lich, als Sie in beiden Richtungen die Ueberzeugung gewinnen können, dass es falsch ist, dass man von Knochenknorpel ge- sprochen hat. Der Knorpel als solcher kann nur verkalken; wenn er Knochen werden soll, so muss eine Umsetzung seines Gewebes stattfinden, es muss sich die chondrinhaltige Grund- substanz in eine Leim gebende intercelluläre Masse um- wandeln. --
Ich habe Ihnen ferner, meine Herren, eine Reihe von Präparaten rachitischer Knochen hergestellt, einestheils, weil grade die Rachitis eine besonders günstige Gelegenheil dar- bietet, manche Vorgänge des normalen Wachsthumes zu über- sehen, die sonst durch die Anwesenheit von Kalksalzen ge- hemmt waren, andererseits, weil Sie bei dieser Gelegenheit einige Bilder über die Eigenthümlichkeit dieses Prozesses ge- winnen können.
Die rachitische Störung hat sich, wie Sie wissen, durch die genaueren Untersuchungen nicht als ein Erweichungspro- zess des alten Knochens ergeben, wie man sie gewöhnlich be- trachtete, sondern als ein Nichtfestwerden der neuwuchernden Schichten; indem die alten Schichten durch die normal fort- schreitende Markraumbildung verzehrt werden, die neuen aber weich bleiben, so wird der Knochen brüchig. Neben diesem wesentlichen Acte der nicht geschehenden Verkalkung der Theile ergibt sich aber eine gewisse Unregelmässigkeit im Wachsthum, so dass Stadien der Knochenentwickelung, welche in der normalen Bildung spät eintreten sollten, schon sehr frühzeitig eintreten. Bei dem normalen Wachsthum bilden an der Verkalkungslinie die Zacken, mit welchen die Kalksalze in den Knorpel hinaufgreifen, eine so vollständig gerade Linie, dass sie fast als mathematisch regelmässig zu bezeichnen ist. Dies Verhältniss hört bei der Rachitis auf, um so mehr, je intensiver der Fall ist; es finden Unterbrechungen statt in der Weise, dass an einzelnen Stellen der Knorpel noch tief her- unterreicht, während die Verkalkung schon hoch hinauf- schreitet. Jene einzelnen Stellen trennen sich bisweilen so vollständig von den übrigen, dass sie als Knorpelpuncte mitten in dem Knochen liegen, ringsum von demselben umgeben, dass also Knorpel noch an einem Puncte sich findet, wo der
Neunzehnte Vorlesung.
lich, als Sie in beiden Richtungen die Ueberzeugung gewinnen können, dass es falsch ist, dass man von Knochenknorpel ge- sprochen hat. Der Knorpel als solcher kann nur verkalken; wenn er Knochen werden soll, so muss eine Umsetzung seines Gewebes stattfinden, es muss sich die chondrinhaltige Grund- substanz in eine Leim gebende intercelluläre Masse um- wandeln. —
Ich habe Ihnen ferner, meine Herren, eine Reihe von Präparaten rachitischer Knochen hergestellt, einestheils, weil grade die Rachitis eine besonders günstige Gelegenheil dar- bietet, manche Vorgänge des normalen Wachsthumes zu über- sehen, die sonst durch die Anwesenheit von Kalksalzen ge- hemmt waren, andererseits, weil Sie bei dieser Gelegenheit einige Bilder über die Eigenthümlichkeit dieses Prozesses ge- winnen können.
Die rachitische Störung hat sich, wie Sie wissen, durch die genaueren Untersuchungen nicht als ein Erweichungspro- zess des alten Knochens ergeben, wie man sie gewöhnlich be- trachtete, sondern als ein Nichtfestwerden der neuwuchernden Schichten; indem die alten Schichten durch die normal fort- schreitende Markraumbildung verzehrt werden, die neuen aber weich bleiben, so wird der Knochen brüchig. Neben diesem wesentlichen Acte der nicht geschehenden Verkalkung der Theile ergibt sich aber eine gewisse Unregelmässigkeit im Wachsthum, so dass Stadien der Knochenentwickelung, welche in der normalen Bildung spät eintreten sollten, schon sehr frühzeitig eintreten. Bei dem normalen Wachsthum bilden an der Verkalkungslinie die Zacken, mit welchen die Kalksalze in den Knorpel hinaufgreifen, eine so vollständig gerade Linie, dass sie fast als mathematisch regelmässig zu bezeichnen ist. Dies Verhältniss hört bei der Rachitis auf, um so mehr, je intensiver der Fall ist; es finden Unterbrechungen statt in der Weise, dass an einzelnen Stellen der Knorpel noch tief her- unterreicht, während die Verkalkung schon hoch hinauf- schreitet. Jene einzelnen Stellen trennen sich bisweilen so vollständig von den übrigen, dass sie als Knorpelpuncte mitten in dem Knochen liegen, ringsum von demselben umgeben, dass also Knorpel noch an einem Puncte sich findet, wo der
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Neunzehnte Vorlesung.
lich, als Sie in beiden Richtungen die Ueberzeugung gewinnen
können, dass es falsch ist, dass man von Knochenknorpel ge-
sprochen hat. Der Knorpel als solcher kann nur verkalken;
wenn er Knochen werden soll, so muss eine Umsetzung seines
Gewebes stattfinden, es muss sich die chondrinhaltige Grund-
substanz in eine Leim gebende intercelluläre Masse um-
wandeln. —
Ich habe Ihnen ferner, meine Herren, eine Reihe von
Präparaten rachitischer Knochen hergestellt, einestheils, weil
grade die Rachitis eine besonders günstige Gelegenheil dar-
bietet, manche Vorgänge des normalen Wachsthumes zu über-
sehen, die sonst durch die Anwesenheit von Kalksalzen ge-
hemmt waren, andererseits, weil Sie bei dieser Gelegenheit
einige Bilder über die Eigenthümlichkeit dieses Prozesses ge-
winnen können.
Die rachitische Störung hat sich, wie Sie wissen, durch
die genaueren Untersuchungen nicht als ein Erweichungspro-
zess des alten Knochens ergeben, wie man sie gewöhnlich be-
trachtete, sondern als ein Nichtfestwerden der neuwuchernden
Schichten; indem die alten Schichten durch die normal fort-
schreitende Markraumbildung verzehrt werden, die neuen aber
weich bleiben, so wird der Knochen brüchig. Neben diesem
wesentlichen Acte der nicht geschehenden Verkalkung der
Theile ergibt sich aber eine gewisse Unregelmässigkeit im
Wachsthum, so dass Stadien der Knochenentwickelung, welche
in der normalen Bildung spät eintreten sollten, schon sehr
frühzeitig eintreten. Bei dem normalen Wachsthum bilden an
der Verkalkungslinie die Zacken, mit welchen die Kalksalze
in den Knorpel hinaufgreifen, eine so vollständig gerade Linie,
dass sie fast als mathematisch regelmässig zu bezeichnen ist.
Dies Verhältniss hört bei der Rachitis auf, um so mehr, je
intensiver der Fall ist; es finden Unterbrechungen statt in der
Weise, dass an einzelnen Stellen der Knorpel noch tief her-
unterreicht, während die Verkalkung schon hoch hinauf-
schreitet. Jene einzelnen Stellen trennen sich bisweilen so
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/406>, abgerufen am 25.11.2024.
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