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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Fünfzehnte Vorlesung.
stände in Nichts vergleichen mit den nekrobiotischen Zustän-
den, wie wir sie im Laufe der fettigen Degeneration an so
vielen anderen Theilen finden, wo die Elemente zu Grunde
gehen. Bei einer fettigen Degeneration im gewöhnlichen Sinne
des Wortes finden wir nachher irgendwo mürbe, erweichte
Stellen, wo das Fett in freien Tropfen enthalten ist, gewisser-
maassen fettige Abscesse. Es ist daher äusserst wichtig,
und ich halte es für die Auffassung dieser Zustände in hohem
Maasse entscheidend, dass dabei immer eine Persistenz der or-
ganischen Bestandtheile statthat, und dass, wenn diese Be-
standtheile auch noch so sehr mit fremdartigen Stoffen
erfüllt sind, sie doch immer noch als Elemente existiren.
Daraus resultirt, dass eine Fettleber beseitigt werden kann,
dass sie heilbar ist, ohne dass es dazu besonderer Regenera-
tionsprozesse bedarf. Es gehört nur dazu, dass die Bedingun-
gen der Retention beseitigt und die Leberzellen frei werden.
Freilich wissen wir weder das Eine, noch das Andere mit
Sicherheit. Wir kennen die Zustände nicht, welche das Fett
festhalten, noch die Bedingungen, unter welchen es wieder aus-
getrieben werden kann. Indess, wenn man einmal soweit ist,
so wird es auch wahrscheinlich möglich sein, die weiteren
Thatsachen zu finden. Denn es wäre z. B. denkbar, dass ein-
fach die Elasticität der Gewebe von Bedeutung wäre, dass,
wenn sie erschlaffen, sie mit Leichtigkeit einen grossen Inhalt
zulassen und in sich dulden, während bei einer grossen Elasti-
cität auch eher ein Entfernen, ein Auspressen des Inhaltes er-
folgen könnte. Auch ist gewiss der Zustand der Circulation
von Bedeutung und die Häufigkeit der Fettleber bei chroni-
schen Lungen- und Herzaffectionen ist gewiss nicht wenig dem
vergrösserten Drucke zuzuschreiben, unter dem das Venen-
blut steht.

Das, worauf es mir hauptsächlich ankam, Ihnen, meine
Herren, evident zu machen, das ist der grosse Unterschied,
den diese Art von fettiger Degeneration von derjenigen hat,
welche wir vorher betrachtet haben. Während wir dort zwi-
schen den eigentlichen specifischen Organbestandtheilen Fett-
zellen entstehen sehen, welche dem Bindegewebe angehören,
so sind es hier die specifischen Drüsenzellen selbst, welche

Fünfzehnte Vorlesung.
stände in Nichts vergleichen mit den nekrobiotischen Zustän-
den, wie wir sie im Laufe der fettigen Degeneration an so
vielen anderen Theilen finden, wo die Elemente zu Grunde
gehen. Bei einer fettigen Degeneration im gewöhnlichen Sinne
des Wortes finden wir nachher irgendwo mürbe, erweichte
Stellen, wo das Fett in freien Tropfen enthalten ist, gewisser-
maassen fettige Abscesse. Es ist daher äusserst wichtig,
und ich halte es für die Auffassung dieser Zustände in hohem
Maasse entscheidend, dass dabei immer eine Persistenz der or-
ganischen Bestandtheile statthat, und dass, wenn diese Be-
standtheile auch noch so sehr mit fremdartigen Stoffen
erfüllt sind, sie doch immer noch als Elemente existiren.
Daraus resultirt, dass eine Fettleber beseitigt werden kann,
dass sie heilbar ist, ohne dass es dazu besonderer Regenera-
tionsprozesse bedarf. Es gehört nur dazu, dass die Bedingun-
gen der Retention beseitigt und die Leberzellen frei werden.
Freilich wissen wir weder das Eine, noch das Andere mit
Sicherheit. Wir kennen die Zustände nicht, welche das Fett
festhalten, noch die Bedingungen, unter welchen es wieder aus-
getrieben werden kann. Indess, wenn man einmal soweit ist,
so wird es auch wahrscheinlich möglich sein, die weiteren
Thatsachen zu finden. Denn es wäre z. B. denkbar, dass ein-
fach die Elasticität der Gewebe von Bedeutung wäre, dass,
wenn sie erschlaffen, sie mit Leichtigkeit einen grossen Inhalt
zulassen und in sich dulden, während bei einer grossen Elasti-
cität auch eher ein Entfernen, ein Auspressen des Inhaltes er-
folgen könnte. Auch ist gewiss der Zustand der Circulation
von Bedeutung und die Häufigkeit der Fettleber bei chroni-
schen Lungen- und Herzaffectionen ist gewiss nicht wenig dem
vergrösserten Drucke zuzuschreiben, unter dem das Venen-
blut steht.

