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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Tunica dartos und weiches Bindegewebe.
sehr leicht von dem Bindegewebe unterscheiden kann. Es
sind Fascikel von ziemlich gleicher Breite, meist breiter als
die Bindegewebsbündel; die einzelnen Elemente sind in ihnen
in Form von langen glatten Faserzellen zusammengeordnet.
Jedes Muskel-Fascikel zeigt, wenn man es mit Essigsäure be-
handelt, in regelmässigen Abständen jene eigenthümlichen,
langen, häufig stäbchenartigen Kerne, und zwischen ihnen eine
feine Abtheilung der Substanz zu einzelnen Zellen, deren In-
halt ein leicht körniges Aussehen hat. Das sind die Runzler
des Hodensackes (Corrugatores scroti). Daneben finden
sich in der überaus weichen Haut auch noch eine gewisse
Zahl von feinen elastischen Elementen, und in grösserer Menge
das gewöhnliche, weiche, lockige Bindegewebe mit einer gros-
sen Zahl verhältnissmässig umfangreicher, spindel- und netz-
förmiger, granulirter Kernzellen.

Diese persistirenden Zellen des Bindegewebes hat man
früher völlig übersehen, indem man als die eigentlichen Ele-
mente des Bindegewebes die Fibrillen desselben betrachtete.
Trennt man nämlich die einzelnen Theile des Bindegewebes
von einander, so bekommt man kleine Bündel von welliger
Form und streifigem, fibrillärem Aussehen. Freilich wird nach
Reichert dieses Aussehen nur durch Faltenbildung bedingt --
eine Vorstellung, die vielleicht nicht in der Ausdehnung, wie
sie aufgestellt wurde, angenommen werden darf, die aber so
lange nicht widerlegt ist, als eine vollkommene Isolation der
Fibrillen immer nur eine künstliche ist, und auf alle Fälle
neben den Fibrillen eine gleichmässige Grundmasse angenom-
men werden muss, welche die Bündel zusammenhält. Indess
ist dies eine Frage von untergeordneter Bedeutung. Dagegen
ist es äusserst wichtig zu wissen, dass überall, wo dies lockere
Gewebe liegt, im Unterhautgewebe, im Zwischenmuskelgewebe,
in den serösen Häuten, dasselbe durchzogen ist von meist ana-
stomosirenden Zellen (auf Längsschnitten parallelen Zellen-
reihen, auf Querschnitten Zellennetzen), welche in ähnlicher
Weise die Bündel des Bindegewebes von einander scheiden,
wie die Knochenkörperchen die Lamellen der Knochen. Da-
neben finden sich überall die mannigfachsten Gefässverbindun-
gen, und zwar so viel Gefässe, dass eine besondere Leitungs-

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Tunica dartos und weiches Bindegewebe.
sehr leicht von dem Bindegewebe unterscheiden kann. Es
sind Fascikel von ziemlich gleicher Breite, meist breiter als
die Bindegewebsbündel; die einzelnen Elemente sind in ihnen
in Form von langen glatten Faserzellen zusammengeordnet.
Jedes Muskel-Fascikel zeigt, wenn man es mit Essigsäure be-
handelt, in regelmässigen Abständen jene eigenthümlichen,
langen, häufig stäbchenartigen Kerne, und zwischen ihnen eine
feine Abtheilung der Substanz zu einzelnen Zellen, deren In-
halt ein leicht körniges Aussehen hat. Das sind die Runzler
des Hodensackes (Corrugatores scroti). Daneben finden
sich in der überaus weichen Haut auch noch eine gewisse
Zahl von feinen elastischen Elementen, und in grösserer Menge
das gewöhnliche, weiche, lockige Bindegewebe mit einer gros-
sen Zahl verhältnissmässig umfangreicher, spindel- und netz-
förmiger, granulirter Kernzellen.

