ersteren kleiner bleiben, und während beim Schmeer sehr bald grosse Tropfen auftreten, beim Colostrum die letzten Zellen, welche noch bemerkt werden, gewöhnlich nur feinkörniges Fett, ganz dicht gedrängt enthalten, so dass dadurch, obwohl das Fett keine sehr intensive Farbe hat, das ganze Element ein etwas bräunliches Aussehen bekommt. Das ist das kör- nige Körperchen (Corps granuleux) von Donne.
Die Entdeckung dieser allmähligen Transformation der zelligen Körper zu Fettkörnchenhaufen haben wir Reinhardt zu verdanken. Allein er scheute sich noch, diese wichtige Erfahrung von der Colostrumbildung auf die Geschichte der Milch überhaupt auszudehnen, aus dem Grunde, weil eben in der späteren Zeit der eigentlichen Lactation granulirte Kör- perchen nicht mehr vorkommen. Es ist aber unzweifelhaft, dass zwischen der jüngeren Bildung der Colostrumkörper und der späteren Milchbildung kein anderer Unterschied besteht, als der, dass bei der Colostrumbildung der Prozess langsamer erfolgt und die Zellen länger zusammenhalten, während bei der Milchsecretion der Process acut ist und die Zellen eher zu Grunde gehen. Recht vollkommenes Colostrum enthält eine überaus grosse Masse von granulirten Körpern, die Milch nichts weiter, als verhältnissmässig grosse und kleine durcheinander gemengte Tröpfchen von Fett, die sogenannten Milchkörper- chen (Fig. 112, B), welche nichts als Fetttropfen sind, die wie die meisten Fetttropfen, welche in dem thierischen Körper vor- kommen, von einer feinen Eiweisshaut, der von Ascherson benannten Haptogenmembran, umschlossen sind. Allein die einzelnen Tropfen (Milchkörperchen) entsprechen den Tropfen, welche wir bei der Schmeerabsonderung haben; sie entstehen aus der Confluenz der feinen Körnchen, welche bei der Co- lostrumabsonderung erscheinen.
Nachdem wir diese physiologischen Typen der Umbildung gesehen haben, meine Herren, hat die Darstellung der patho- logischen Veränderungen keine Schwierigkeit mehr. Mit Aus- nahme ganz weniger Gebilde, z. B. der rothen Blutkörperchen, der Nervenfasern in den Centralorganen, können fast alle übri- gen zelligen Theile unter gewissen Verhältnissen eine ähnliche Umwandlung erfahren, welche sich genau in derselben Weise
Milchabsonderung.
ersteren kleiner bleiben, und während beim Schmeer sehr bald grosse Tropfen auftreten, beim Colostrum die letzten Zellen, welche noch bemerkt werden, gewöhnlich nur feinkörniges Fett, ganz dicht gedrängt enthalten, so dass dadurch, obwohl das Fett keine sehr intensive Farbe hat, das ganze Element ein etwas bräunliches Aussehen bekommt. Das ist das kör- nige Körperchen (Corps granuleux) von Donné.
Die Entdeckung dieser allmähligen Transformation der zelligen Körper zu Fettkörnchenhaufen haben wir Reinhardt zu verdanken. Allein er scheute sich noch, diese wichtige Erfahrung von der Colostrumbildung auf die Geschichte der Milch überhaupt auszudehnen, aus dem Grunde, weil eben in der späteren Zeit der eigentlichen Lactation granulirte Kör- perchen nicht mehr vorkommen. Es ist aber unzweifelhaft, dass zwischen der jüngeren Bildung der Colostrumkörper und der späteren Milchbildung kein anderer Unterschied besteht, als der, dass bei der Colostrumbildung der Prozess langsamer erfolgt und die Zellen länger zusammenhalten, während bei der Milchsecretion der Process acut ist und die Zellen eher zu Grunde gehen. Recht vollkommenes Colostrum enthält eine überaus grosse Masse von granulirten Körpern, die Milch nichts weiter, als verhältnissmässig grosse und kleine durcheinander gemengte Tröpfchen von Fett, die sogenannten Milchkörper- chen (Fig. 112, B), welche nichts als Fetttropfen sind, die wie die meisten Fetttropfen, welche in dem thierischen Körper vor- kommen, von einer feinen Eiweisshaut, der von Ascherson benannten Haptogenmembran, umschlossen sind. Allein die einzelnen Tropfen (Milchkörperchen) entsprechen den Tropfen, welche wir bei der Schmeerabsonderung haben; sie entstehen aus der Confluenz der feinen Körnchen, welche bei der Co- lostrumabsonderung erscheinen.
