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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Constitutionelle Natur der Amyloidentartung.
eine Transformation hier vorliegt, und dass es sich nicht um
eine Einfuhr von aussen her handelt.

Allein vergeblich habe ich mich bis jetzt bemüht, eine be-
stimmte Veränderung im Blute zu erkennen, aus welcher man
etwa schliessen könnte, dass dieses wirklich der Ausgangs-
punkt der Ablagerungen sei. Es existirt bis jetzt nur eine
einzige Beobachtung, welche auf die Anwesenheit analoger
Elemente im Blut hindeutet, und diese ist so sonderbar,
dass man von ihr aus nicht wohl eine Erklärung versuchen
kann. Ein Arzt zu Toronto in Canada hatte nämlich auf
den Wunsch eines Kranken, welcher an Epilepsie litt,
das Blut desselben untersucht und eigenthümliche blasse
Körper im Blute gesehen. Als er nun von meinen
Beobachtungen über die Jodfärbung der Corpora amylacea im
Gehirn las, kam ihm der Kranke wieder in den Sinn und, ich
glaube nach Verlauf von fünf Jahren, nahm er wieder Blut von
ihm und fand auch wieder die Körper, welche in der That
die Reaction gegeben haben sollen. Dieser Beobachtung ge-
genüber ist es sonderbar, dass Niemand sonst jemals etwas
der Art gesehen hat, und da es sich hier um eine überaus
dauerhafte Dyscrasie handeln musste, so würde am wenigsten
aus dieser Beobachtung ein Schluss auf unsere Fälle gezogen
werden können, wo die Erkrankung oft in viel kürzerer Zeit
sich ausbildet und wo wir wenigstens im Blute nichts der Art
haben entdecken können. Ueberdies ist es mit jener Beob-
achtung eine missliche Sache. Stärkekörner können sehr leicht
in verschiedene Objecte hineinkommen, so dass man (mit allem
Respect gegen den Beobachter), so lange es sich um eine ganz
solitäre Beobachtung handelt, noch die Möglichkeit zulassen
muss, dass vielleicht eine Täuschung obgewaltet habe. Ich bin
bis jetzt viel mehr geneigt, anzunehmen, dass das Blut in dieser
Krankheit eine chemische Veränderung in seinen gelösten Be-
standtheilen erfahren hat, als dass es die pathologischen Sub-
stanzen in körperlicher Form enthält.

Jedenfalls ist es unzweifelhaft, dass die amyloide Verän-
derung für die Pathologie schon jetzt einen ausserordentlich
hohen Werth beansprucht. Es kann gar nicht anders sein,
als dass diejenigen Theile, welche der Sitz derselben werden,

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Constitutionelle Natur der Amyloidentartung.
eine Transformation hier vorliegt, und dass es sich nicht um
eine Einfuhr von aussen her handelt.

Allein vergeblich habe ich mich bis jetzt bemüht, eine be-
stimmte Veränderung im Blute zu erkennen, aus welcher man
etwa schliessen könnte, dass dieses wirklich der Ausgangs-
punkt der Ablagerungen sei. Es existirt bis jetzt nur eine
einzige Beobachtung, welche auf die Anwesenheit analoger
Elemente im Blut hindeutet, und diese ist so sonderbar,
dass man von ihr aus nicht wohl eine Erklärung versuchen
kann. Ein Arzt zu Toronto in Canada hatte nämlich auf
den Wunsch eines Kranken, welcher an Epilepsie litt,
das Blut desselben untersucht und eigenthümliche blasse
Körper im Blute gesehen. Als er nun von meinen
Beobachtungen über die Jodfärbung der Corpora amylacea im
Gehirn las, kam ihm der Kranke wieder in den Sinn und, ich
glaube nach Verlauf von fünf Jahren, nahm er wieder Blut von
ihm und fand auch wieder die Körper, welche in der That
die Reaction gegeben haben sollen. Dieser Beobachtung ge-
genüber ist es sonderbar, dass Niemand sonst jemals etwas
der Art gesehen hat, und da es sich hier um eine überaus
dauerhafte Dyscrasie handeln musste, so würde am wenigsten
aus dieser Beobachtung ein Schluss auf unsere Fälle gezogen
werden können, wo die Erkrankung oft in viel kürzerer Zeit
sich ausbildet und wo wir wenigstens im Blute nichts der Art
haben entdecken können. Ueberdies ist es mit jener Beob-
achtung eine missliche Sache. Stärkekörner können sehr leicht
in verschiedene Objecte hineinkommen, so dass man (mit allem
Respect gegen den Beobachter), so lange es sich um eine ganz
solitäre Beobachtung handelt, noch die Möglichkeit zulassen
muss, dass vielleicht eine Täuschung obgewaltet habe. Ich bin
bis jetzt viel mehr geneigt, anzunehmen, dass das Blut in dieser
Krankheit eine chemische Veränderung in seinen gelösten Be-
standtheilen erfahren hat, als dass es die pathologischen Sub-
stanzen in körperlicher Form enthält.

