung dagegen, die in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten anfängt bewegt zu werden, namentlich angeregt durch Leydig's Untersuchungen, würde man vielmehr ein Fascikel, worin eine ganze Reihe von Faserzellen ent- halten ist, als Analogon eines quergestreiften Primitivbündels betrachten müssen. Bevor in diesem Punkte eine Erledi- gung gefunden ist, halte ich es jedoch für zweckmässig und den bekannten Thatsachen am meisten entsprechend, die einzelne Faser-Zelle als Aequivalent des Primitivbündels zu betrachten. Sollten sich jedoch in kurzer Zeit die An- schauungen ändern, so werden Sie darauf vorbereitet sein. An einer solchen spindelförmigen oder Faser-Zelle ist Eines der Ihnen vorgelegten Objecte vom rothen Muskel Dritte Vorlesung. Muskeln darstellen. Denn sobald es gelingt, diese Fascikelin ihre feineren Bestandtheile zu zerlegen, so bekommt man als letzte Elemente lange spindelförmige Zellen, die in der Regel in der Mitte einen Kern besitzen (Fig. 5. b). Nach derjenigen Anschauung dagegen, die in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten anfängt bewegt zu werden, namentlich angeregt durch Leydig’s Untersuchungen, würde man vielmehr ein Fascikel, worin eine ganze Reihe von Faserzellen ent- halten ist, als Analogon eines quergestreiften Primitivbündels betrachten müssen. Bevor in diesem Punkte eine Erledi- gung gefunden ist, halte ich es jedoch für zweckmässig und den bekannten Thatsachen am meisten entsprechend, die einzelne Faser-Zelle als Aequivalent des Primitivbündels zu betrachten. Sollten sich jedoch in kurzer Zeit die An- schauungen ändern, so werden Sie darauf vorbereitet sein. An einer solchen spindelförmigen oder Faser-Zelle ist Eines der Ihnen vorgelegten Objecte vom rothen Muskel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="50"/><fw place="top" type="header">Dritte Vorlesung.</fw><lb/> Muskeln darstellen. Denn sobald es gelingt, diese Fascikel<lb/> in ihre feineren Bestandtheile zu zerlegen, so bekommt<lb/> man als letzte Elemente lange spindelförmige Zellen, die in<lb/> der Regel in der Mitte einen Kern besitzen (Fig. 5. <hi rendition="#i">b</hi>). Nach<lb/> derjenigen Anschauung dagegen, die in den letzten Tagen von<lb/> verschiedenen Seiten anfängt bewegt zu werden, namentlich<lb/> angeregt durch <hi rendition="#g">Leydig</hi>’s Untersuchungen, würde man vielmehr<lb/> ein Fascikel, worin eine ganze Reihe von Faserzellen ent-<lb/> halten ist, als Analogon eines quergestreiften Primitivbündels<lb/> betrachten müssen. Bevor in diesem Punkte eine Erledi-<lb/> gung gefunden ist, halte ich es jedoch für zweckmässig und<lb/> den bekannten Thatsachen am meisten entsprechend, die<lb/> einzelne Faser-Zelle als Aequivalent des Primitivbündels zu<lb/> betrachten. Sollten sich jedoch in kurzer Zeit die An-<lb/> schauungen ändern, so werden Sie darauf vorbereitet sein.