Nachdem wir diese physiologischen Typen der Umbildung gesehen haben, meine Herren, hat die Darstellung der patho- logischen Veränderungen keine Schwierigkeit mehr. Mit Aus- nahme ganz weniger Gebilde, z. B. der rothen Blutkörperchen, der Nervenfasern in den Centralorganen, können fast alle übri- gen zelligen Theile unter gewissen Verhältnissen eine ähnliche Umwandlung erfahren, welche sich genau in derselben Weise
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[303/0325]
Milchabsonderung.
ersteren kleiner bleiben, und während beim Schmeer sehr bald
grosse Tropfen auftreten, beim Colostrum die letzten Zellen,
welche noch bemerkt werden, gewöhnlich nur feinkörniges
Fett, ganz dicht gedrängt enthalten, so dass dadurch, obwohl
das Fett keine sehr intensive Farbe hat, das ganze Element
ein etwas bräunliches Aussehen bekommt. Das ist das kör-
nige Körperchen (Corps granuleux) von Donné.
Die Entdeckung dieser allmähligen Transformation der
zelligen Körper zu Fettkörnchenhaufen haben wir Reinhardt
zu verdanken. Allein er scheute sich noch, diese wichtige
Erfahrung von der Colostrumbildung auf die Geschichte der
Milch überhaupt auszudehnen, aus dem Grunde, weil eben in
der späteren Zeit der eigentlichen Lactation granulirte Kör-
perchen nicht mehr vorkommen. Es ist aber unzweifelhaft,
dass zwischen der jüngeren Bildung der Colostrumkörper und
der späteren Milchbildung kein anderer Unterschied besteht,
als der, dass bei der Colostrumbildung der Prozess langsamer
erfolgt und die Zellen länger zusammenhalten, während bei
der Milchsecretion der Process acut ist und die Zellen eher zu
Grunde gehen. Recht vollkommenes Colostrum enthält eine
überaus grosse Masse von granulirten Körpern, die Milch nichts
weiter, als verhältnissmässig grosse und kleine durcheinander
gemengte Tröpfchen von Fett, die sogenannten Milchkörper-
chen (Fig. 112, B), welche nichts als Fetttropfen sind, die wie
die meisten Fetttropfen, welche in dem thierischen Körper vor-
kommen, von einer feinen Eiweisshaut, der von Ascherson
benannten Haptogenmembran, umschlossen sind. Allein die
einzelnen Tropfen (Milchkörperchen) entsprechen den Tropfen,
welche wir bei der Schmeerabsonderung haben; sie entstehen
aus der Confluenz der feinen Körnchen, welche bei der Co-
lostrumabsonderung erscheinen.
Nachdem wir diese physiologischen Typen der Umbildung
gesehen haben, meine Herren, hat die Darstellung der patho-
logischen Veränderungen keine Schwierigkeit mehr. Mit Aus-
nahme ganz weniger Gebilde, z. B. der rothen Blutkörperchen,
der Nervenfasern in den Centralorganen, können fast alle übri-
gen zelligen Theile unter gewissen Verhältnissen eine ähnliche
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/325>, abgerufen am 24.11.2024.
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