Diese persistirenden Zellen des Bindegewebes hat man
früher völlig übersehen, indem man als die eigentlichen Ele-
mente des Bindegewebes die Fibrillen desselben betrachtete.
Trennt man nämlich die einzelnen Theile des Bindegewebes
von einander, so bekommt man kleine Bündel von welliger
Form und streifigem, fibrillärem Aussehen. Freilich wird nach
Reichert dieses Aussehen nur durch Faltenbildung bedingt —
eine Vorstellung, die vielleicht nicht in der Ausdehnung, wie
sie aufgestellt wurde, angenommen werden darf, die aber so
lange nicht widerlegt ist, als eine vollkommene Isolation der
Fibrillen immer nur eine künstliche ist, und auf alle Fälle
neben den Fibrillen eine gleichmässige Grundmasse angenom-
men werden muss, welche die Bündel zusammenhält. Indess
ist dies eine Frage von untergeordneter Bedeutung. Dagegen
ist es äusserst wichtig zu wissen, dass überall, wo dies lockere
Gewebe liegt, im Unterhautgewebe, im Zwischenmuskelgewebe,
in den serösen Häuten, dasselbe durchzogen ist von meist ana-
stomosirenden Zellen (auf Längsschnitten parallelen Zellen-
reihen, auf Querschnitten Zellennetzen), welche in ähnlicher
Weise die Bündel des Bindegewebes von einander scheiden,
wie die Knochenkörperchen die Lamellen der Knochen. Da-
neben finden sich überall die mannigfachsten Gefässverbindun-
gen, und zwar so viel Gefässe, dass eine besondere Leitungs-

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[97/0119] Tunica dartos und weiches Bindegewebe. sehr leicht von dem Bindegewebe unterscheiden kann. Es sind Fascikel von ziemlich gleicher Breite, meist breiter als die Bindegewebsbündel; die einzelnen Elemente sind in ihnen in Form von langen glatten Faserzellen zusammengeordnet. Jedes Muskel-Fascikel zeigt, wenn man es mit Essigsäure be- handelt, in regelmässigen Abständen jene eigenthümlichen, langen, häufig stäbchenartigen Kerne, und zwischen ihnen eine feine Abtheilung der Substanz zu einzelnen Zellen, deren In- halt ein leicht körniges Aussehen hat. Das sind die Runzler des Hodensackes (Corrugatores scroti). Daneben finden sich in der überaus weichen Haut auch noch eine gewisse Zahl von feinen elastischen Elementen, und in grösserer Menge das gewöhnliche, weiche, lockige Bindegewebe mit einer gros- sen Zahl verhältnissmässig umfangreicher, spindel- und netz- förmiger, granulirter Kernzellen. Diese persistirenden Zellen des Bindegewebes hat man früher völlig übersehen, indem man als die eigentlichen Ele- mente des Bindegewebes die Fibrillen desselben betrachtete. Trennt man nämlich die einzelnen Theile des Bindegewebes von einander, so bekommt man kleine Bündel von welliger Form und streifigem, fibrillärem Aussehen. Freilich wird nach Reichert dieses Aussehen nur durch Faltenbildung bedingt — eine Vorstellung, die vielleicht nicht in der Ausdehnung, wie sie aufgestellt wurde, angenommen werden darf, die aber so lange nicht widerlegt ist, als eine vollkommene Isolation der Fibrillen immer nur eine künstliche ist, und auf alle Fälle neben den Fibrillen eine gleichmässige Grundmasse angenom- men werden muss, welche die Bündel zusammenhält. Indess ist dies eine Frage von untergeordneter Bedeutung. Dagegen ist es äusserst wichtig zu wissen, dass überall, wo dies lockere Gewebe liegt, im Unterhautgewebe, im Zwischenmuskelgewebe, in den serösen Häuten, dasselbe durchzogen ist von meist ana- stomosirenden Zellen (auf Längsschnitten parallelen Zellen- reihen, auf Querschnitten Zellennetzen), welche in ähnlicher Weise die Bündel des Bindegewebes von einander scheiden, wie die Knochenkörperchen die Lamellen der Knochen. Da- neben finden sich überall die mannigfachsten Gefässverbindun- gen, und zwar so viel Gefässe, dass eine besondere Leitungs- 7

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/119>, abgerufen am 23.11.2024.