</p><lb/> <p>An einer solchen spindelförmigen oder Faser-Zelle ist<lb/> es schwer, etwas Besonderes zu unterscheiden. Bei recht<lb/> grossen Zellen dieser Art und bei starker Vergrösserung unter-<lb/> scheidet man allerdings häufig eine feine Längsstreifung<lb/> (Fig. 5. b.), so dass es aussieht, als ob auch hier im Innern<lb/> eine Art von Fibrillen der Länge nach angeordnet wäre, wäh-<lb/> rend von einer Querstreifung für gewöhnlich nichts wahrzuneh-<lb/> men ist. Es haben aber die blassen, glatten Muskeln chemisch<lb/> eine ziemlich grosse Uebereinstimmung mit den querge-<lb/> streiften, indem man eine ähnliche Substanz (das sogenannte<lb/> Syntonin <hi rendition="#g">Lehmann’s</hi>) aus beiden ausziehen kann durch<lb/> verdünnte Salzsäure, und indem gerade einer der am meisten<lb/> charakteristischen Bestandtheile, das Kreatin, welches in dem<lb/> Muskelfleisch der rothen Theile gefunden wird, nach der Un-<lb/> tersuchung von G. <hi rendition="#g">Siegmund</hi> auch in den glatten Muskeln<lb/> des Uterus vorkommt.</p><lb/> <p>Eines der Ihnen vorgelegten Objecte vom rothen Muskel<lb/> zeigt eine auch pathologisch interessante Stelle; es findet sich<lb/> unter den Bündeln nämlich eines, welches den Zustand der<lb/> sogenannten <hi rendition="#g">progressiven</hi> (fettigen) <hi rendition="#g">Atrophie</hi> darbietet.<lb/> Das degenerirte Bündel ist kleiner und schmäler, und zu-<lb/> gleich zeigen sich zwischen den Längsfibrillen kleine Fett-<lb/> körnchen aufgereiht. (Fig. 23. <hi rendition="#i">d</hi>) Was an den Muskeln die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [50/0072]
Dritte Vorlesung.
Muskeln darstellen. Denn sobald es gelingt, diese Fascikel
in ihre feineren Bestandtheile zu zerlegen, so bekommt
man als letzte Elemente lange spindelförmige Zellen, die in
der Regel in der Mitte einen Kern besitzen (Fig. 5. b). Nach
derjenigen Anschauung dagegen, die in den letzten Tagen von
verschiedenen Seiten anfängt bewegt zu werden, namentlich
angeregt durch Leydig’s Untersuchungen, würde man vielmehr
ein Fascikel, worin eine ganze Reihe von Faserzellen ent-
halten ist, als Analogon eines quergestreiften Primitivbündels
betrachten müssen. Bevor in diesem Punkte eine Erledi-
gung gefunden ist, halte ich es jedoch für zweckmässig und
den bekannten Thatsachen am meisten entsprechend, die
einzelne Faser-Zelle als Aequivalent des Primitivbündels zu
betrachten. Sollten sich jedoch in kurzer Zeit die An-
schauungen ändern, so werden Sie darauf vorbereitet sein.
An einer solchen spindelförmigen oder Faser-Zelle ist
es schwer, etwas Besonderes zu unterscheiden. Bei recht
grossen Zellen dieser Art und bei starker Vergrösserung unter-
scheidet man allerdings häufig eine feine Längsstreifung
(Fig. 5. b.), so dass es aussieht, als ob auch hier im Innern
eine Art von Fibrillen der Länge nach angeordnet wäre, wäh-
rend von einer Querstreifung für gewöhnlich nichts wahrzuneh-
men ist. Es haben aber die blassen, glatten Muskeln chemisch
eine ziemlich grosse Uebereinstimmung mit den querge-
streiften, indem man eine ähnliche Substanz (das sogenannte
Syntonin Lehmann’s) aus beiden ausziehen kann durch
verdünnte Salzsäure, und indem gerade einer der am meisten
charakteristischen Bestandtheile, das Kreatin, welches in dem
Muskelfleisch der rothen Theile gefunden wird, nach der Un-
tersuchung von G. Siegmund auch in den glatten Muskeln
des Uterus vorkommt.
Eines der Ihnen vorgelegten Objecte vom rothen Muskel
zeigt eine auch pathologisch interessante Stelle; es findet sich
unter den Bündeln nämlich eines, welches den Zustand der
sogenannten progressiven (fettigen) Atrophie darbietet.
Das degenerirte Bündel ist kleiner und schmäler, und zu-
gleich zeigen sich zwischen den Längsfibrillen kleine Fett-
körnchen aufgereiht. (Fig. 23. d) Was an den Muskeln die
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