Jedenfalls ist es unzweifelhaft, dass die amyloide Verän-
derung für die Pathologie schon jetzt einen ausserordentlich
hohen Werth beansprucht. Es kann gar nicht anders sein,
als dass diejenigen Theile, welche der Sitz derselben werden,

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[339/0361] Constitutionelle Natur der Amyloidentartung. eine Transformation hier vorliegt, und dass es sich nicht um eine Einfuhr von aussen her handelt. Allein vergeblich habe ich mich bis jetzt bemüht, eine be- stimmte Veränderung im Blute zu erkennen, aus welcher man etwa schliessen könnte, dass dieses wirklich der Ausgangs- punkt der Ablagerungen sei. Es existirt bis jetzt nur eine einzige Beobachtung, welche auf die Anwesenheit analoger Elemente im Blut hindeutet, und diese ist so sonderbar, dass man von ihr aus nicht wohl eine Erklärung versuchen kann. Ein Arzt zu Toronto in Canada hatte nämlich auf den Wunsch eines Kranken, welcher an Epilepsie litt, das Blut desselben untersucht und eigenthümliche blasse Körper im Blute gesehen. Als er nun von meinen Beobachtungen über die Jodfärbung der Corpora amylacea im Gehirn las, kam ihm der Kranke wieder in den Sinn und, ich glaube nach Verlauf von fünf Jahren, nahm er wieder Blut von ihm und fand auch wieder die Körper, welche in der That die Reaction gegeben haben sollen. Dieser Beobachtung ge- genüber ist es sonderbar, dass Niemand sonst jemals etwas der Art gesehen hat, und da es sich hier um eine überaus dauerhafte Dyscrasie handeln musste, so würde am wenigsten aus dieser Beobachtung ein Schluss auf unsere Fälle gezogen werden können, wo die Erkrankung oft in viel kürzerer Zeit sich ausbildet und wo wir wenigstens im Blute nichts der Art haben entdecken können. Ueberdies ist es mit jener Beob- achtung eine missliche Sache. Stärkekörner können sehr leicht in verschiedene Objecte hineinkommen, so dass man (mit allem Respect gegen den Beobachter), so lange es sich um eine ganz solitäre Beobachtung handelt, noch die Möglichkeit zulassen muss, dass vielleicht eine Täuschung obgewaltet habe. Ich bin bis jetzt viel mehr geneigt, anzunehmen, dass das Blut in dieser Krankheit eine chemische Veränderung in seinen gelösten Be- standtheilen erfahren hat, als dass es die pathologischen Sub- stanzen in körperlicher Form enthält. Jedenfalls ist es unzweifelhaft, dass die amyloide Verän- derung für die Pathologie schon jetzt einen ausserordentlich hohen Werth beansprucht. Es kann gar nicht anders sein, als dass diejenigen Theile, welche der Sitz derselben werden, 22*

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/361>, abgerufen am 28.11.2024.