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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Graue Hörner und Centralkanal des Rückenmarkes.
absetzen. So weit nun, als die Substanz vom blossen Auge
weiss erscheint, besteht sie wesentlich aus wirklichen markhal-
tigen Nervenfasern, in welche nur hier und da einzelne
Ganglienzellen eingeschoben sind, und zwar ist ein grosser Theil
dieser Fasern von beträchtlicher Breite, so dass die Masse des
Markstoffes an gewissen Punkten eine ausserordentlich reich-
liche ist.

Die graue Substanz der Hörner ist die eigentliche Träge-
rin der Ganglienzellen, aber auch hier ist das graue Aussehen
keineswegs bloss der Anhäufung von Ganglienzellen zuzu-
schreiben; vielmehr bilden, wie Sie nachher sehen werden, die
Ganglienzellen immer nur einen kleinen Theil dieser Substanz,
und das graue Aussehen ist hauptsächlich dadurch bedingt,
dass im Allgemeinen an diesen Stellen jene undurchsichtige, stark
lichtbrechende Substanz (das Myelin, der Markstoff) nicht ab-
geschieden ist, welche die weissen Nerven erfüllt.

Inmitten der grauen Substanz ist es, wo, wie besonders
Stilling gezeigt hat, in der That der centrale Kanal vor-
handen ist, den man früher so vielfach vermuthet, häufig auch
als regelmässigen Befund bezeichnet hat, der aber doch nie-
mals früher regelmässig demonstrirt werden konnte, der Ca-
nalis spinalis. Bei den älteren Beobachtern z. B. Portal
handelte es sich immer um einzelne pathologische Befunde,
von welchen sie ihre Kenntnisse über diese Einrichtung her-
nahmen und von welchen aus sie ziemlich willkürlich schlos-
sen, dass dies die Regel sei.

Der Centralkanal ist so fein, dass besonders glückliche
Durchschnitte dazu gehören, um ihn mit blossem Auge deut-
lich wahrnehmen zu können. Gewöhnlich erkennt man nichts
weiter als einen rundlichen grauen Fleck, der sich von der
Nachbarschaft durch eine etwas grössere Dichtigkeit unterschei-
det. Erst die mikroskopische Untersuchung zeigt innerhalb
des Fleckes den Querschnitt des Kanals als ein feines Loch
(Fig. 90, c, c.), welches, wie fast alle freien Oberflächen des Kör-
pers, mit einem Epitheliallager überkleidet ist. Es ist dies ein
wirklich regelmässiger, constanter und persistenter Kanal in
aller Form Rechtens. Derselbe setzt sich durch die ganze
Ausdehnung des Rückenmarkes fort vom Filum terminale, wo

Graue Hörner und Centralkanal des Rückenmarkes.
absetzen. So weit nun, als die Substanz vom blossen Auge
weiss erscheint, besteht sie wesentlich aus wirklichen markhal-
tigen Nervenfasern, in welche nur hier und da einzelne
Ganglienzellen eingeschoben sind, und zwar ist ein grosser Theil
dieser Fasern von beträchtlicher Breite, so dass die Masse des
Markstoffes an gewissen Punkten eine ausserordentlich reich-
liche ist.

Die graue Substanz der Hörner ist die eigentliche Träge-
rin der Ganglienzellen, aber auch hier ist das graue Aussehen
keineswegs bloss der Anhäufung von Ganglienzellen zuzu-
schreiben; vielmehr bilden, wie Sie nachher sehen werden, die
Ganglienzellen immer nur einen kleinen Theil dieser Substanz,
und das graue Aussehen ist hauptsächlich dadurch bedingt,
dass im Allgemeinen an diesen Stellen jene undurchsichtige, stark
lichtbrechende Substanz (das Myelin, der Markstoff) nicht ab-
geschieden ist, welche die weissen Nerven erfüllt.