Das, worauf es mir hauptsächlich ankam, Ihnen, meine
Herren, evident zu machen, das ist der grosse Unterschied,
den diese Art von fettiger Degeneration von derjenigen hat,
welche wir vorher betrachtet haben. Während wir dort zwi-
schen den eigentlichen specifischen Organbestandtheilen Fett-
zellen entstehen sehen, welche dem Bindegewebe angehören,
so sind es hier die specifischen Drüsenzellen selbst, welche

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[300/0322] Fünfzehnte Vorlesung. stände in Nichts vergleichen mit den nekrobiotischen Zustän- den, wie wir sie im Laufe der fettigen Degeneration an so vielen anderen Theilen finden, wo die Elemente zu Grunde gehen. Bei einer fettigen Degeneration im gewöhnlichen Sinne des Wortes finden wir nachher irgendwo mürbe, erweichte Stellen, wo das Fett in freien Tropfen enthalten ist, gewisser- maassen fettige Abscesse. Es ist daher äusserst wichtig, und ich halte es für die Auffassung dieser Zustände in hohem Maasse entscheidend, dass dabei immer eine Persistenz der or- ganischen Bestandtheile statthat, und dass, wenn diese Be- standtheile auch noch so sehr mit fremdartigen Stoffen erfüllt sind, sie doch immer noch als Elemente existiren. Daraus resultirt, dass eine Fettleber beseitigt werden kann, dass sie heilbar ist, ohne dass es dazu besonderer Regenera- tionsprozesse bedarf. Es gehört nur dazu, dass die Bedingun- gen der Retention beseitigt und die Leberzellen frei werden. Freilich wissen wir weder das Eine, noch das Andere mit Sicherheit. Wir kennen die Zustände nicht, welche das Fett festhalten, noch die Bedingungen, unter welchen es wieder aus- getrieben werden kann. Indess, wenn man einmal soweit ist, so wird es auch wahrscheinlich möglich sein, die weiteren Thatsachen zu finden. Denn es wäre z. B. denkbar, dass ein- fach die Elasticität der Gewebe von Bedeutung wäre, dass, wenn sie erschlaffen, sie mit Leichtigkeit einen grossen Inhalt zulassen und in sich dulden, während bei einer grossen Elasti- cität auch eher ein Entfernen, ein Auspressen des Inhaltes er- folgen könnte. Auch ist gewiss der Zustand der Circulation von Bedeutung und die Häufigkeit der Fettleber bei chroni- schen Lungen- und Herzaffectionen ist gewiss nicht wenig dem vergrösserten Drucke zuzuschreiben, unter dem das Venen- blut steht. Das, worauf es mir hauptsächlich ankam, Ihnen, meine Herren, evident zu machen, das ist der grosse Unterschied, den diese Art von fettiger Degeneration von derjenigen hat, welche wir vorher betrachtet haben. Während wir dort zwi- schen den eigentlichen specifischen Organbestandtheilen Fett- zellen entstehen sehen, welche dem Bindegewebe angehören, so sind es hier die specifischen Drüsenzellen selbst, welche

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/322>, abgerufen am 24.11.2024.