Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.Vierzehnte Vorlesung. vor, dass man in England danach eine besondere Art unter-scheidet und nach dem Vorschlage von Paget einen Myeloid- Tumor (Markgeschwulst) in die Classification aufgenommen hat. Indess ist diese Bildung nicht auf das Knochenmark beschränkt, sondern kommt bei Gelegenheit fast überall vor. Der Muskel zeigt nach Reizung ganz ähnliche Formen. Während für ge- wöhnlich die quergestreiften Muskeln mit Kernen in gewissen Abständen, jedoch nicht sehr reichlich, versehen sind, so finden wir, dass, wenn wir einen Muskel in der Nähe einer gereizten [Abbildung]
Fig. 105. Stelle untersuchen, z. B. einerWunde, einer Aetzungs- oder Geschwürfläche, in ihm eine Vermehrung der Kerne vor sich geht; wir sehen Kerne mit zwei Körperchen; dann kommen eingeschnürte, dann getheilte Kerne (vgl. Fig. 23, b. c. 24, B. C.), und so geht es fort, bis wir an einzelnen Stellen ganze Gruppen von Kernen nebeneinander finden, wo die Theilungen massenhaft geschehen sind, oder ganze Reihen hintereinander. In den ausgesprochensten Fällen die- ser Art nimmt die Zahl der Kerne so sehr zu, dess man auf den ersten Blick kaum noch Muskeln zu sehen glaubt, und dass Bruchstücke der Primitiv- bündel die grösste Aehnlichkeit darbieten mit jenen Plaques a plusieurs noyaux, welche Robin im Knochenmark beschrie- ben hat. Das ist etwas ganz Eigenthümliches, welches schon an den Anfang einer wirklichen Neubildung anstreift, nur dass die Neubildung im gewöhnlichen Sinne sich nicht auf einzelne [Abbildung]
Fig. 105. Kerntheilung in Muskelprimitivbündeln des Oberschenkels Vierzehnte Vorlesung. vor, dass man in England danach eine besondere Art unter-scheidet und nach dem Vorschlage von Paget einen Myeloid- Tumor (Markgeschwulst) in die Classification aufgenommen hat. Indess ist diese Bildung nicht auf das Knochenmark beschränkt, sondern kommt bei Gelegenheit fast überall vor. Der Muskel zeigt nach Reizung ganz ähnliche Formen. Während für ge- wöhnlich die quergestreiften Muskeln mit Kernen in gewissen Abständen, jedoch nicht sehr reichlich, versehen sind, so finden wir, dass, wenn wir einen Muskel in der Nähe einer gereizten [Abbildung]
Fig. 105. Stelle untersuchen, z. B. einerWunde, einer Aetzungs- oder Geschwürfläche, in ihm eine Vermehrung der Kerne vor sich geht; wir sehen Kerne mit zwei Körperchen; dann kommen eingeschnürte, dann getheilte Kerne (vgl. Fig. 23, b. c. 24, B. C.), und so geht es fort, bis wir an einzelnen Stellen ganze Gruppen von Kernen nebeneinander finden, wo die Theilungen massenhaft geschehen sind, oder ganze Reihen hintereinander. In den ausgesprochensten Fällen die- ser Art nimmt die Zahl der Kerne so sehr zu, dess man auf den ersten Blick kaum noch Muskeln zu sehen glaubt, und dass Bruchstücke der Primitiv- bündel die grösste Aehnlichkeit darbieten mit jenen Plaques à plusieurs noyaux, welche Robin im Knochenmark beschrie- ben hat. Das ist etwas ganz Eigenthümliches, welches schon an den Anfang einer wirklichen Neubildung anstreift, nur dass die Neubildung im gewöhnlichen Sinne sich nicht auf einzelne [Abbildung]
Fig. 105. Kerntheilung in Muskelprimitivbündeln des Oberschenkels <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0300" n="278"/><fw place="top" type="header">Vierzehnte Vorlesung.</fw><lb/> vor, dass man in England danach eine besondere Art unter-<lb/> scheidet und nach dem Vorschlage von <hi rendition="#g">Paget</hi> einen Myeloid-<lb/> Tumor (Markgeschwulst) in die Classification aufgenommen hat.<lb/> Indess ist diese Bildung nicht auf das Knochenmark beschränkt,<lb/> sondern kommt bei Gelegenheit fast überall vor. Der Muskel<lb/> zeigt nach Reizung ganz ähnliche Formen. Während für ge-<lb/> wöhnlich die quergestreiften Muskeln mit Kernen in gewissen<lb/> Abständen, jedoch nicht sehr reichlich, versehen sind, so finden<lb/> wir, dass, wenn wir einen Muskel in der Nähe einer gereizten<lb/><figure><head>Fig. 105.