Inmitten der grauen Substanz ist es, wo, wie besonders
Stilling gezeigt hat, in der That der centrale Kanal vor-
handen ist, den man früher so vielfach vermuthet, häufig auch
als regelmässigen Befund bezeichnet hat, der aber doch nie-
mals früher regelmässig demonstrirt werden konnte, der Ca-
nalis spinalis. Bei den älteren Beobachtern z. B. Portal
handelte es sich immer um einzelne pathologische Befunde,
von welchen sie ihre Kenntnisse über diese Einrichtung her-
nahmen und von welchen aus sie ziemlich willkürlich schlos-
sen, dass dies die Regel sei.

Der Centralkanal ist so fein, dass besonders glückliche
Durchschnitte dazu gehören, um ihn mit blossem Auge deut-
lich wahrnehmen zu können. Gewöhnlich erkennt man nichts
weiter als einen rundlichen grauen Fleck, der sich von der
Nachbarschaft durch eine etwas grössere Dichtigkeit unterschei-
det. Erst die mikroskopische Untersuchung zeigt innerhalb
des Fleckes den Querschnitt des Kanals als ein feines Loch
(Fig. 90, c, c.), welches, wie fast alle freien Oberflächen des Kör-
pers, mit einem Epitheliallager überkleidet ist. Es ist dies ein
wirklich regelmässiger, constanter und persistenter Kanal in
aller Form Rechtens. Derselbe setzt sich durch die ganze
Ausdehnung des Rückenmarkes fort vom Filum terminale, wo

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[239/0261] Graue Hörner und Centralkanal des Rückenmarkes. absetzen. So weit nun, als die Substanz vom blossen Auge weiss erscheint, besteht sie wesentlich aus wirklichen markhal- tigen Nervenfasern, in welche nur hier und da einzelne Ganglienzellen eingeschoben sind, und zwar ist ein grosser Theil dieser Fasern von beträchtlicher Breite, so dass die Masse des Markstoffes an gewissen Punkten eine ausserordentlich reich- liche ist. Die graue Substanz der Hörner ist die eigentliche Träge- rin der Ganglienzellen, aber auch hier ist das graue Aussehen keineswegs bloss der Anhäufung von Ganglienzellen zuzu- schreiben; vielmehr bilden, wie Sie nachher sehen werden, die Ganglienzellen immer nur einen kleinen Theil dieser Substanz, und das graue Aussehen ist hauptsächlich dadurch bedingt, dass im Allgemeinen an diesen Stellen jene undurchsichtige, stark lichtbrechende Substanz (das Myelin, der Markstoff) nicht ab- geschieden ist, welche die weissen Nerven erfüllt. Inmitten der grauen Substanz ist es, wo, wie besonders Stilling gezeigt hat, in der That der centrale Kanal vor- handen ist, den man früher so vielfach vermuthet, häufig auch als regelmässigen Befund bezeichnet hat, der aber doch nie- mals früher regelmässig demonstrirt werden konnte, der Ca- nalis spinalis. Bei den älteren Beobachtern z. B. Portal handelte es sich immer um einzelne pathologische Befunde, von welchen sie ihre Kenntnisse über diese Einrichtung her- nahmen und von welchen aus sie ziemlich willkürlich schlos- sen, dass dies die Regel sei. Der Centralkanal ist so fein, dass besonders glückliche Durchschnitte dazu gehören, um ihn mit blossem Auge deut- lich wahrnehmen zu können. Gewöhnlich erkennt man nichts weiter als einen rundlichen grauen Fleck, der sich von der Nachbarschaft durch eine etwas grössere Dichtigkeit unterschei- det. Erst die mikroskopische Untersuchung zeigt innerhalb des Fleckes den Querschnitt des Kanals als ein feines Loch (Fig. 90, c, c.), welches, wie fast alle freien Oberflächen des Kör- pers, mit einem Epitheliallager überkleidet ist. Es ist dies ein wirklich regelmässiger, constanter und persistenter Kanal in aller Form Rechtens. Derselbe setzt sich durch die ganze Ausdehnung des Rückenmarkes fort vom Filum terminale, wo

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/261>, abgerufen am 24.11.2024.