die Wucherung, um so stärker die Anschwellung der wachsen- den Stelle.
Diese aus der wuchernden Vermehrung der Periostkörper- chen hervorgegangenen Elemente geben die Knochenkörperchen genau in derselben Weise, wie ich es beim Marke beschrieben habe. In der Nähe der Knochenoberfläche verdichtet sich die Grundsubstanz und wird fast knorpelartig, die Elemente wachsen aus, werden sternförmig und endlich erfolgt die Verkalkung der Grundsubstanz. Ist der Reiz sehr gross, wachsen die Elemente sehr bedeutend, dann entsteht hier wirklicher Knor- pel; die Elemente vergrössern sich so, dass sie bis zu grossen, ovalen oder runden Zellen anwachsen und die einzelnen Zel- len um sich herum eine capsuläre Abscheidung bilden. Auf diese Weise kann auch im Periost durch eine directe Um- bildung des wuchernden Periostes Knorpel entstehen, aber es ist keineswegs nothwendig, dass wirklicher, eigentlicher Knor- pel entsteht; in der Regel erfolgt nur die osteoide Umbildung, wobei die Grundsubstanz sclerotisch wird und sofort verkalkt.
So geschieht es, dass an der Oberfläche jedes wachsen- den Knochens, wie insbesondere Flourens nachgewiesen hat, der neue Knochen immer Schicht auf Schicht ansetzt, und dass die neuen Schichten den alten Knochen so umwachsen, dass ein Ring, den man um den Knochen legt, nach einiger Zeit innerhalb desselben liegt, umschlossen von den jungen Schich- ten, welche sich aussen herum gebildet haben. Sie stehen mit dem alten Knochen durch kleine Säulchen in Verbindung, welche dem Ganzen ein bimsteinartiges Aussehen geben, und auch hier erfolgt die spätere Verdichtung zu Rindensubstanz dadurch, dass sich in den einzelnen, durch die Säulchen um- grenzten Räumen concentrische Lamellen von Knochensubstanz aus dem periostealen Marke bilden.
Das sind die normalen und pathologischen Vorgänge, welche wir bei der Bildung von Knochen erkennen. Sie kön- nen daraus entnehmen, dass es sich hier um eine Reihe von Permutationen oder Substitutionen handelt, welche ein Fort- schreiten bald zu einer höheren, bald zu einer niederen Form der Bildung darstellen, welche aber immerfort mit einander zusammenhängen und welche, je nach den Bedingungen, wel-
Achtzehnte Vorlesung.
die Wucherung, um so stärker die Anschwellung der wachsen- den Stelle.
Diese aus der wuchernden Vermehrung der Periostkörper- chen hervorgegangenen Elemente geben die Knochenkörperchen genau in derselben Weise, wie ich es beim Marke beschrieben habe. In der Nähe der Knochenoberfläche verdichtet sich die Grundsubstanz und wird fast knorpelartig, die Elemente wachsen aus, werden sternförmig und endlich erfolgt die Verkalkung der Grundsubstanz. Ist der Reiz sehr gross, wachsen die Elemente sehr bedeutend, dann entsteht hier wirklicher Knor- pel; die Elemente vergrössern sich so, dass sie bis zu grossen, ovalen oder runden Zellen anwachsen und die einzelnen Zel- len um sich herum eine capsuläre Abscheidung bilden. Auf diese Weise kann auch im Periost durch eine directe Um- bildung des wuchernden Periostes Knorpel entstehen, aber es ist keineswegs nothwendig, dass wirklicher, eigentlicher Knor- pel entsteht; in der Regel erfolgt nur die osteoide Umbildung, wobei die Grundsubstanz sclerotisch wird und sofort verkalkt.
So geschieht es, dass an der Oberfläche jedes wachsen- den Knochens, wie insbesondere Flourens nachgewiesen hat, der neue Knochen immer Schicht auf Schicht ansetzt, und dass die neuen Schichten den alten Knochen so umwachsen, dass ein Ring, den man um den Knochen legt, nach einiger Zeit innerhalb desselben liegt, umschlossen von den jungen Schich- ten, welche sich aussen herum gebildet haben. Sie stehen mit dem alten Knochen durch kleine Säulchen in Verbindung, welche dem Ganzen ein bimsteinartiges Aussehen geben, und auch hier erfolgt die spätere Verdichtung zu Rindensubstanz dadurch, dass sich in den einzelnen, durch die Säulchen um- grenzten Räumen concentrische Lamellen von Knochensubstanz aus dem periostealen Marke bilden.
Das sind die normalen und pathologischen Vorgänge, welche wir bei der Bildung von Knochen erkennen. Sie kön- nen daraus entnehmen, dass es sich hier um eine Reihe von Permutationen oder Substitutionen handelt, welche ein Fort- schreiten bald zu einer höheren, bald zu einer niederen Form der Bildung darstellen, welche aber immerfort mit einander zusammenhängen und welche, je nach den Bedingungen, wel-
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Achtzehnte Vorlesung.
die Wucherung, um so stärker die Anschwellung der wachsen-
den Stelle.
Diese aus der wuchernden Vermehrung der Periostkörper-
chen hervorgegangenen Elemente geben die Knochenkörperchen
genau in derselben Weise, wie ich es beim Marke beschrieben
habe. In der Nähe der Knochenoberfläche verdichtet sich die
Grundsubstanz und wird fast knorpelartig, die Elemente wachsen
aus, werden sternförmig und endlich erfolgt die Verkalkung
der Grundsubstanz. Ist der Reiz sehr gross, wachsen die
Elemente sehr bedeutend, dann entsteht hier wirklicher Knor-
pel; die Elemente vergrössern sich so, dass sie bis zu grossen,
ovalen oder runden Zellen anwachsen und die einzelnen Zel-
len um sich herum eine capsuläre Abscheidung bilden. Auf
diese Weise kann auch im Periost durch eine directe Um-
bildung des wuchernden Periostes Knorpel entstehen, aber es
ist keineswegs nothwendig, dass wirklicher, eigentlicher Knor-
pel entsteht; in der Regel erfolgt nur die osteoide Umbildung,
wobei die Grundsubstanz sclerotisch wird und sofort verkalkt.
So geschieht es, dass an der Oberfläche jedes wachsen-
den Knochens, wie insbesondere Flourens nachgewiesen hat,
der neue Knochen immer Schicht auf Schicht ansetzt, und dass
die neuen Schichten den alten Knochen so umwachsen, dass
ein Ring, den man um den Knochen legt, nach einiger Zeit
innerhalb desselben liegt, umschlossen von den jungen Schich-
ten, welche sich aussen herum gebildet haben. Sie stehen
mit dem alten Knochen durch kleine Säulchen in Verbindung,
welche dem Ganzen ein bimsteinartiges Aussehen geben, und
auch hier erfolgt die spätere Verdichtung zu Rindensubstanz
dadurch, dass sich in den einzelnen, durch die Säulchen um-
grenzten Räumen concentrische Lamellen von Knochensubstanz
aus dem periostealen Marke bilden.
Das sind die normalen und pathologischen Vorgänge,
welche wir bei der Bildung von Knochen erkennen. Sie kön-
nen daraus entnehmen, dass es sich hier um eine Reihe von
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/400>, abgerufen am 24.11.2024.
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