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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Nekrobiose.
braucht ist, mit dem der Nekrobiose. Immer nämlich handelt
es sich hier um ein Absterben, um ein Zugrundegehen, man
möchte fast sagen, um eine Nekrose. Aber der Begriff der
Nekrose bietet doch gar keine Analogie mit diesen Vorgängen,
insofern wir uns bei der Nekrose den mortificirten Theil als
in seiner äusseren Form mehr oder weniger erhalten denken.
Hier dagegen verschwindet der Theil, so dass wir ihn in sei-
ner Form nicht mehr erkennen können. Wir haben kein ne-
krotisches Stück am Ende des Prozesses, keine Art von ge-
wöhnlichem Brand, sondern eine Masse, in welcher von den
früheren Geweben absolut gar nichts mehr wahrnehmbar ist.
Die nekrobiotischen Prozesse, welche von der Nekrose völlig
getrennt werden müssen, haben im Allgemeinen als Endresul-
tat eine Erweichung im Gefolge. Dieselbe beginnt mit
Brüchigwerden der Theile; diese verlieren ihre Cohäsion, zer-
fliessen endlich wirklich, und mehr oder weniger bewegliche,
flüssige Produkte treten an ihre Stelle. Man könnte daher
geradezu diese ganze Reihe von nekrotischen Prozessen Er-
weichungen nennen, wenn eine Reihe von ihnen nicht verliefe,
ohne dass für die grobe Anschauung die Malacie jemals zur
Erscheinung kommt. Sobald nämlich innerhalb eines zusam-
mengesetzten Organs, z. B. eines Muskels, ein solcher Vorgang
eintritt, so giebt es allerdings eine grobe Myomalacie, wenn
an einem bestimmten Punkte alle Muskelelemente auf einmal
getroffen werden, aber weit häufiger geschieht es, dass im Ver-
laufe eines Muskels nur eine kleinere Zahl von Primitivbündeln
getroffen wird, während die anderen fast intakt bleiben. Dann
tritt freilich eine Malacie ein, aber eine so feine, dass sie für
die grobe Betrachtung gar nicht zugänglich wird und nur
mikroskopisch nachzuweisen ist. In diesem Falle sprechen wir
gewöhnlich von einer Muskelatrophie, obgleich der Vorgang,
welcher die einzelnen Primitivbündel getroffen hat, sich gar
nicht von den Vorgängen unterscheidet, welche wir ein ande-
res Mal Muskelerweichung nennen.

Das ist der Grund, warum man nicht einfach den Aus-
druck der Erweichung, der für die grobe pathologische Ana-
tomie vorbehalten werden muss, auf die histologischen An-
schauungen anwenden kann. Bei der Nekrobiose handelt es

Nekrobiose.
braucht ist, mit dem der Nekrobiose. Immer nämlich handelt
es sich hier um ein Absterben, um ein Zugrundegehen, man
möchte fast sagen, um eine Nekrose. Aber der Begriff der
Nekrose bietet doch gar keine Analogie mit diesen Vorgängen,
insofern wir uns bei der Nekrose den mortificirten Theil als
in seiner äusseren Form mehr oder weniger erhalten denken.
Hier dagegen verschwindet der Theil, so dass wir ihn in sei-
ner Form nicht mehr erkennen können. Wir haben kein ne-
krotisches Stück am Ende des Prozesses, keine Art von ge-
wöhnlichem Brand, sondern eine Masse, in welcher von den
früheren Geweben absolut gar nichts mehr wahrnehmbar ist.
Die nekrobiotischen Prozesse, welche von der Nekrose völlig
getrennt werden müssen, haben im Allgemeinen als Endresul-
tat eine Erweichung im Gefolge. Dieselbe beginnt mit
Brüchigwerden der Theile; diese verlieren ihre Cohäsion, zer-
fliessen endlich wirklich, und mehr oder weniger bewegliche,
flüssige Produkte treten an ihre Stelle. Man könnte daher
geradezu diese ganze Reihe von nekrotischen Prozessen Er-
weichungen nennen, wenn eine Reihe von ihnen nicht verliefe,
ohne dass für die grobe Anschauung die Malacie jemals zur
Erscheinung kommt. Sobald nämlich innerhalb eines zusam-
mengesetzten Organs, z. B. eines Muskels, ein solcher Vorgang
eintritt, so giebt es allerdings eine grobe Myomalacie, wenn
an einem bestimmten Punkte alle Muskelelemente auf einmal
getroffen werden, aber weit häufiger geschieht es, dass im Ver-
laufe eines Muskels nur eine kleinere Zahl von Primitivbündeln
getroffen wird, während die anderen fast intakt bleiben. Dann
tritt freilich eine Malacie ein, aber eine so feine, dass sie für
die grobe Betrachtung gar nicht zugänglich wird und nur
mikroskopisch nachzuweisen ist. In diesem Falle sprechen wir
gewöhnlich von einer Muskelatrophie, obgleich der Vorgang,
welcher die einzelnen Primitivbündel getroffen hat, sich gar
nicht von den Vorgängen unterscheidet, welche wir ein ande-
res Mal Muskelerweichung nennen.