</head></figure><lb/> Stelle untersuchen, z. B. einer<lb/> Wunde, einer Aetzungs- oder<lb/> Geschwürfläche, in ihm eine<lb/> Vermehrung der Kerne vor<lb/> sich geht; wir sehen Kerne<lb/> mit zwei Körperchen; dann<lb/> kommen eingeschnürte, dann<lb/> getheilte Kerne (vgl. Fig. 23,<lb/><hi rendition="#i">b. c</hi>. 24, <hi rendition="#i">B. C</hi>.), und so geht<lb/> es fort, bis wir an einzelnen<lb/> Stellen ganze Gruppen von<lb/> Kernen nebeneinander finden,<lb/> wo die Theilungen massenhaft<lb/> geschehen sind, oder ganze<lb/> Reihen hintereinander. In den<lb/> ausgesprochensten Fällen die-<lb/> ser Art nimmt die Zahl der<lb/> Kerne so sehr zu, dess man auf den ersten Blick kaum noch<lb/> Muskeln zu sehen glaubt, und dass Bruchstücke der Primitiv-<lb/> bündel die grösste Aehnlichkeit darbieten mit jenen Plaques<lb/> à plusieurs noyaux, welche <hi rendition="#g">Robin</hi> im Knochenmark beschrie-<lb/> ben hat. Das ist etwas ganz Eigenthümliches, welches schon<lb/> an den Anfang einer wirklichen Neubildung anstreift, nur dass<lb/> die Neubildung im gewöhnlichen Sinne sich nicht auf einzelne<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 105. </head><p>Kerntheilung in Muskelprimitivbündeln des Oberschenkels<lb/> im Umfange einer Krebsgeschwulst. Bei <hi rendition="#i">A</hi>. ein Primitivbündel, dessen<lb/> Querstreifung nicht überall ausgeführt worden ist, mit seinem natürlichen,<lb/> spindelförmigen Ende <hi rendition="#i">f</hi>, und mit beginnender Kernvermehrung. <hi rendition="#i">B</hi> starke<lb/> Kernwucherung. Vergr. 300.</p></figure><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [278/0300]
Vierzehnte Vorlesung.
vor, dass man in England danach eine besondere Art unter-
scheidet und nach dem Vorschlage von Paget einen Myeloid-
Tumor (Markgeschwulst) in die Classification aufgenommen hat.
Indess ist diese Bildung nicht auf das Knochenmark beschränkt,
sondern kommt bei Gelegenheit fast überall vor. Der Muskel
zeigt nach Reizung ganz ähnliche Formen. Während für ge-
wöhnlich die quergestreiften Muskeln mit Kernen in gewissen
Abständen, jedoch nicht sehr reichlich, versehen sind, so finden
wir, dass, wenn wir einen Muskel in der Nähe einer gereizten
[Abbildung Fig. 105.]
Stelle untersuchen, z. B. einer
Wunde, einer Aetzungs- oder
Geschwürfläche, in ihm eine
Vermehrung der Kerne vor
sich geht; wir sehen Kerne
mit zwei Körperchen; dann
kommen eingeschnürte, dann
getheilte Kerne (vgl. Fig. 23,
b. c. 24, B. C.), und so geht
es fort, bis wir an einzelnen
Stellen ganze Gruppen von
Kernen nebeneinander finden,
wo die Theilungen massenhaft
geschehen sind, oder ganze
Reihen hintereinander. In den
ausgesprochensten Fällen die-
ser Art nimmt die Zahl der
Kerne so sehr zu, dess man auf den ersten Blick kaum noch
Muskeln zu sehen glaubt, und dass Bruchstücke der Primitiv-
bündel die grösste Aehnlichkeit darbieten mit jenen Plaques
à plusieurs noyaux, welche Robin im Knochenmark beschrie-
ben hat. Das ist etwas ganz Eigenthümliches, welches schon
an den Anfang einer wirklichen Neubildung anstreift, nur dass
die Neubildung im gewöhnlichen Sinne sich nicht auf einzelne
[Abbildung Fig. 105. Kerntheilung in Muskelprimitivbündeln des Oberschenkels
im Umfange einer Krebsgeschwulst. Bei A. ein Primitivbündel, dessen
Querstreifung nicht überall ausgeführt worden ist, mit seinem natürlichen,
spindelförmigen Ende f, und mit beginnender Kernvermehrung. B starke
Kernwucherung. Vergr. 300.]
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Zitationshilfe: | Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/300>, abgerufen am 21.07.2024. |