Das ist der Grund, warum man nicht einfach den Aus-
druck der Erweichung, der für die grobe pathologische Ana-
tomie vorbehalten werden muss, auf die histologischen An-
schauungen anwenden kann. Bei der Nekrobiose handelt es

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[287/0309] Nekrobiose. braucht ist, mit dem der Nekrobiose. Immer nämlich handelt es sich hier um ein Absterben, um ein Zugrundegehen, man möchte fast sagen, um eine Nekrose. Aber der Begriff der Nekrose bietet doch gar keine Analogie mit diesen Vorgängen, insofern wir uns bei der Nekrose den mortificirten Theil als in seiner äusseren Form mehr oder weniger erhalten denken. Hier dagegen verschwindet der Theil, so dass wir ihn in sei- ner Form nicht mehr erkennen können. Wir haben kein ne- krotisches Stück am Ende des Prozesses, keine Art von ge- wöhnlichem Brand, sondern eine Masse, in welcher von den früheren Geweben absolut gar nichts mehr wahrnehmbar ist. Die nekrobiotischen Prozesse, welche von der Nekrose völlig getrennt werden müssen, haben im Allgemeinen als Endresul- tat eine Erweichung im Gefolge. Dieselbe beginnt mit Brüchigwerden der Theile; diese verlieren ihre Cohäsion, zer- fliessen endlich wirklich, und mehr oder weniger bewegliche, flüssige Produkte treten an ihre Stelle. Man könnte daher geradezu diese ganze Reihe von nekrotischen Prozessen Er- weichungen nennen, wenn eine Reihe von ihnen nicht verliefe, ohne dass für die grobe Anschauung die Malacie jemals zur Erscheinung kommt. Sobald nämlich innerhalb eines zusam- mengesetzten Organs, z. B. eines Muskels, ein solcher Vorgang eintritt, so giebt es allerdings eine grobe Myomalacie, wenn an einem bestimmten Punkte alle Muskelelemente auf einmal getroffen werden, aber weit häufiger geschieht es, dass im Ver- laufe eines Muskels nur eine kleinere Zahl von Primitivbündeln getroffen wird, während die anderen fast intakt bleiben. Dann tritt freilich eine Malacie ein, aber eine so feine, dass sie für die grobe Betrachtung gar nicht zugänglich wird und nur mikroskopisch nachzuweisen ist. In diesem Falle sprechen wir gewöhnlich von einer Muskelatrophie, obgleich der Vorgang, welcher die einzelnen Primitivbündel getroffen hat, sich gar nicht von den Vorgängen unterscheidet, welche wir ein ande- res Mal Muskelerweichung nennen. Das ist der Grund, warum man nicht einfach den Aus- druck der Erweichung, der für die grobe pathologische Ana- tomie vorbehalten werden muss, auf die histologischen An- schauungen anwenden kann. Bei der Nekrobiose handelt es

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/309>, abgerufen am 24.11.2024.